Der Nachteil an Neumond in einem Ruinenviertel ist das Licht. Es ist verdammt finster und ich sehe auch nur besser durch die Finsternis weil ich… anders bin als Andere. Meine Augen sehen auch bei minimalem Licht noch ziemlich gut. Ich bin ein wenig auf Abstand gegangen um kurz für mich zu sein.
„Scheiße der Kerl ist schon da?!“ Klingt leicht verzweifelt in meinen Ohren aber ich versuche mich nun weiter ablenken zu lassen. Jegliche Gedanken der Sorgen ersticke ich jetzt im Keim. Wenn es mir möglich ist, dann schalte ich gerne vor einem Kampf komplett ab. Das fördert meine Konzentration. Was ich mit hohem Druck genauso erreichen könnte aber wenn ich die Möglichkeit habe es ruhig anzugehen, nutze ich diese auch gern. Nichts ist wichtiger als totale Konzentration und das Vertrauen auf sich und seine Fähigkeiten im Kampf ums Überleben. Jeder Gedanke, jeder Schritt, jeder Zug entscheidet. Jedenfalls funktioniere ich so. Bei Anderen mag es anders sein. Allerdings… um Andere schere ich mich nicht unnötig. Wer kein Freund ist oder nicht zur Familie gehört, der ist erstmal nicht so wichtig für mich. Leider fühle ich mich irgendwie gezwungen die beiden Idioten mehr oder weniger zu beschützen. //Hoffentlich sehen die zwei in der Finsternis überhaupt genug.// Ein Seufzen entkommt mir. Das Geräusch eines geladenen Magazins ertönt im Hintergrund. Beide flüstern vor sich hin. Dann, kurzzeitig, ist es totenstill. Ich sauge die Stille regelrecht in mir auf und schließe meine Augen. Atme ein, atme aus. Schalte alles um mich herum aus. Der Werwolf ist weder zu hören noch zu sehen. Tief atme ich durch, blende alles Unnötige aus und konzentriere mich auf mein Selbst. Unter keinen Umständen darf dieser Kampf ausarten noch darf ich Amok laufen! Sollte das geschehen bin ich für die Beiden mindestens genauso gefährlich wie dieser dämliche Werwolf. Hochkonzentriert und gleichzeitig tiefenentspannt bin ich bereit. Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Ich öffne die Augen sehe auf meine Uhr. 12:30 leuchtet es mir entgegen. Drei Minuten sind vergangen seit wir hier stehen. Die Zeit läuft gegen uns.
Ein analytischer Blick auf die Waffe. Schon entsichert. Mein Silber sollte leicht reichen um ihn zu töten. Plötzlich überkommt mich wieder dieses unheimliche Gefühl. Vor jedem Kampf der wichtig ist für mich überfällt es mich wie aus dem Nichts. Freude, Unwohlsein und das vertraute Gefühl des Könnens und Tötens. //Töten… ich darf wieder töten// und ein kaltes Lächeln huscht mir übers Gesicht. Gleichzeitig erschrecke ich stets aufs Neue über mich selbst. Dieses Ich muss ich um jeden Preis verbergen. Dieses Ich ist das Dunkle in mir. Mein Dämon. Angespannt drehe mich wieder zu beiden um. „Fertig?“ frage ich die beiden und mustere sie aus ausdruckslosen Augen. Mein Gesicht ist ein einziges Pokerface. Eine Antwort warte ich gar nicht erst ab. „Der Werwolf setzt auf einen Überraschungsangriff also stellt euch auf jede mögliche Kampfsituation ein.“ setze ich fort. „Ich gehe davon aus, dass er die Gegend um uns herum erschlossen hat. So ist er im Kampf flexibler.“ Noch während ich rede, nutze meine Gabe des Seelenfühlens und strecke meine geistigen Fühler nach der Werwolfsseele aus. Es dauert nicht lange dann habe ich sie aufgespürt. Sie ist nah aber sie wandert. //Dachte ich es mir doch. Du bist verwirrt weil wir jetzt zu dritt sind. Ha ist doch nicht so dumm, dass die Zwei sich zu mir gesellt haben.// „Am besten stellen wir uns mitten auf die Kreuzung. Für uns wäre sie das ideale Kampffeld, da sie nach allen Seiten offen einzusehen ist. So erscheint er rechtzeitig in unserem Blickfeld und sein Überraschungsangriff verläuft ins Leere. Auch wenn es ziemlich finster ist sollten wir ihn so rechtzeitig erkennen“ Die Seele wird langsamer. „Wir sollten uns beeilen.“ Noch während ich den Satz vollende drehe ich beiden wieder den Rücken zu und begebe mich in die Mitte der Straßenkreuzung. Die zwei folgen mir ohne Widerworte. Es ist wirklich ziemlich finster. Doch unsere Umgebung erscheint auf der Kreuzung im restlichen schwachen Mondlicht recht hell. Hell genug um einen großen Werwolf rechtzeitig zu erkennen. Jedenfalls hell genug für mich. Schnell noch taste ich nach meinem Dolch und bin beruhigt als ich in spüre. Die Kreuzung hat drei Straßenöffnungen. //Nein so eine Ironie. Drei Leute, drei Straßen.// „Jeder von uns deckt eine Straße! Versucht auf die verwundbarsten Stellen zu zielen… und zu treffen.// Die zwei Straßen kreuzen sich wie ein großes T. Ich wähle meine Position das ich zu meiner Linken ein paar Häuser stehen habe und zu meiner Rechten kreuzt die kleinere Straße in die größere. Meine Reservemagazine griffbereit warte ich.
„Darf ich dich noch kurz was fragen?“ kommt es von hinten. Kappi, ich habe ihn unter Kappi abgespeichert solange er mir seinen Namen nicht verrät, klingt mir eindeutig zu neugierig. „Jetzt nicht er kommt!“ und schon stehen wir mehr oder weniger Rücken an Rücken. „Freundlichkeit ist nicht so deine Stärke was?“ höre ich rechts von mir. Ich ignoriere ihn einfach. Meine Pupillen wandern unruhig von rechts nach links und wieder nach rechts. Ich vermute ihn von links aus der schützenden Wohnhausreihe. //Sorry Jungs aber ich weiß auch ohne meine Gabe, dass der Dreckskerl von meiner Seite kommen wird. Da hab ich überhaupt keinen Nerv für unnötiges Gequatsche. Schließlich bin ich sein Ziel oder besser gesagt sein Auftrag…// Mit diesem resignierenden Gedanken im Kopf hebe ich meine Waffe an und schieße meine erste Kugel ab als der Werwolf von links auf die Straße vor mir sprintet. Distanz zwischen uns ca. 20 Meter. Das ist gar nichts für einen Werwolf.
Meine Kugel trifft ihn an der rechten Schulter und es folgt ein furchterregendes Jaulen, dass die friedliche Stille der Nacht zerreißt. Ich traf das Mistviech unterm Sprint, so dass es ihn erstmal richtig schön zur Seite reißt und er gezwungen ist stehen zu bleiben. Wütend stellt er sich auf die Hinterläufe und hält sich mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Schulter. Zum ersten Mal blicken wir beide uns gegenseitig in die Augen. Was ich sehe lässt mich erschaudern.
Nachdem ich geschossen hatte und klar war von welcher Seite wir attackiert wurden bekam ich Rückendeckung von den beiden Jungs. Beide hielten sich zu ihrer Sicherheit weiterhin hinter mir. Einer links, einer rechts. Ich nahm ihre Reaktionen nur aus dem Augenwinkel war da ich mich komplett auf meinen Feind vor mir konzentrierte.
„Scheiße, oh gottverdammte Scheiße.“ höre ich ein erschreckendes Flüstern neben mir. „Der is ja gedopt wie Sau!“ Da ich das Gefühl habe sie warten auf eine Bestätigung meinerseits nicke ich schwach. Keine einzige Sekunde lasse ich den Werwolf aus den Augen. Ich sehe ein zur Fratze entstelltes Werwolfsgesicht. Die Augen blutunterlaufen, aus dem Maul blutend und mit wahnsinnigem Blick sieht er mich an. Die Sabber läuft im massenweiße und rot aus dem Maul, die Lefetzen sind angespannt und unkontrolliertes Muskelzucken am ganzen Körper. Er bewegt sich völlig unanatomisch hin und her und wimmert vor sich hin. Bleibt jedoch an Ort und Stelle stehen. Am schlimmsten sind seine Augen, sein Blick eine Mischung aus Verzweiflung, Unkontrollierbarkeit und purer Mordlust. Eigentlich sollte ein Werwolf bei Neumond ein Kindersparziergang sein, für mich erst recht. Doch jetzt stellt sich alles schwieriger heraus als erwartet. //Ich sehe schon meine komplette Silbermonition in dem Scheißkerl drin stecken. Man was für eine Verschwendung. Wenn ich gewusst hätte, dass er gedopt ist hätte ich meine Ausrüstung behalten statt alles in Sicherheit zu verstecken.//
„Äh sag mal hast du ne Strategie für so was?“ reißt mich Kappi aus meinen Gedanken. „Nein.“ Zum ersten Mal lasse ich meinen Blick von dem Häufchen Elend an Werwolf und blicke Kappi ausdruckslos an. „Einfach gut zielen und schnellstmöglich töten.“ und mit diesen Worten fixiere ich wieder den Werwolf. Dieser hat sich mittlerweile gefangen. Seine Verletzung scheint wieder zu verheilen. Das Silber scheint ihn weniger zu vergiften als es sollte. //Scheiße das geht zu schnell selbst für einen gedopten Werwolf…// Gedanken die mein Unwohlsein fördern keimen in mir auf. Was musste das dumme Viech auch aus seinem Schlaf aufwachen während ich ihm Blut abnehme! //Moment die Berechnungen für das Betäubungsmittel wahren völlig korrekt. Also musste er schon vorher das Dopingmittel intus gehabt haben!// Innerhalb von Sekunden rattern mir sämtliche Gedanken durch den Kopf die ich auf keinen Fall vergessen durfte. Jeder einzelne war von Bedeutung für die Lösung meines Puzzles. „Unglaublich guter Plan. Vor allem so einfach umzusetzen.“ murmelt der zweite von links. Rechts sehe ich nur ein Kopfschütteln aus dem Augenwinkel. „Heilige Scheiße wenn wir das überleben…“ „Gibt’s einen aus?“ vollendet der Andere den Satz von Kappi. „Vielleicht…“ flüstert dieser.
In meinen kalten Augen spiegelt sich ein rennender Werwolf wieder. Das Feuer ist eröffnet.
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Sie sind unter uns
FanficJoa ich hab auf Instagramm damit angefangen. Ich übertrage meine Fanfiction jetzt einfach auch mal auf Wattpad :) Wenns euch gefällt dann zeigt es mir durch einen Stern. Für Vorschläge bin ich immer offen, also schreibt euch gern einen Kommentar. Ic...