Genau zur rechten Zeit hielten wir vor den Toren des Schlosses Oettingen an. Unsere Stute hatte nicht einmal angefangen zu schwitzen. Weite Strecken zu traben war sie gewohnt. Auf dem Hof vor dem Eingang war eine Menge los. Stallburschen rannten von links nach rechts, schirrten Pferde ab und banden sie an. Wir waren bei weitem nicht die einzigen, die heute Abend hier waren. Das Gebiet des Fürsten von Oettingen war groß und dementsprechend wollten viele Väter von äußeren Gebieten ihre Töchter in die Familie einheiraten.
Die Fackeln am Eingang leuchteten hell und durch die Fenster war zu erkennen, dass auch drinnen sämtliche Kronleuchter brannten. Im Inneren überfluteten mich die Eindrücke. In einer Ecke des großen Saals konnte ich eine kleine Gruppe an Musikanten erkennen, oder viel mehr hören, die ziemlich schiefe Tanzmusik von sich gab. Die Gerüchte, dass der Fürst von Oettingen einen sehr verschwenderischen Lebensstil habe, erwiesen sich jetzt als wahr, als ich bemerkte, dass auf Tischen an den Wänden ein riesiges Bankett aufgebaut war, von dem aber niemand etwas essen zu schien.
Anscheinend hatten aber nicht nur die Väter und Mütter einiger Mädchen die Gelegenheit erkannt, einen Partner für ihre Töchter zu finden, sondern auch die Eltern einiger Söhne. Die Vielfalt an Kleidern schien unendlich. Weite, Lange, Kleider deren Stoff noch Meter über den Boden schleifte, sogar ein tiefrotes Kleid konnte ich sehen. Aber vor allem waren die Trägerinnen dieser Kleider eines. Älter als ich. Und keine Wandler. Das vertraute Gefühl, dass ich bei meinen Schwestern und meinem Vater war nahm, fehlte hier bei den meisten.
Mein Vater schob mich nach vorne durch die Menge, zu einem anderen Mann, der neben einem, recht grimmig dreinschauenden, Jungen stand. Das war dann wohl der Fürst von Oettingen. Ich wusste, dass die Hochzeit zwischen einem seiner Söhne und mir so gut wie feststand. Der Sinn dieses Abends erschloss sich mir deshalb nicht so wirklich. Ebenso fragte ich mich, wo der zweite Sohn abgeblieben war. Als wir vor den beiden zum Stehen kamen fiel mir sofort der strenge Geruch auf, der von ihnen kam. Meinen Vater schien das nicht zu stören. Stattdessen begrüßte er den Fürst, der uns anschließend seinen Sohn vorstellte.
„Das hier ist Sebastian. Ihr kennt ihn ja schon." Damit war vermutlich ich gemeint. Nein, ich kannte ihn nicht wirklich. An das eine Mal, als ich ihn angeblich getroffen hatte, konnte ich mich eindeutig nicht mehr erinnern. Sebastian sagte gar nichts und starrte nur durch mich hindurch. Der Fürst wagte einen kurzen Rundumblick und fügte dann hinzu: „Wolf."
Na das erklärte einiges. Wolf und Katze. Toll arrangiert, Vater. Er schob mich noch ein Stück nach vorne, sodass ich neben Sebastian stand, der mich keines Blickes würdigte. Er selber stellte sich neben den Fürsten, der jetzt um Ruhe bat.
Sicher zehn Minuten, die in dem Saal mehr oder weniger Ruhe herrschte, redete er darüber, wie toll er es fand, dass heute alle hier wären und noch eine ganze Menge mehr, die ich gar nicht mehr wirklich mitbekam, weil ich im Stehen schon halb weg döste. Jetzt spürte ich doch Sebastians recht stechenden Blick in meiner Seite.
„Wie heißt du nochmal?", hörte ich ihn knurren.
„Ich kann mich nicht erinnern, euch das du angeboten zu haben.", zischte ich. Zurück bekam ich nur ein weiteres Knurren. Wenn er mich behandelte wie Dreck, dann konnte ich das ja wohl auch.
„... und deshalb, lasset uns froh sein und tanzen. Musik!", schloss der Fürst seine Rede. Die Kapelle setzte wieder zum Spiel an. Tanzen konnte ich tatsächlich ziemlich gut. Wir leisteten den Dörfern und Höfen bei ihren Erntefesten oft Gesellschaft, vor allem, um in einem guten Verhältnis mit ihnen zu bleiben. Aber natürlich hatte ich auch höfische Tänze lernen müssen und die Melodie zu genau so einem, noch dazu recht langsamen Tanz stimmte die Kapelle jetzt an. Schon nach wenigen Herzschlägen füllte sich die Tanzfläche.
Ich machte keine Anstalten mich dazuzugesellen. Eher würde ich an Ort und Stelle zu einer Salzsäule werden, als mit diesem Wolf zu tanzen. Erst der eiskalte Blick des Fürsts brachte mich dazu, meine Meinung doch zu ändern. Ohne ein Wort umschoss Sebastians Hand mein Handgelenk und er zog mich in die Mitte. Wie meine Mutter und Helene es mir beigebracht hatten griff ich ihn, wenn auch recht widerwillig, an beiden Händen. Während wir uns langsam im Kreis drehten, immer wieder die Richtung wechselten, unter den Armen des anderen durchliefen und versuchten, uns von niemand anderem über den Haufen tanzen zu lassen, fielen mir einige Dinge auf.
Seine Kenntnis für Figuren in diesem Tanz beschränkte sich auf die absoluten Grundlagen, im Anbetracht der Tatsache, dass er laut meinem Vater neunzehn war, war es sehr bemitleidenswert, dass sogar Klara und Ava mehr Figuren konnten. Zumindest sah er mir jetzt endlich in die Augen. Sie waren hellbraun und sahen mich nicht mehr ganz so feindselig an wie vorhin noch. Zwar auch nicht gerade freundlich, aber immerhin sah er mich überhaupt an. Der Sinn dieser Art des Tanzes bestand eigentlich darin, sich mit dem Gegenüber zu unterhalten, was an den, doch recht zahlreichen, Gesprächen um uns herum recht deutlich wurde. So überwand ich mich schließlich doch, etwas zu sagen.
„Aleidis. Aleidis von Katzenstein. Entschuldigt meine Unhöflichkeit vorhin."
Schon dieser kurze Satz schien ihn absolut aus dem Konzept zu bringen. Er kam aus dem Takt, und versuchte unbeholfen, seine Fassung wiederzugewinnen, während er, offensichtlich recht wütend, auf seiner Unterlippe kaute. Schnell schob ich ihn wieder an die richtige Stelle der Formation, sodass er nicht von einem anderen Mann überrannt wurde. Anscheinend war Tanzen nicht gerade seine Stärke. Nach einiger Zeit wurden seine Schritte sicherer und er schaffte es sogar, gleichzeitig zu sprechen.
„Von wem hast du gelernt zu tanzen?" Bei der Höflichkeit war bei ihm wohl alles verloren.
„Von meiner Mutter. Und ihr?"
„Von meinem Vater. Ich mag es nicht wirklich. Meinen kleinen Brüdern macht es Spaß. Warum auch immer." Jetzt hätte ich mich beinahe verstolpert.
„Sind sie auch Wölfe?" Wieder verlor er für einen kurzen Moment die Fassung.
„Nein. Johann ist ein Pferd. Und Konrad gar kein Wandler." Johann hieß der Mittlere also. Vielleicht war der ja netter als sein Bruder. Der markante Wolfsgeruch bereitete mir nämlich langsam Kopfschmerzen. Ich nickte langsam und stellte erleichtert fest, dass die letzten Takte des Liedes verklangen. Sobald die Instrumente still waren, wollte ich Sebastians Hände loslassen, doch der hielt sie noch einen Moment fest und sah mir in die Augen. Verwirrt befreite ich sie mit einem Ruck aus seinem Griff. Seine Augen wanderten langsam an mir auf und ab. Es herrschte eine unangenehme Stille.
[Was ich aus diesem Teil gelernt habe... hm. Einen Chara unsympatisch zu machen, vermutlich. Charas sind wichtig. Auf ihnen baut eine Geschichte auf. Wenn ich zurück auf eine meiner alten Geschichten, zum Beispiel die Black Forest, schaue, fällt mir schnell auf, wie flach die Charas eigentlich sind. Schwächen machen einen Chara liebenswert. Oft denkt man sich "Hm, wenn mein Chara zu viele Macken hat, dann mögen ihn die Leser nicht mehr.", aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn dein Chara Macken hat, dann hat er viel Raum sich zu entwickeln. Nutze das aus. Joa. Ansonsten hat mir das Stadtmauerfest recht gut geholfen was Kultur und Kleidung im Mittelalter angeht. Oder das Ritterfest auf Katzenstein selber.]
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Katzenstein || Woodwalkers Fanfiction
FanfictionVerheiratet werden mit einem der Fürstensöhne, die sie nicht ein mal kennt. In den Augen der Katzenwandlerin Aleidis absoluter Schwachsinn, aber bald merkt sie, dass sie sich weder ihrem strengen Vater, noch den Gesellschaftsnormen des späten Mittel...