Aenigma

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Unbekannt

Es ist ein kalter Februarmorgen, als zwei Personen durch die fast leeren Straßen Potchinok's eilen.

 Zügig schreitet eine Frau mittleren Alters durch die Gassen der russischen Kleinstadt. An ihrer Hand zieht sie ein kleines Kind, etwa drei Jahre alt, hinterher. Vor einem alten Gartentor bleiben sie stehen. Auf den Schild des etwas verrosteten Tores prangt in großen Buchstaben der Name „Iwanow".

„Hier muss es sein", denkt sich die gestresste Frau, bevor sie sich zum Kind wendet und auf die Hocke geht, um auf Augenhöhe mit ihm zu sein. Ihrem Gesicht kann man die Trauer und Verzweiflung aus meterweiter Entfernung ablesen.

In einer Sprache, die vorbeigehende Passanten wahrscheinlich nicht verstanden hätten, redet sie mit zitternder Stimme auf das Mädchen ein: Es tut mir leid, Kleines. Niemand hätte erwartet, dass es so weit kommt. Ich hoffe, du und deine Schwester versteht irgendwann, warum wir diese Entscheidung getroffen haben und verzeiht uns, sollten wir uns jemals wiedersehen." Die Stimme der Frau bricht zum Ende hin und sie schluchzt herzzerreißend auf. Tränen treten ihr in die Augen und sie braucht einen Moment, um sich zu sammeln, bevor sie weiterspricht: „Aber es ist zu deinem Schutz, weißt du. Sonst würden wir dich niemals weggeben. Verzeih Via. Ich liebe dich, deine Eltern lieben dich. Vergiss das bloß nicht."

Sie zieht eine Kette aus ihrer inneren Jackentasche. Der Sonnenaufgang spiegelt sich im prächtigen Rubin. Die Frau kann zum Sprechen keine Kraft mehr aufbringen und legt dem Mädchen wortlos, und dennoch von Entschlossenheit gepackt, das edle Schmuckstück um den Hals. Die Tränen erkämpfen sich endlich den Weg in die Freiheit und rennen über ihre Wangen, als sie dem Kind einen letzten sehnsüchtigen Kuss auf den Scheitel drückt. Zeitgleich zu ihrem Erheben erwacht die kleine Stadt zum Leben und hektisch nimmt sie das kleine Wesen an der Hand.  Nachdem sie das quietschende Gartentor öffnet, eilt sie den von Rosenbüschen umgebenen Weg entlang. Dem stolpernden Kind an ihrer Seite ist die Angst und Verwirrung ins Gesicht gemalt.

Warum weint ihre Nana und wo sind sie?

Die beiden müssen in ihrer Hast stoppen, da das weiße, von Dreck überzogene Kleid des Mädchens an den Dornen der überragenden Rosen hängengeblieben ist. Nervös sowie überstürzt versucht die Dame das Kleid zu entwirren, vergeblich. Also reißt sie verzweifelt das lästige Stück Soff aus dem Kleid und läuft weiter. Nun rennen dem konfusen Kind auch die Tränen über das verschmierte Gesicht.

An der smaragdgrünen Tür angekommen klingelt die Frau, streichelt dem Mädchen sachte über das feurige Haar und entfernt sich schließlich mit einem geflüsterten „Bis bald".

Eine kindliche, weinerliche Stimme erhellt die Straßen von Potchinok, die vergeblich nach „Nana" ruft. Ehe sich das Kind versieht, hat sich ihre Tante schon in Luft aufgelöst. Rechtzeitig, bevor das Kind auch nur versuchen kann ihr nachzurennen, öffnet sich die Tür des idyllischen, kleinen Hauses.

Zeit für mich zu gehen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 01, 2020 ⏰

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Ignis -PAUSIERT-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt