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1. form a gun with two fingers
2. shoot

Kopfschmerzen und Übelkeit rissen mich aus meinem schmerzvollen Dämmerzustand.
Beim Aufstehen zuckte ich zusammen und hielt mir stöhnend meinen Bauch.
Er hatte nicht übertrieben, er hatte mich wirklich zerstört.
Mit zitternden Händen wischte ich mir die getrockneten Tränen von der Wange und begann meine Klamotten zusammen zu sammeln.
Ich hatte es verdient!
Ich war so naiv gewesen und hatte Luc vertraut. Hatte Jonas und Tyson vertraut.
Doch was zählte waren jetzt meine Eltern und Nico. Sie sollten mich lieben!
Sie mussten.

Nachdem ich mit schmerzenden Magen alles im Bad von mir gegeben hatte, flüchtete ich in mein Haus und duschte dort ausgiebig.
Ich brauchte Stoff und Ablenkung.
Mit einem schwarzen knielangen Rock und einem weißen engen Pulli bekleidet, schlüpfte ich noch in schwarze Vans und verließ das Haus wieder.
In der Nacht hatten mich schlechte Träume heimgesucht und allmählich begann ich zu glauben ich sei verflucht.
Wieso konnte ich sie auch nie stolz machen?
Das würde so vieles erleichtern.
Mutter war für die nächsten Tage weg und Vater hatte sich nicht mehr gemeldet.
Ich konnte also ganz beruhigt zu Big Daddy fahren und sehen wie ich an neuen Stoff kam.

Die Gegend war bei Tag sehr ruhig und verlassen. Keine Lichter, keine Mädchen und Männer, die sich an ihnen aufgeilten.
Lediglich die Dealer befanden sich in ihren Nischen und Verstecken und schickten die dürren kleinen Jungs zum Verkaufen auf die Straße.
Ich passierte das Haus, in dem die Party stattgefunden hatte und bald darauf den Club, in dem ich Ian gefunden hatte.
Meine Beine stoppten vor dem Eingang und ich versuchte krampfhaft an den Abend zu denken.
Ich hätte nicht mit Tyson gehen dürfen, denn er arbeitete für diesen Darren, der mir mehr Angst einjagte als jeder andere Mann.
Sollte ich also zu Ian gehen?
Woher sonst sollte ich den Stoff bekommen?
Tyson und ich waren mit unausgesprochenen Worten auseinander gegangen und es bereitete mir Bauchschmerzen, an ein Treffen zu denken.
Genauso machte mir jedoch auch Ian Angst, was vermutlich seit langer Zeit das einzig vernünftige Gefühl war.
Beinahe fluchtartige wirbelte ich herum und rannte weg.
Meine Lungen streikten und der Schmerz der Atemnot pochte in meiner Brust.
Das war alles so falsch.

Mein Kopf drehte sich und Übelkeit kroch in meiner Kehle rauf und dennoch zwang ich mich bei Bewusstsein zu bleiben.
Ich war so dumm gewesen zu glauben bei Ian Zuflucht finden zu können.
Hätte er mir mehr bieten können, dann hätte er es schon längst getan.
Doch ich vermutete, wer meine Rettung sein würde, wofür ich jedoch den ganzen Tag und die halbe Nacht Bahn fahren musste.
Ich hatte Angst vor unserer Begegnung, dabei war das völlig irrelevant.
Gefühle spielten keine Rolle mehr und die letzten zwei Tagen bewiesen mir viel zu gut, dass es gesünder für mich war mich in Drogen zu versenken und nie wieder aufzutauchen.
War es das?
Das Ende, dass Luc nicht gereicht hatte?

Seine grünen Augen bohrten sich in meine und berührten dennoch nichts in mir.
Ich war betäubt und schwebte, wie schon lange nicht mehr.
„Bring mich zu ihm."
Kurz blitzte etwas in dem Grün auf, doch es hatte keine Chance gegen die großen Pupillen und die stumpfen Bewegungen.
Wir verließen die Bahn an einer mir fremden Haltestelle und liefen schweigend in die dunkle Nacht, die für einige vermutlich das Ende bedeutete.

„Was ein süßes Mädchen", sagte der blauhaarige Junge vor der Tür des Puffs und lächelte mich an, wie ein Kind einen Lolli.
„Ich hab gehört du gehörst Ian", sagte er weiter.
„Du sollst nicht immer glauben, was du hörst Jace", erwiderte Tyson stumm und packte nun mein Handgelenk.
„Ciao ciao kleines Mädchen."
Er wank lächelnd und sah uns nach, bis sich die Tür schloss.
„Hatte ich nicht gesagt, ich fange wegen einer Schlampe keinen Stress mit Ian an?"
Darren stand mit verschränkten Armen vor uns und starrte finster auf Tyson herab.
In meinen Ohren dröhnte es und ich musste einige Male blinzeln, um wieder klar zu sehen.
Dann fischte ich zwei Hundert Dollar Scheine aus meiner Tasche und hielt sie ihm vor die Nase.
„Ich will nur Stoff, Ian will, dass ich mehr mache", sprach ich das aus, was jeder von Anfang an wusste.
Big Daddy, oder Ian, war kein Mann der dich gehen ließ, wenn du erst einmal in seinem Netz gelandet warst.
„Kannst du versichern, dass sie zahlungsfähig ist?", fragte er nun Tyson, welcher monoton nickte und beinahe gelangweilt gerade aus blickte.
„Dann versorgt unsere kleine Goldgrube mal."
Er grinste kurz hämisch und wand sich dann ab.
„Komm", murrte Tyson und führte mich zu einem Nebenzimmer.
Wir waren allein.
Unsere Beine berührten sich leicht, als wir auf der abgewetzten Couch Platz nahmen und er ein paar Sachen ausbreitete.
„Greif zu, du kannst alles haben", erklärte er und griff selbst nach einer Flasche.
Mit zitternden Fingern schob ich mir eine Line zurecht und zog sie schnell durch.
Danach entzündete ich einen Joint und ließ mich zurück sinken.
„Wenn du immer rechtzeitig zahlst ist alles gut, dann wird er auch nicht mehr von dir verlangen."
Ich nickte nur.
Mein Körper stand auf einmal unter Strom, sodass ich kaum klar denken konnte. Es war berauschend, aber nicht genug.
Ich bereitete noch eine Line vor.
Kopfschmerzen.
Nasenbluten.
Übelkeit.
Dann endlich Ruhe.

AdelineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt