Samstagmorgen

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Es war gerade mal fünf Uhr als sie sich wieder rein schlich. Die Farbe an ihren Händen war noch frisch, ihre Haare rochen noch nach Kippenrauch und Graffiti, ihre Lippen schmeckten noch nach ihm. Emanuel war sein Name, doch bevorzugte er es einfach "Em" genannt zu werden. Eigentlich war er kein Punker aber irgendwie ja doch. Doch solange er kein Nazi oder Ausbeuter war, war es Tamara auch egal. Leise versuchte sie sich in den Flur entlang zu schleichen, als sie einen sich bewegenden Schatten auf dem Sofa sah. Ihr Herzschlag steigerte sich rasant, während sie nach hinten stolperte. Zum Glück fing die Wand sie auf, auch wenn nun Kratzer von den Stacheln an ihrer Jacke an der Wand waren.

Als ihr Atem wieder ruhiger war, konnte sie ein Schnarchen hören. Der Adrenalinspiegel sank, es war einfach ihre Mutter die mal wieder eingeschlafen war. Erst jetzt bemerkte sie den beißenden Geruch von Bier, Schnaps und anderen alkoholischen Getränken.

Müde ließ sie sich ins Bett fallen, spätestens um acht müsste sie aufstehen. Nicht etwa, weil sie etwas vorhatte. Ihre Mutter mochte es nur nicht, wenn sie ständig neue Müslischüsseln im Spülbecken hatte. Deswegen standen sie meistens um acht Uhr auf, um diese Zeit putzte ihre Mutter das Wohnzimmer. Bis um neun, danach die Küche und danach die Bäder. Deswegen gab es immer Streit, wer als erstes ins Bad geht. Diese Streitigkeiten endeten meistens mit einer großen Rangelei.

Kurz bevor sie einschlief, sah sie dass Em ihr schrieb. "Wann lerne ich deine Familie kennen? Sind drei Monate nicht genug?" "Montagnachmittag"

Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk standen alle auf. Ihre Mutter schlief und niemand wusste so genau wo ihr Vater war. Adrian vermutete bei der zwanzig Jahre alten, vollbusigen Tochter seines Chefs. Er sah mal aus versehen eine Nachricht von ihr die eindeutig nicht für Jugendliche gedacht war.

"Schon wieder so viel getrunken, kriegt sie es denn nie hin?" flüsterte Adrian zu seiner großen Schwester. Diese schaute ihn nur aus ihren eingefallenen, trüben grünen Augen an. Es wurden wohl keine Worte gesprochen, doch für ihn war es Antwort genug. Schon den ganzen Morgen starte Anton auf sein Handy, wenn sein Vater bis um zwölf nicht da wäre, dann würde er raus gehen. Seine Mutter würde es nicht bemerken, sollte sie bis dahin wach sein.

"Na? Da war wohl einer nicht brav in seinem Bett?", neckte er seine Zwillingsschwester mit Blick auf ihre Hände. "Na und? Lieber Banken beschmieren als Nazi sein" Ihre Worte spuckte sie Anton förmlich entgegen. Wut durchzog ihn, die Ader unter seinem Auge fing an zu zucken. Zwei Millimeter neben ihrem Kopf schlug seine Faust in den Küchenschrank. "Pass auf was du sagst, Negaschlampe! Denkst du ich weiß nichts von dir und diesem Emanuel? Halt dich von ihm fern oder er ist der Nächste dessen Wohnung brennt" Mit diesen Worten rauschte er nach draußen, schnappte sich nur noch schnell seine Jacke.                             

Hinter blauen GardinenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt