Der Facharbeiter aus den Bergen

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Der Hügel, auf dem der Palast lag, war nicht hoch, aber der Weg war mit Dornenbüschen gesäumt und machte so viele Abzweigungen, dass es schwierig war, sich nicht zu verlaufen. »Alter, so weit kann der Weg doch nicht sein.«, meckerte Shlomo. Kasper tat sein bestes, um sich die Beine nicht an den Dornen aufzukratzen. »Shlomo, bilde ich mir das ein oder wird dieser Weg immer enger?« Shlomo stöhnte. »Mann Kasper, was bist du denn für eine Pussy?« »Nein Shlomo, ich meine es ernst. Ich kann keinen Schritt mehr tun, ohne mir die Beine aufkratzen.« »Oh, tun dem kleinen Kasper die Füße weh?«, machte Shlomo sich über seinen Begleiter lustig. »Muss ein Facharbeiter kommen um den kleinen Kasper zu verarzten?« Leider behielt Kasper recht und der Weg war irgendwann so eng, dass es unmöglich war, weiterzugehen. »Shlomo, kann es sein, dass wir uns verlaufen haben?«, fragte Kasper verunsichert. »Hm…« Shlomo reckte seinen kleinen Kopf in die Höhe und sah sich ratlos um. »Sieht nicht so aus, als ob es da vorne weitergeht.« »Scheiße Mann!« Kasper lachte verzweifelt und schüttelte den Kopf. »Shlomo, ich glaub wir haben’s verkackt.« »Ach komm, es muss doch einen Weg zum Schloss geben. Wahrscheinlich sind wir einfach nur falsch abgebogen.« Kasper kehrte also um und versuchte, einen anderen Weg zu gehen. Plötzlich wurden die zwei süßen Boys von einem Geräusch erschreckt, das irgendwo zwischen den Dornenbüschen herkam. Kasper hielt sich völlig still und hoffte, das Geräusch würde wieder vorbeiziehen. Leider erfüllten sich seine Hoffnungen nicht und er entdeckte bald, wo das Geräusch herkam, als ein Facharbeiter plötzlich den Weg der beiden Helden kreuzte. Er hatte braune Haut und schwarzes Haar. »In letzter Zeit machen sich immer mehr Einhörner auf den Weg zum Palast, doch die meisten scheitern an dem Dornenlabyrinth.«, erklärte er mit monotoner Stimme. »Aber was ist das denn auf deinen Rücken? So ein hässlicher Hund ist mir ja in meinem ganzen Leben noch nicht begegnet.« »Ach ja?«, entgegnete Shlomo streitlustig. »Ein Facharbeiter mit einem Schädel in Form eines Kastenbrots will mir erzählen, ich sei hässlich? Alles klar Kumpel.« »Ähm… Hi!« Kasper nickte dem Facharbeiter zu. »Wo kommst’n du her?« »Ich befinde mich auf einer Wanderung durch den Zauberwald. Es ist meine zweite Urlaubswoche und ich komme gerade aus meiner Heimat zurück, den linken Bergen. Mein Name ist übrigens Feroz.« »Hi Feroz.«, grüßte Kasper den Facharbeiter. »Ich bin Kasper und das hier ist mein Freund Shlomo.« »Hast du dich durch das Portal geschlichen?«, fragte Shlomo Feroz, worauf dieser zu lachen anfing. »So etwas niederträchtiges würde mir nie einfallen.«, behauptete er. »Ich arbeite schon seit Jahren im Zauberwald für den Obermufti. Eigentlich bewache ich den Eingang des Palastes, aber zurzeit bin ich im Urlaub.« Kasper lächelte und nickte zufrieden. »Feroz, du kannst uns doch sicher sagen, wie wir diesen Eingang finden?« »Wieso wollt ihr das denn wissen?«, fragte Feroz skeptisch. »Wir müssen die Ledersocken von Salomo Grimo wiederfinden.«, erklärte Kasper. »Ledersocken?« Feroz zog kurz die Augenbrauen zusammen, dann nahm er seinen Rucksack ab und kramte darin herum. »Ihr meint doch nicht etwa diese stinkenden Teile?« Er hielt ein Paar schwarz glänzender Socken aus Leder in die Höhe. »DU hattest also die Ledersocken!«, rief Shlomo empört. »Fuck, ich hab’s doch gewusst! In der Kriminalstatistik des Zauberwaldes sind Facharbeiter was Diebstahl angeht massiv überrepräsentiert, war ja klar, dass einer wie du die Socken geklaut hat.« »Die hab ich gefunden.« Feroz zuckte die Schultern. »Als ich aus den Bergen über die Grenze gekommen bin, lagen sie einfach so auf dem Weg. Ich wollte sie mit nach Hause nehmen und sie waschen. Die Ledersocken sind sicher bequem, aber sie riechen echt übel.« »Also hat Salomo die Socken doch im Wald verloren.«, folgerte Kasper. Shlomo begann zu lachen. »Was habt ihr denn für einen Vollidioten in eurem Schloss sitzen?«, fragte er kopfschüttelnd. Feroz stimmte in sein Lachen ein. »Salomo ist schon eine seltsame Gestalt.«, stimmte er Shlomo zu. »Es wird Zeit, dass er seine Ledersocken zurück bekommt.« Feroz übergab Shlomo also die stinkenden Socken. Shlomo strich vorsichtig über das schwarze Leder. Es fühlte sich warm und glatt an. »Shlomo!«, ermahnte Kasper ihn. »Weißt du nicht, dass die Ledersocken heilig sind? Du musst erst den Obermufti um Erlaubnis fragen, bevor du darüber streichen darfst.« »Oh fuck!« Shlomo nahm sofort die Pfoten von den Ledersocken. Dann führte der braune Facharbeiter Feroz die beiden zum Palast.

Shlomo und Kasper im ZauberwaldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt