VIER

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»Das ist wirklich sehr unglücklich gelaufen, Miles, aber du bist noch ungeübt und konntest nicht wissen, was Jackson für ein Mensch ist.« Nein, überhaupt nicht, schließlich hatte ich nur den megacoolen Steckbrief plus Foto.

»'N Tipp oder so wäre echt ganz geil gewesen«, murmele ich in mich hinein. Ich starre auf meine Hände und Alanna, die neben mir sitzt, legt mir eine Hand auf die Schulter und redet weiter auf mich ein.

»Beim nächsten Mal wird es besser.«

»Oh ja, da wird sich mein Pate nicht gleich aufhängen.«

»Du darfst das nicht so negativ sehen.« ER HAT SICH UMGEBRACHT.

»Immerhin hast du was aus der Situation gelernt. Und Jackson war schon ein sehr schwieriger Fall.« Ja. Danke. Danke, dass ich den größten Bekloppten bekommen habe.

»Was genau habe ich denn bitte gelernt? Lass die Fetten nie mit 'ner Folge The Walking Dead alleine? Wer weiß, vielleicht ist ja gerade Beth abgekratzt und er hat sich deswegen erhängt.«

»Tatsächlich trifft das den Nagel ziemlich auf den Kopf.« IM ERNST JETZT?

»Das war jetzt erstens ein mieser Spoiler und zweitens sollte der Typ echt andere Prioritäten setzen. Also ... hätte er tun sollen.«

Alanna nickt nur. Sie gibt mir Recht, weil ich einfach mal Recht habe, und andererseits findet sie das bestimmt furchtbar tragisch.

»Du machst jetzt erstmal eine Pause. Leg dich hin oder sieh etwas fern. Wenn du was essen möchtest, kannst du das auch tun«, bietet Alanna plötzlich sehr mütterlich an.

»Ich hab keinen Hunger«, grummele ich, und ja, irgendwie bin ich eingeschnappt.

»Miles, mein Lieber, du wirst nie wieder Hunger haben. Aber manchmal beruhigt es, etwas zu tun, das du als Lebender auch getan hast. Selbst wenn du tot bist.«

»Genau, Miles, schon vergessen, dass du tot bist?« Plötzlich taucht Keira auf, die den letzten Satz wohl noch mitbekommen hat. Sie lässt sich auf meiner anderen Seite auf einem Stuhl nieder und verliert jegliche Körperspannung. Ihr Oberkörper kippt zur Seite und sie macht sich auf zwei Sitzflächen breit.

»Wir haben auch Betten, Liebes«, sagt Alanna sanft, doch Keira schüttelt mit geschlossenen Augen den Kopf und verdeckt mit den Händen ihr Gesicht.

»Will mich nicht auch mal jemand fragen, wie es gelaufen ist?«, nuschelt sie durch ihre Finger.

»Wie ist es gelaufen, Keira?«, fragt Alanna, um sie glücklich zu machen.

»Perfekt. Sie hat mich geschlagen. Und getreten. Und das war irgendwie echt dämlich.«

»Sie hat was?« Ich muss lachen.

»Jaaah, sie hatte Angst vor mir und dachte wohl, dass ich verschwinde, wenn sie mich drangsaliert. Hat 'ne ganze Weile gedauert, bis wir beide festgestellt haben, dass sie mich nicht weiter verunstalten kann. Weh getan hat's auch nicht besonders.«

»Vielleicht war die einfach nur schwach«, werfe ich ein.

»Alter, die hatte 'n Baseballschläger in ihrem Zimmer. Ich frag mich zwar, wer bei der einbrechen würde, um sie zu vergewaltigen, aber sie ist auf jeden Fall darauf vorbereitet.« Keira ist seltsam. Sie sagt so grausame Sachen und trotzdem finde ich es lustig.

»Was ist dann passiert, Keira?«

»Keine Ahnung, viel mehr war da nicht. Als sie irgendwann aufgehört hat, war sie der festen Überzeugung, ich bin ein Geist aus der Zukunft, der ihr futuristisches Ich darstellt. Und dann hat sie geheult wegen der Krebs-Sache. Also, weil sie dachte, dass sie das bekommen wird. Völlig dämlich, ich bin ja selbst tot und ohne Haare noch hübscher als sie, also kann ich gar nicht ihr Zukunfts-Ich sein.«

Die Hässlichen (LESEPROBE)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt