Kapitel 2

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Ich wurde munter, weil mich jemand anstupste. Daraufhin grummelte ich nur etwas vor mich hin und drehte mich auf die andere Seite, um weiterzuschlafen. Aber ich durfte nicht weiterschlafen, was mir die Person dadurch mitteilte, indem sie mich sanft, aber bestimmt, wieder umdrehte.

„Clara", hörte ich eine Stimme. Ihre Stimme. Sky.

Nun öffnete ich langsam die Augen, um dann in ihre kaffeebraunen zu blicken. Sie lächelte mich an. „Komm schon, du Morgenmuffel. Ich hab Frühstück gemacht." Langsam setzte ich mich auf, woraufhin Sky meine Hand nahm und mich hinter sich herzog. Brav trottete ich ihr hinterher.

„Was ist denn?" Sie sah mich stirnrunzelnd an, als ich plötzlich stehenblieb.

„Warum hast du Frühstück gemacht? Ich bin doch eigentlich der Gastgeber", gab ich empört von mir woraufhin sie laut lachte. Ich mochte ihr Lachen.

„Willst du jetzt wirklich mit mir darüber diskutieren, oder frühstücken? Ich hab Obstsalat gemacht. Wo sind eigentlich die kleinen Schüsseln?" Ich deutete auf das Regal und beobachtete Sky dabei, wie sie versuchte die Schüsseln aus besagtem Regal zu holen. Es sah ziemlich süß aus, wie sie sich streckte, aber doch nicht rankam.

„He, willst du dich nur über mich lustig machen oder mir helfen? Außerdem, wer gibt bitte die Schüsseln so weit oben ins Regal? Du kommst ja nicht mal selbst rauf", beschwerte sich Sky und versuchte verärgert auszusehen, aber das Zucken ihrer Mundwinkel verriet sie.

„Na gut, mein kleiner Hobbit. Wie wär's mit Huckepack?", schlug ich dann grinsend vor.

„Du bist so blöd." Ich hob nur eine Augenbraue, woraufhin sie die Augen rollte. „Okay, ich gib ja schon auf." Dann sprang sie auf meinen Rücken.

„Wo gehst du hin? Das Regal ist in der anderen Richtung", meinte sie, konnte aber das Kichern nicht unterdrücken, als ich mit ihr am Rücken quer durch die ganze Wohnung rannte.

Erst im Bad wurde ich langsamer und ließ sie schließlich runter. „Das müssen wir noch üben", meinte sie schmunzelnd, worauf ich nur grinsend auf sie zu ging, bis wir schließlich in der Dusche standen. Dann griff ich zum Duschhahn und drehte ihn auf, Sky stand genau darunter. Ich rechnete schon mit einem Aufschrei, doch sie lachte nur. Nun musterte ich sie fasziniert, was sie nutzte und mich unter den Duschstrahl drückte.

„Hey, das war nicht so ausgemacht", rief ich empört, weswegen sie noch mehr lachen musste. Mittlerweile saßen wir am Boden und lehnten uns an der Duschwand an, während ununterbrochen Wasser auf uns hinabprasselte.

„So, wenn wir schon unter der Dusche stehen, kannst du mir auch die Haare einseifen", meinte sie schließlich und grinste, als sie mein verdutztes Gesicht sah. Dann öffnete sie ihre blonden Zöpfe und strich sich daraufhin durch das offene nasse Haar. Ich nahm das Shampoo entgegen und begann damit es in ihren Haaren zu verteilen.

Sky seufzte und lehnte sich dann gegen meine Brust. „Das war echt schön."

„Du wunderst dich wahrscheinlich, warum ich so spät am Abend draußen vor dem Café gekauert bin. Naja, ich bin von Zuhause weggelaufen, obwohl es wahrscheinlich nicht mehr lange gedauert hätte und meine Eltern hätten mich rausgeschmissen. Weißt du, meine Eltern kamen nicht wirklich mit meinem Lebensstil zurecht, wie sie so schön sagten", sie schnaubte. „Die Beziehung zu meinen Eltern war eigentlich noch nie die beste. Sie waren fast nie da, wenn ich sie brauchte und verstanden mich auch nicht. Sie versuchten nicht einmal mich zu verstehen", erzählte sie mir, wobei mir der traurige und auch enttäuschte Unterton nicht entging.

„Du musst mir das nicht erzählen", flüsterte ich.

„Aber ich will", erwiderte sie ebenfalls flüsternd und begann weiterzuerzählen.

„Meine Eltern wollten immer, dass ich Medizin studiere, aber Medizin war nichts für mich und das sagte ich ihnen auch, was sie nicht so ganz verkrafteten. Ich hatte zu dem Zeitpunkt zwar noch keine Ahnung in welche Richtung ich später mal gehen wollte, wusste aber, dass es definitiv nicht Medizin war. Ich sagte dauernd, dass ich noch genug Zeit hätte, um mir das alles noch zu überlegen. Ihre Antwort war immer dieselbe, wann immer wir dieses Thema auch anschnitten. ‚Wenn du weiterhin diese Lebenseinstellung hast, wird aus dir nie etwas werden.' Tja, sehr ermutigend. Dann ging es eigentlich mit der Beziehung zu meinen Eltern bergab. Sie fanden immer etwas zu meckern. An meinem Freundeskreis, meinen Hobbies, meinen Noten und generell auch an meiner Weltanschauung. Irgendwann wurde mir das alles zu viel, weswegen ich eben von Zuhause wegrannte. Tja, und jetzt bin ich hier", sie lachte trocken, drehte sich um und setzte sich auf meinen Schoß. 

„Das habe ich bisher noch nie jemanden erzählt", sagte sie mit gedämpfter Stimme.

„Und warum ausgerechnet ich?", flüsterte ich.

„Ich vertraue dir, Clara. Du bist anders als die anderen."

Daraufhin musste ich lächeln.

So saßen wir noch eine Weile.

„Mir ist kalt. Komm, ziehen wir uns was Trockenes an", meinte Sky schließlich. Sie stand auf, nahm mich an der Hand und hopste ins Schlafzimmer.

Wenig später kramte sie in meinem Schrank herum. „So, bitte kurz umdrehen." Ich tat wie befohlen. „Okay, bin fertig." Nun drehte ich mich um und musterte sie. Sky trug meine Wollstrümpfe, welche ihr bis über die Knie reichten und den gelb-schwarz gestreiften Pullover, auf welchem „summ summ" stand. Sie sah darin tausendmal besser aus als ich.

Sie hatte offenbar gemerkt, dass ich sie auscheckte, weswegen sie sich aufs Bett setzte, die Beine übereinanderschlug und mit den Augen klimperte. „Und, wie sehe ich aus?", meinte sie unschuldig und legte den Kopf schief.

Ihre Augen musterten mich herausfordernd. „Aja, ich hoffe, es ist okay, dass ich mir Unterwäsche von dir ausgeliehen habe."

„Solange du nicht die mit den rosa Kätzchen genommen hast ist alles gut." Ich grinste.

„Mist, die habe ich übersehen. Ich hab die mit den grünen Elefanten genommen", erwidert sie ebenfalls grinsend.

Nun grinsten wir uns an und ich wunderte mich, wie ich es verdient hatte so jemanden wie Sky zu treffen. Sie war etwas Besonderes, da war ich mir sicher.

Das Mädchen vor'm CaféWo Geschichten leben. Entdecke jetzt