Die Jahre zogen ins Land. Siraj hatte mittlerweile 20 Winter erlebt und wie sein Vater Sojas den Beruf des Heilers ergriffen.
Als er an diesem Morgen die Augen aufschlug, bemerkte er wie jeden Tag als erstes, dass Sianna bereits das gemeinsame Bett verlassen hatte. Wie konnte man nur so früh aufstehen?
Mit einem Gähnen rollte Siraj sich herum. Wie spät es wohl war?
In diesem Moment wurde der schwere Fellvorhang, der den Ein- und Ausgang zur Holzhütte, in der beide wohnten, darstellte, beiseite gezogen. Sonnenlicht drang ins Haus hinein und Siraj verschloss genervt die Augen. Anscheinend zu spät.
»Du liegst ja immer noch im Bett!«
Der junge Mann stöhnte und zog das dicke Fell wieder über seinen Kopf.
Sinnlos.
Sogleich wurde ihm seine Decke weggezogen. Kalte Luft drang an die nackte Haut. Er wand sich und öffnete die Augen. »Muss das sein?«, fragte er seine Frau, die ihn tadelnd musterte.
»Offensichtlich ja. Ich würd dich auch lieber schlafen lassen, aber du verpasst ja dein halbes Leben.«
Siraj rieb sich die Augen. »Stimmt gar nicht.«
Sianna schüttelte den Kopf und drehte sich um. Ein geflochtener Korb mit einigen Kräutern wurde auf den Tisch gestellt. »Ruil hat nach dir gefragt«, sagte sie und begann, die Pflanzen zu begutachten.
Langsam wurde er wacher. »Ruil? Was wollte er?«
»Hat gefragt, ob euer Treffen heute noch steht.«
Siraj schreckte hoch. »Treffen?«
Sianna lachte. »Ja. Wolltest du nicht bei der Jagd dabei sein?«
»Scheiße!«, fluchte ihr Mann und stand so überstürzt auf, dass er beinahe aus dem Bett fiel. »Wie spät ist es denn?«
»Mittag. Die Sonne steht schon hoch.«
»Warum weckst du mich nicht früher?«, fragte er und zog sich möglichst schnell sein Fellgewand an.
»Dir kann man es aber auch nicht recht machen. Einmal ist es falsch, dich zu wecken, dann ist es aber auch falsch, dich nicht zu wecken.«
Siraj seufzte. Sianna hatte natürlich Recht. Er verhielt sich unfair.
»Tschuldige, Schatz. Bin ja auch gerade erst aufgestanden.«
Siraj sah, was seine Frau in diesem Moment tat.
»Du warst schon im Wald?«
»Natürlich. Hatte ja genug Zeit.«
Siraj umarmte seine Frau von hinten und faltete die Hände vor ihrem Bauch zusammen. Er hörte, wie sie leise lachte. Sie war dort empfindlich. »Was würde ich bloß ohne dich tun?«, fragte er und legte sein stoppeliges Kinn auf ihre Schulter.
»Wahrscheinlich schlafen«, konterte sie.
Er seufzte, drehte sie langsam um und blickte in ihre großen, braunen Augen. Sie hatte sich seit ihrer Jugend kaum verändert - sie war maximal noch hübscher geworden.
»Guten Morgen«, hauchte er und drückte seine Lippen kurz auf ihre.
Sie grinste. »Mittag.« Und gab ihm ihrerseits einen langen Kuss. »Jetzt geh schnell, sonst zieht Ruil noch ohne dich los«, sagte sie.
Der junge Mann nickte. »Bist du hier, wenn ich zurückkomme?«
»Ich weiß noch nicht, eigentlich wollte ich nachher noch mit Jina was spazieren gehen. Und meine Mutter wollte noch meine Hilfe bei irgendwas.«
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Farben des Arkanen
FantasyDer junge Siraj wächst in Jurano auf, einem kleinen Dorf inmitten eines schier endlosen Waldes. Hier hat er seine Freunde, seine Frau, seine Familie. Niemand weiß, was sich hinter den Grenzen des Waldes verbirgt, was die Welt noch für Wunder - und S...