Eigenartige Eigenarten

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"ASMODEUS! WAS ZUR HÖLLE TUST DU HIER? KANNST DU NICHT ANKLOPFEN!? DREH DICH UM! SCHAU WEG!", keifte ich laut und klammerte mich an mein Handtuch. Er hatte die Arme verschränkt, ein Bein überschlagen und grinste mich verschmitzt an. Die Höhe war aber seine eine Augenbraue, die spielerisch zuckte. "In der Hölle bist du schon, Liebes. Keine Sorge, ich hab schon viele nackte Körper gesehen. Deiner würde mich nicht auch nur annähernd überraschen... auch wenn ich ehrlich gestehen muss, dass es schon seine Reize hat, zu wissen, dass du nichts darunter anhast." Seine Worte ließen mich rot anlaufen und ich zog kurz das Handtuch bis zu meinem Bauchnabel hoch. "Falsch! Ich trage Unterwäsche!", korrigierte ich ihn und er verlor kurz seine Fassung, sah etwas verwirrt und grinste dann wieder. "Und obenrum?" 

Zu allem Übel schlug meine Zimmertür auf und ein wütender Lucifer stand im Türrahmen. "Raus! Sofort!", sagte er mit einem grimmigen, fordernden Unterton und hatte eine sehr imposante Pose mit verschränkten Armen und sehr aufrechter Haltung. Kurz schweiften meine Gedanken ab als ich bemerkte, wie edel und mächtig er wirkte. "Wir sehen uns beim Frühstück, Hübsche. Hat mich gefreut, dich so zu sehen.", sagte Asmodeus und erhob sich von meinem Bett, ehe er mit einer gewissen Weiblichkeit in seinen Bewegungen mein Zimmer verließ. Lucifer schloss kopfschüttelnd die Augen und drehte sich um. "Entschuldige bitte. Wenn du fertig bist, gehe bitte die anderen zum Essen holen." 

Sobald Lucifer weg war, machte ich mich fertig und legte leichtes Make-Up auf. An jeder Tür prangte ein edel geschmückter Buchstabe, sodass ich vermutete, wer sich hinter welcher Tür befand. Ich ging zuerst zu Leviathan, dessen Tür meiner gegenüberlag. Vorsichtig klopfte ich, hörte aber nur ein "Verschwinde!" hinter dem Holz, dass mich von jemandem trennte, mit dem ich sicherlich schwer auskommen werden würde. "Ich soll dich nur zum Frühstück rufen.", meinte ich in einer Lautstärke, in der er es wohl gehört haben müsste. Bei dem Wort 'Frühstück' schlug direkt eine andere Tür auf und Beelzebub lief, in Jogginghose und gerade dabei ein Tanktop überzuwerfen, schnurstraks barfuß nach unten. "Guten Morgen, Beel.", murmelte ich als er an mir vorbeiging, bekam aber keine Antwort. "Dir auch einen guten Morgen, Kora.", war meine Antwort an mich selbst. Ich ging zu seiner Tür und sah hinein. Hier sind zwei Betten. Aber es sieht nicht so aus, als wäre das eine Bett momentan in Benutzung. Auf der dunkleren Seite des Zimmers war das Bett gemacht und die Zimmerseite sah so sauber und aufgeräumt aus, dass jeder noch so penible Mensch Angst gehabt hätte mit den von uns ausgeatmeten Keimen auch nur ansatzweise etwas zu beschmutzen. "Belphegor?", fragte ich leise, bekam aber keine Antwort, weswegen ich die Tür schloss. Dass sich die beiden ein Zimmer teilten nahm ich an, da der Buchstabe 'B' an der Tür war und ich ihn nirgendwo anders finden konnte. Und natürlich wegen der zwei Betten. Oder hatte Beel eine multiple Persönlichkeit? 

Weiter ging ich zu Mammons Zimmer und klopfte. Er öffnete sie und lehnte sich cool in den Türrahmen. "Na Kleine? Heute Lust shoppen zu gehen?" Ich sah an ihm vorbei und sah ein Auto in seinem Zimmer. "Du... hast ein Auto? Hier drin?" Er grinste. "Bist du beeindruckt?" Ich sah fragend zwischen ihm und dem Auto hin und her und erlangte meine Fassung zurück als ich mich erinnerte, was ich hier eigentlich wollte. "Ähm... Frühstück. Du sollst zum Frühstück." Sein Gesichtsausdruck wandelte sich von stolz zu unbeeindruckt und seine triumphierende Körperhaltung wurde zu einer eher motivationslosen. "Schon gut." Er schob sich an mir vorbei und schloss seine Tür vor meiner Nase ab, bevor er nach unten ging. So empfindlich mit seinen Sachen, dass er sogar die Tür abschließt? 

Asmodeus' Tür mied ich. Als kleine Rache für vorhin. Er war ohnehin schon wach, er wusste, dass er zum Frühstück musste, vielleicht war er auch schon unten. Und zu guter letzt ging ich zu Satans Tür und klopfte, bekam jedoch keine Reaktion. Ich klopfte noch einmal. Wieder keine Reaktion. "Satan?" Ich drehte den Türknauf um und sah kurz ins innere des Zimmers, doch es war keiner hier. Es stapelten sich Bücher über Bücher, der Boden war komplett im Chaos versunken, nur ein kleiner Pfad führte zum Bett und zu einer kleinen Wendeltreppe, der Rest des Bodens war durch unzählige Schriftstücke bedeckt. Sogar im Bett lagen Bücher. Kein Wunder... wer so viel liest hat keine Zeit für Social Media... bemerkte ich und schloss die Tür wieder. Als ich mich zum Gehen umdrehen wollte stieß ich mit jemandem zusammen. "Was hast du in meinem Zimmer zu suchen?", wurde ich leicht zornig gefragt und sah nach oben, wo Satans Blick auf meinen traf. "I-ich wollte dich zum Frücht... Frühstüh-" "Geh beseite." Ich rutschte von der Tür weg und spürte, wie mein Herz langsam wieder zu schlagen begann, nachdem es kurz ausgesetzt hatte. Ich fühlte mich plötzlich sehr klein. Satan holte kurz was aus seinem Zimmer und ging dann an mir vorbei wieder in Richtung Treppe nach unten. "Was ist? Du sollst auch frühstücken kommen. Sonst wird Lucifer sauer.", knurrte er und ich lief schnell hinter ihm her nach unten in den Speisesaal. An meinem Platz stand eine Müsli-Bowl und ein Smoothie, sowie ein frisch gespresster Orangensaft, eine Kanne mit Tee und diverses geschnittenes Obst und Gemüse. Ich setzte mich und sah kurz perplex in die Runde. Beel hatte wieder einmal mit dem Essen angefangen, ließ aber die Hände von meinem. Ich war erleichtert, dass ich Leviathan auch am Tisch sah. Ohne Kopfhörer. Die anderen fingen auch an, sich am Frühstück zu bedienen, doch ich zögerte. "Ich... ich hätte mir auch selber mein Frühstück gemacht. Danke... wer... auch immer sich die Mühe damit gemacht hat, ich hoffe ich habe keine zu großen Umstände bereitet.", sagte ich in die Runde, doch keiner schien mir wirklich zuzuhören. Keiner, außer Lucifer. "Wir sind deine Gastgeber. Auch, wenn du selber Pflichten zu erfüllen hast, es gehört zu unseren, dass du dich hier wohlfühlst und überlebst." 'Überlebst'... das klingt etwas bedrohlich...

"Gibt es etwas, was ich heute hier erledigen kann?", fragte ich an Lucifer gerichtet und er zeigte auf den Tisch. "Du kannst gern abwaschen und dich mit Mammon um das Mittagessen kümmern.", erklärte er und Mammon sah erbost zu ihm. "Ich? Wieso ich? Wieso muss ich mit der..." Lucifer hielt eine Hand hoch, damit Mammon aufhörte zu reden. "Ich gebe dir eine Einkaufsliste und meine Kreditkarte. Gib sie nicht Mammon."

Obey Me - Haus des ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt