Kapitel 3

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Ich nahm die Pfanne vom Herd und schaltete ihn aus, da das Essen bereits fertig war. Aus dem oberen linken Schrank nahm ich gleich für alle Teller raus und stellte sie neben die Pfanne, um das Essen dann servieren zu können.

Abends deckten wir so gut wie nie den Tisch, da alle zu unterschiedlichen Zeiten nach Hause kamen, vor allem Josh, Dad und ich. Jeder aß dann, wenn er nach Hause kam, außer an den Wochenenden, da aßen wir immer alle zusammen, sei es zum Frühstück, Mittag- oder Abendessen. Ich liebte es, wenn wir alle als Familie an einem Tisch saßen, speisten und über Gott und die Welt sprachen. 

Nachdem ich etwas vom Eierreis auf den Teller gab reichte ich ihn meinem Dad und begann mir ebenfalls etwas drauf zu tun. Er bedankt sich und holte aus der Schublade zwei Gabeln raus und setzte sich auf einen der beiden Barhocker, die bei der kleinen Kücheninsel, gegenüber des Herdes standen.

Mit dem Rücken zu Dad atmete ich einmal tief durch und fragte ihn, ob ich ihm eine Frage stellen dürfte. "Das war bereits eine Frage.", sagte er spaßeshalber und lächelte mir zu. Meine Miene zeigte ihm anscheinend, dass ich nicht auf Scherze ausgelegt war, da er ernster wurde. "Spaß bei Seite. Was liegt dir am Herzen mein Engel?" 

Bei dem Kosenamen musste ich immer lächeln. Es bedeutete mir sehr viel, dass er mich so nannte. Er arbeitete immer sehr viel und versuchte dennoch uns Kindern, so gut es ihm möglich war, ein guter Vater zu sein. Egal wie müde er auch war, wenn wir etwas von ihm brauchten war er immer da und das liebte ich einfach so sehr an ihm. Ich hoffte nur, dass ich das jetzt mit meiner Frage nicht ruinieren würde.

"Versprichst du mir ehrlich zu sein?", er legte nun die Gabel auf den Tellerrand, wischte sich den Mund mit der Serviette ab und sah mir in die Augen. "Natürlich. Was gibt es denn? Du kannst über alles mit mir reden, das weißt du doch." Auch ich legte nun meine Gabel bei Seite und biss mir schüchtern auf die Unterlippe. 

Ich merkte, dass er sich unwohl fühlte, da ich noch immer nicht mit meiner Frage rausrückte. Ich würde sogar behaupten, dass sich ein Hauch Besorgnis in seinem Blick widerspiegelte. 

"Kann es sein, dass zwischen dir und Mom etwas nicht stimmt?", fragte ich ganz leise und musste seinen Blick ausweichen, da er starr auf mir lag und ich mich etwas unwohl fühlte diese Frage in den Raum gestellt zu haben. Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht und verweilte etwas länger bei seinem Kinn, ehe er einen Seufzer von sich gab und die Hände wieder sinken ließ. 

"Wie kommst du denn da drauf?", stellte er mir als Gegenfrage und nahm nun einen weiteren Bissen von dem Eierreis. "Ach und das Essen schmeckt richtig gut. Das hast du toll gemacht." Das war jetzt nicht sein Ernst oder? Er versprach doch ehrlich zu sein und versuchte mir nun aus dem Weg zu geh'n? 

Ich spürte, wie mir jetzt schon der Geduldsfaden riss. Das hatte ich von meiner Mom, sie konnte sehr temperamentvoll werden, wenn ihr der Geduldsfaden riss.

"Dad! Du hast versprochen ehrlich zu sein. Also, ist da irgendwas zwischen euch vorgefallen?" Ich sah ihm auffordernd in die Augen und legte meine Hände auf den Tisch, da ich sonst wieder angefangen hätte mit den Händen zu gestikulieren. 

"Es ist etwas kompliziert Elena. Ich kann es dir nicht genau sagen was es ist, da es mir nicht zusteht es allein zu sagen. Wir reden dann, wenn deine Mutter nachhause kommt und jetzt iss auf." 

Ungläubig schüttelte ich meinen Kopf. Ich sah ihm zu wie er ganz genüsslich weiter aß, als wäre nie etwas gewesen, als hätte es diese Unterhaltung nie gegeben, aber in seinem Blick flackerte etwas auf, was ich nicht genau deuten konnte.

Er hatte sich komplett verschossen und das bedeutete schon mal was. "Wow, das heißt also, dass da wirklich etwas im Busch ist?" Er schwieg, obwohl er wusste, dass ich es wissen möchte und das störte mich. Ich bekam irgendwie Angst. Ich musste es wissen. 

"Sag mir doch einfach was es ist. Es kann doch nicht so schlimm sein. Ihr habt euch bis jetzt immer wieder mal gestritten und dann wieder vertragen, also warum jetzt auf einmal so ein großes Geheimnis draus machen..." 

"Elena! Ich sagte wir reden wenn deine Mutter zu Hause ist! Und jetzt ist Schluss.", wurde ich barsch von ihm unterbrochen. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Er war immer so gütig, liebevoll und warmherzig. Es gab nie, nicht ein einziges Mal eine Situation, wo er so mit mir oder irgendeinem meiner Geschwister gesprochen hatte, oder doch, als Josh das erste Mal betrunken nach hause gekommen ist und eine Vase von unserer Großmutter kaputt gemacht hatte.

Ich nahm meinen Teller und stand so abrupt auf, dass der Sessel fast umfiel. Ich spürte, wie sich die Tränen in meinen Augen sammelten, aber ich ließ es nicht zu, dass sich auch nur eine einzige verräterische Träne ihren Weg hinunter bahnte. 

"Ich habe keinen Appetit.", ist alles was ich sagte bevor ich den Teller einfach neben die Abwasch stellte. Ich würde es einfach später aufräumen. Jetzt hatte ich einfach nicht die Kraft und die Lust dazu. Bevor ich noch mein Zimmer erreicht habe hörte ich noch, wie mein Vater nach mir rief und sagte, dass es ihm leidtut und dass ich wieder zu ihm kommen soll, aber ich dachte erst gar nicht daran zu ihm zu gehen. Er sollte erstmal darüber nachdenken, wie er gerade mit mir gesprochen hatte. Es gab nur eines was ich jetzt wollte, na ja eigentlich zwei Sachen und das waren mein Bett und meine Gitarre.

***

"Elena?", ertönte die Stimme von Maddy, die ganz vorsichtig die Tür öffnete und ins Zimmer blickte. Ich legte meine Gitarre neben mich auf das Bett und fragte sie, was sie braucht. 

"Daddy hat gesagt, dass ich dich holen soll. Josh ist auch schon im Wohnzimmer. Ich glaube, Mom und Dad wollen mit uns etwas besprechen, aber Daddy hat nicht gesagt um was es geht." Ich wusste ganz genau, um was es gehen würde, und zwar um das was er mir nicht sagen wollte. 

Um ehrlich zu sein wollte ich es nicht mehr wissen. Ich wollte nur in meinem Zimmer sein und musizieren, aber wie heißt es so schön, das Leben ist kein Wunschkonzert. "Ich komm schon." sagte ich zu dem blonden, lockigen Mädchen und zwang mich zu einem Lächeln, obwohl mir überhaupt nicht danach zumute war. 

Im Wohnzimmer angekommen sah ich, dass Josh auf der Couch saß, ihm gegenüber unsere Elter und mir ist nicht entgangen, dass zwischen den beiden eine Lücke war. Maddy setzte sich rechts und ich links von unserem Bruder hin. "Weißt du worüber die zwei reden wollen?" flüsterte mir Josh ins Ohr, aber ich zuckte nur mit den Schultern und blickte direkt in die Augen unseres Vaters.

Er erwiderte zwar meinen Blick, aber es sind keinerlei Emotionen in ihnen zu sehen. Er wand seinen Blick ab und atmete einmal tief durch ehe er zum Reden ansetzte. "Ihr fragt euch sicher, warum wir euch noch um diese Zeit hergebeten haben." Ein Blick auf die Uhr hinter meiner Mutter verriet mir, dass es bereits halb zehn war. 

Unser Vater ließ seinen Blick durch den Raum gleiten und verweilte etwas länger bei unserer Mutter, die ihre Hände knetete und etwas unbeholfen neben ihm saß. Unser Vater richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf uns Kinder.

"Ich möchte nicht lange um den heißen Brei reden Kinder. Es ist so, dass ich mit eurer Mutter bereits des Öfteren darüber gesprochen habe und wir sind uns nun nach längerem Überlegen einer Meinung." 

Ich blickte zu meiner Mom und erkannte, dass sich bereits Tränen in ihren Augen sammelten. Es zerriss mir das Herz sie so zu sehen. "Wir werden uns scheiden lassen." Mein Blick flog sofort wieder zu meinem Dad. Obwohl ich schon diese Vermutung hatte, traf mich diese Aussage wie ein Schlag ins Gesicht.  

Never say NeverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt