Kapitel 2 - Die Botschaft

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Kapitel 2

Comadreja war also mal wieder entwischt und hatte den Zorn des Gelehrten und des Königs auf sich gezogen. Mayra würde so etwas nicht wagen, könnte sich das auch gar nicht erlauben. Schließlich musste sie bald das Reich regieren, da konnte sie nicht wie eine Wilde durch die Wälder reiten. Stattdessen ging sie in ihrem Zimmer auf und ab und machte sich darüber Gedanken, dass ihr Freund Grinum sich gerade in einer Belagerung in Horiel befand. Sie hoffte, dass sie gelang, um das Leben des Freundes Willen.

Doch wie sie von dem Gelehrten Kohn erfahren hatte, wollte ihr Vater Goran nicht erobern, sondern nur als Ablenkung benutzen. Sie waren nur ein Lockvogel, damit Horiel sich darauf konzentrierte, diese Belagerung zurück zu schlagen. Der eigentliche Eroberungszug sollte sich aus dem Osten nähern, aus der Richtung ihres Verbündeten Fürsten des eisernen Raben.

Dieser Weg war zwar länger, doch wenn sie es geschickt anstellten, würde sie kaum jemand bemerken, bis sie sich vor dem Palast Horiels befanden. Mayra seufzte tief, als nun auch den Heiler über den Schlosshof reiten sah. Er schien Comadreja immer wieder zu diesen Aktionen anzustacheln - so kam es Mayra zumindest vor.

Sie verbrachten so viel Zeit miteinander, waren schon oft miteinander im Wald gesehen worden,  wo Gaius ihr alles über die Kräuterheilkunde beibrachte. Es war für Mayra ein Rätsel, warum Comadreja so wenig für die Ausbildung tat, die auch sie durchlaufen hatte, aber so viel für das Lernen von Kräutern. Das Heilen sollte eine Sache von Männern sein und auch bleiben, das war Mayras Ansicht. Ihr wurde immer übel, wenn sie Blut sah oder schrecklich ausgeartete Krankheiten und Verletzungen.

Sie war dafür gemacht dieses Land zu regieren, wirklich wichtige Dinge zu entscheiden und Autorität auszustrahlen, doch Comadreja zeigte leider keine solcher Eigenschaften. Stattdessen half sie Gaius dem Hofheiler oder streunte den ganzen Tag durch den Wald. Mayra schüttelte den Kopf. Sie konnte es nicht fassen, dass ihre Schwester so war, doch solange diese glücklich war, wollte sie ihr keine Vorwürfe machen. Schließlich war ihre Schwester noch jung, wenn auch nur ein Jahr jünger.

Sie, Mayra, hatte sich damals nicht so verhalten, doch lag das vielleicht auch daran, dass sie die Erstgeborene war und sich ihrer Pflicht durchaus bewusst. "Ihr seid ja schon angekleidet, Mylady!", begrüßte ihre Zofe Elisabeth die Prinzessin mit einem überraschten Ausruf. Anmutig drehte diese sich um und lächelte die mittelgroße Frau, welche ihre dunkelbraunen Haare unter einer weißen Haube verborgen hatte, sodass nur ihre grünen Augen aus ihrem Gesicht hervorleuchteten, zu.

"Ja, Elisabeth. Ich konnte nicht mehr schlafen", erklärte Mayra lächelnd und  sah noch einmal kurz aus dem Fenster. Mittlerweile war Gaius nicht mal mehr auf der Brücke zu sehen. "Soll ich den Hofheiler holen, damit er Euch untersucht?", bot ihre Zofe an, doch Mayra schüttelte den Kopf.

Immer noch lächelnd erwiderte sie: "Nein, Gaius ist soeben meiner kleinen Schwester gefolgt, welche mal wieder ausgeritten ist." Die grünen Augen der Zofe wanderten kurz zum Fenster, dann huschte der Blick des Verstehens durch ihnen hindurch. "Nun denn, dann lasst mich Euch zumindest noch frisieren!", entschied Elisabeth und führte ihre Herrin zur Kommode, an dem ein riesiger Spiegel angebracht war. Aus diesem lächelte ihr eigenes Spiegelbild Mayra entgegen, doch die Müdigkeit zeichnete sich deutlich in ihren hellblauen Augen ab.

Es gab in letzter Zeit wenig Nächte in denen sie gut schlief, doch sich von dem Heiler betäuben zu lassen, wollte sie nicht. Da litt sie lieber unter Schlafstörungen, als ihr Denkvermögen zu beschränken . Während sie sich in der Musterung ihres schmales Gesichtes mit den hohen Wangenknochen und dem spitzen Kinn verlor, flocht ihre Zofe ihre blonden, lockigen Haare und steckte sie hoch, ähnlich der Frisur, die sie eben noch bei ihrer Schwester gesehen hatte.

Comadreja - Die Kriegerin der SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt