Kap XIII - Tränen

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Es herrschte eine Sekunde der Stille, als die Wörter gefallen waren.

Dass Jan schwul ist.

Jan schubste seine Schwester von sich weg. „Du hast versprochen es niemanden zu sagen!", schrie er und hätte sich dafür am liebsten selbst geschlagen.

Er hätte es leugnen können, einen Witz machen können oder was auch immer. Aber nein, er bestätigte es auch noch. Tränen traten ihm in die Augen.

„Ups", sagte Gisela schadenfroh.

„Jan...", sprach Tim, doch der Braunäugige hatte sich umgedreht und lief davon.

Sein Fluchtinstinkt hatte eingesetzt und mit verschwommener Sicht lief er über die Straße, den Gehsteig entlang, bis dieser vor dem kleinen Spielplatz der Stadt endete. Jan schluckte und sah sich schnell um. Es schien, als wäre gerade niemand hier, also betrat er den Spielplatz, auf den er als Kind so gerne mit Gisela gespielt hatte. Er fand seinen Weg zu den Schaukeln und setzte sich auf eine.

Während seine Tränen langsam weniger wurden, ließ er die vergangenen Minuten nochmal Revue passieren.

Jan wusste nun, dass Gisela auf Tim steht und Tim wusste, dass Jan auf Typen steht. Toll.

Gerade erst hatte Jan einen Menschen gefunden, den er einen Freund nennen konnte und jetzt hatte ihn Gisela wahrscheinlich wieder vergrault.

Und wenn es schlecht herging, würde bald auch nicht nur Tim, sondern seine ganze Klasse oder schlimmer, die ganze Schule von Jans Geheimnis wissen.

Es lag also an Tim.

Tim schien immer sehr nett und auch vernünftig zu sein. Aber wer weiß, ob das nicht vielleicht nur eine Fassade war.

Wer weiß, was er in diesen Moment tat?

Vielleicht eine Nachricht in die Klassengruppe schreiben, dass Jan schwul war? Vielleicht schmuste er jetzt gerade auch mit Gisela auf den Schulhof rum. Oder er stand noch immer so blöd da wie vorhin, als Jan weggelaufen war.

„Hey" Jans Kopf schnellte hoch.

Oder er hatte Jan verfolgt und stand nun neben ihm.

Jan seufzte nur und senkte seinen Kopf wieder, während er wortlos etwas hin und her schaukelte. Tim setzte sich auf die frei Schaukel neben Jan.

„Bist du... jetzt überrascht? Sauer? Angewidert?", murmelte Jan ohne Tim anzusehen.

Tim schnaubte belustigt. „Es ist okay", erwiderte dieser, „wirklich. Es ist mir egal, wenn es wahr ist. Und wenn nicht, dann ist es mir auch egal"

Jan hob seinen Kopf. „Es ist wahr", flüsterte er und Tränen traten ihm wieder in die Augen.

Er wusste nicht warum. Tim schien es nicht zu stören, aber trotzdem. Vielleicht war es einfach die Tatsache es mal wieder auszusprechen.

Der Blauäugige zuckte mit den Schultern. „Und ich bin adoptiert"

„Was?", lachte Jan und wischte seine Tränen weg, „das ist ein Scherz oder?"

Tim grinste. „Nein"

Jans lachen verstummte. „Das... tut mir leid? Oh Mann, ich habe keine Ahnung wie man auf sowas reagieren soll! Warum erzählst du mir sowas?"

„Wenn wir schon alle so ehrlich miteinander sind. Und es ist okay. Ich bin glücklich."

„Na dann... solltest du auch wissen, dass Gisela auf dich steht"

„Dachte ich mir schon"

„Echt?"

„Ja, ein bisschen zumindest", erwiderte Tim.

Jan grinste. „Und du?"

„Was ich? Ich habe heute schon genug Geheimnisse offenbart!", lachte Tim, „aber nein. Ich stehe nicht auf sie. Sie ist nett und witzig aber... nein"

„Nett?", Jan zog eine Augenbraue hoch, „du nennst sie nett?"

Tim lachte. „Du weißt was ich meine. Sie kann nett sein"

„Hm ja, wenn sie auf jemanden steht vielleicht. Solltest das ausnützen. Aber nicht zu sehr. Sie ist immer noch meine Schwester"

„Keine Angst", kicherte Tim, „wollen wir jetzt zurück gehen?"

Jan nickte und stand auf. Gerade in diesen Moment betrat auch Gisela den Spielplatz.

- 550 Wörter -

Morgen kommt das letzte Kapitel. Just saying.

Gewitter im Kopf | SystemfehlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt