15. Eine verdrehte Wahrheit

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«Bist du sicher, dass das funktioniert?», fragte ich ANDREW, nicht wirklich überzeugt. Ich war auf dem Weg zum Absatz der Treppe auf der Etage meines Zimmers und war ziemlich unsicher über mein Vorhaben. Spider- Man und ich waren beide ziemlich angeschlagen, weshalb wir sofort nach dem Kampf mit dem Attentäter nach Hause zurückgekehrt waren, viel, viel früher als sonst.

ANDREWs Diagnose hatte ergeben, dass der Attentäter mir tatsächlich den Arm gebrochen hatte. Ich hatte nicht in den Spiegel gesehen, aber wahrscheinlich sah ich schrecklich aus, einerseits von den normalen Prügeleien mit den Bandenmitgliedern, Spideys zu hastiger Rettung und andererseits von meinem peinlich kurzen Kampf mit dem Attentäter. Ich hatte mich zwar in mein Pyjama umgezogen, um meinen Plan in die Tat umzusetzen, aber das war, da das Schmerzmittel nicht ewig hielt, ganz schön schmerzhaft gewesen.

«Ich werde dir Bescheid geben, wenn du den richtigen Winkel hast», beruhigte mich ANDREW. «Ob das eine gute Idee ist, das kann ich dir nicht sagen. Gewagt ist sie auf jeden Fall. Und die Würgemale an deinem Hals wird sie auch nicht erklären.»

Ich öffnete leise die Türe zum Treppenhaus und versuchte, der Kamera, von der ich wusste, dass sie in der Ecke hing, möglichst den Rücken zuzukehren. Verhalt dich so normal wie möglich, wies ich mich an, aber ich war mir nicht sicher, ob ich es hinbekam. Ich war übermüdet, konnte dank dem Schmerzmittel nicht mehr klar denken, meinen Arm nicht mehr bewegen, ohne vor Schmerz zusammenzuzucken und setzte gerade einen völlig überstürzten Plan zur Schadensbegrenzung um. Ich konnte froh sein, wenn ich mir nicht noch ein paar Rippen brach. Die Alternative war allerdings viel schlimmer, nämlich Tony zu beichten, dass ich Blue Phantom war. Das hiesse nämlich nicht nur, dass er wahrscheinlich nie wieder mit mir sprechen würde, weil ich ihm so eine grosse Sache verschwieg und mich in so grosse Gefahr begab, sondern, dass er mich auch über den Attentäter löchern würde. Und das konnte ich nicht zulassen, denn der Typ mit dem Metallarm war niemand, der haltlose Drohungen aussprach. Wenn er Wind davon bekäme, dass ich Tony von ihm erzählt hätte, er würde nicht zögern, seine Anschläge auch auf ihn auszuweiten. Das konnte ich einfach nicht riskieren, aus dem selben Grund, aus dem ich verhindern wollte, dass Tony und ich uns wieder in die Haare gerieten. Er war meine Familie. Ich konnte einfach nicht riskieren, ihn zu verlieren.

Als ANDREW mir durch die Brille «JETZT!», ins Ohr brüllte, als habe er Angst, ich wäre zu müde, ihn zu verstehen, wenn er es in normaler Lautstärke sagte, stolperte ich und fiel mit lautem Poltern die Treppe hinunter. Ich musste mich nicht einmal anstrengen, umzufallen, ich war so kaputt, dass mich ANDREWs Brüllen einfach dazubrachte, zu straucheln und zu fallen. In einem verzweifelten Versuch, mich vor noch mehr gebrochenen Körperteilen zu schützen, rollte ich mich zu einem Ball zusammen. Als ich am Fuss der Treppe, eine Etage tiefer, angekommen war, tat mir wirklich der ganze Körper weh. Aber wenigstens hatte ich eine Ausrede für den gebrochenen Arm, die auch JARVIS aufgezeichnet hatte. Wäre JARVIS nicht gewesen, ich hätte nur behauptet, ich wäre die Treppe heruntergefallen, aber Tonys KI hätte ihm sicher gepetzt, dass ich log. Also hatte ich es wirklich tun müssen und das Risiko auf mich nehmen.

Ich stöhnte. «Hol Tony», murmelte ich, obwohl die Brille bei meinem Sturz von meiner Nase gerutscht und davongeschlittert war.

«Mr. Stark ist sowieso schon auf dem Weg», stellte JARVIS fest. «Dein Sturz ist durch den ganzen Tower zu hören gewesen, Kayla. Natasha weckt gerade Steve. Sie denken, der Tower würde angegriffen.»

Ich lachte trocken auf, verzog aber dann das Gesicht und hielt meine Rippen. Sie hatten den Sturz also doch nicht so gut überstanden wie gedacht. Ich blinzelte die Decke an, für einen kurzen Moment im Licht über mir Flammen sehend und mich an den roten Stern erinnernd, den ich für einen winzigen Moment am Metallarm des Assassinen gesehen hatte.

Stark Chronicles: Second ChanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt