Wie der Vater so der Sohn? | 6

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Doch während die beiden zu Sechzehnjährigen Mutierten in das Wohnzimmer gingen, setzte sich Jordan auf de Rosas Stuhl, der direkt gegenüber von Nashs Platz stand. Ein schiefes Grinsen lag auf ihren Lippen, aber sie tat nichts anderes, als ihn anzusehen.

„Ja, okay. Ich bin ein Idiot. Zufrieden?"

„Ziemlich, ja."

„Du hättest es mir sagen können", meinte er.

„Hättest du ihn dann anders behandelt?"

Er überlegte kurz. „Vermutlich schon."

„Genau das ist, was er nicht will. Ich kenne dich und ich bin mir ziemlich sicher, dass du damals auch nicht bemitleidet werden wolltest als du aus dem Irak zurückkamst."

Sie hatte recht. Das hatte er nicht gewollt. Das war das letzte, was er gewollt hatte. Nicht nur, weil es ihn immer daran erinnert hatte, was er hatte durchmachen müssen, sondern auch ein Stück weit wegen seines Stolzes. Deshalb war Jordan damals die einzige gewesen, die einen Zugang zu ihm gefunden hatte. Weil sie ihn nicht bemitleidet hatte.

Nash nickte schließlich und sie wollte aufstehen, doch er hielt sie zurück. Das, was Nolan vorhin zu ihm gesagt hatte, hatte sich in seinem Kopf festgesetzt und ließ ihn nicht mehr los. „Ist zwischen uns alles in Ordnung?"

Sie runzelte die Stirn. „Ja, sicher. Was sollte sein? Los, lass uns zu den anderen gehen." Dieses Mal ließ sie sich nicht zurückhalten und ging in das Wohnzimmer, wo Dean dabei war, die PlayStation an seinen Fernseher anzuschließen.

Vincent blieb noch einen Moment sitzen und fuhr sich über das Gesicht. Es war eine dumme Frage gewesen. Natürlich war zwischen ihnen nicht alles in Ordnung. Vor drei Jahren war er ohne eine Erklärung einfach gegangen und sie hatte es hingenommen. Und jetzt, wo sie wieder hier war, hatte er nicht einmal daran gedacht, wie es ihr dabei ging. Nur, weil man ihr es nicht ansah, wenn sie litt, hieß das noch lange nicht, dass sie das nicht tat. Sie zeigte es nur nicht.

Er seufzte und erhob sich ebenfalls. Selbst wenn er sie direkt darauf ansprach, würde sie das niemals zugeben. Deshalb beschloss er, den Mund zu halten. Um ihretwillen.

Als Nash ins Wohnzimmer kam, warf sein Partner ihm einen Controller zu. „Ernsthaft? Vier erwachsene Menschen spielen Call of Duty?"

„Für Videospiele ist man nie zu alt", war die Antwort.

Das ließ sich Vincent nicht zwei Mal sagen. „Na schön. Zweierteams?"

„Vince ist bei mir. Er war früher nicht für umsonst so schlecht in der Schule."

Es stimmte. Oft hatte er die halbe Nacht gezockt und war morgens hundemüde im Unterricht gesessen. Darunter hatten seine Noten nunmal gelitten. Darunter und unter seiner Faulheit. Er war eben ein ganz normaler Teenager gewesen.

Jordan hob eine Augenbraue. „Wirklich? Die Cops gegen die Gangster?" Dann grinste sie. „Das wird lustig."

Sowohl Nash als auch Nolan mussten sich eingestehen, dass sie Nicolo de Rosa meilenweit unterschätzt hatten. Anfangs hatten sie sich zurückgehalten, doch schnell hatten sie gemerkt, dass sie das nicht mussten und nach einer Weile vergaßen sie sogar beinahe, dass der Italiener blind war.

Er machte sich die Soundeffekte zu nutze. Das Geräusch der Schritte, die Schüsse, das Stöhnen der Spielcharakter. Außerdem kannte er alle Maps in und auswendig und wusste ganz genau, wo sich was befand und wo die besten Stellen waren, um sich zu platzieren oder Deckung zu suchen.

Beinahe machte er sogar Jordans Defizite weg, von der man merkte, dass sie keine Spielerin war. Sie stellte sich nicht schlecht an, das war aber auch schon alles. Gegen die jahrelange Erfahrung der Männer kam sie nicht an.

Criminal 3 - Verbrechen auf ItalienischWo Geschichten leben. Entdecke jetzt