Bibi und Tina -in jedem Sturm steckt ein neuer Anfang

Zeit zu zweit

Frau Martin schaut immer noch auf die Stelle, wo Graf Falkos Hand die ihre berührt. Als er auch noch anfängt mit seinem Daumen ihren Handrücken zu streicheln, beginnt alles in ihr zu kribbeln und sie blickt ihn an. "Susanne, was letztens nachts, als ich dich nach Hause gefahren habe, passiert ist, tut mir schrecklich leid." sagt der der Graf vorsichtig. Susanne Martin schließt  die Augen. Er bereut also tatsächlich, sie geküsst zu haben. "Versteh mich nicht falsch. Du bist eine unglaubliche Frau. Es tut mir nur leid, dass ich so ein Feigling war, und nach unserem Kuss abgehauen bin. Ich weiß, dass es falsch war, man lässt eine Frau wie dich nicht einfach stehen." sagt er. Frau Martin schaut ihm ungläubig ins Gesicht. Ihr Herz beginnt genau so zu rasen, wie ihre Gedanken. "Das heißt, du bist nicht abgehauen, weil du geglaubt hast, dass der Kuss ein Fehler war?" fragt sie unsicher nach. "Natürlich nicht, Susanne!" beteuert er und hält ihre Hand nun fest mit seinen beiden Händen umschlossen. Wie kam Susanne Martin nur auf so etwas? Welcher vernünftige Mann würde einen Kuss mit ihr als Fehler bezeichnen. Sie ist eine Traumfrau. Und noch dazu eine, die mit einem durch dick und dünn gehen würde und mit der man Pferde stehlen könnte. Natürlich nur im übertragenen Sinne.

Tina, Alex und Bibi sind im Stall mit allen Arbeiten fertig. Also beschließen sie Holger ein wenig mit den Ferienkindern zu helfen. Als die Drei am Reitplatz ankommen, beendet der blonde Reitlehrer gerade den Unterricht und geht mit den Kindern zum Putzplatz. Die nächsten zwanzig Minuten sind alle damit beschäftigt den Ponys die Sättel ab zu nehmen, ihnen die Hufe aus zu kratzen und ihr Fell zu striegeln. Anschließend machen sich alle auf den Weg zu einer leeren Koppel. Tina und Alex laufen vorne weg um den Kindern zu zeigen, wo es lang geht, während Holger und Bibi hinterher laufen um im Notfall helfen zu können, falls eines der Kinder mit seinem Pony Schwierigkeiten bekommt.

Der Graf schaut Susanne Martin tief in die Augen. Am liebsten würde er sie wieder küssen. Aber zuerst sollte er wohl mit ihr reden und ihr einiges erklären. "Ich habe unseren gemeinsamen Restaurantbesuch wirklich sehr genossen. Und als du dann in der Nacht so mit mir vor dem Hoftor gestanden und mich auf die Wange geküsst hast, bin ich einfach meinem Impuls gefolgt und habe dich geküsst. Ich habe in diesem Moment nicht darüber nachgedacht. Vorher habe ich mich oft gefragt, wie es wohl wäre, dich wieder zu küssen. Aber ich wollte dich und deine Freundschaft nicht verlieren, also habe ich nie den Mut aufgebracht dich zu küssen. Aber in diesem Moment hat es sich einfach so richtig anfühlt. Und dann hat sich mein Verstand wieder eingeschaltet und ich hatte Angst vor deiner Reaktion und bin übereilt abgehauen." berichtet Falko von Falkenstein ihr ehrlich.

Holger hilft Paul dabei sein Pony wieder auf den Weg zurück zu bekommen. Der verfressene Max ist neben dem Weg stehengeblieben und hat sich am saftigen grün zu schaffen gemacht. Holger gibt Max noch einen freundlichen klapps auf das Hinterteil bevor er sich zurückfallen lässt, bis er wieder neben Bibi geht. Er greift nach ihrer Hand und hält sie fest. "Ich hoffe wirklich, dass das mit Mutti und dem Grafen etwas wird." seufzt er. "Mutti hat nach meinem Vater nie einen anderen Mann gehabt. Ich meine, klar, zuerst hat sie getrauert, aber das alles ist ja jetzt schon so lange her." erzählt Holger seiner Freundin. "Was denkst du, warum hat sie sich keinen neuen Mann gesucht?" fragt Bibi interessiert nach. Holger wiegt nachdenklich den Kopf. "Zum einen hat sie nicht wirklich Männer kennengelernt. Da war immer der Hof und die viele Arbeit. Tina und ich haben zwar so gut es ging geholfen, aber ich bin ja damals auch noch zur Schule gegangen. Das war für Mutti viel Arbeit. Und das bisschen Freizeit, was sie hatte, hat sie immer mit uns verbracht. Aber ich glaube nicht, dass es nur am Mangel an Männern lag. Ich glaube sie hat sich im Laufe der Zeit wieder in den Grafen verliebt." vermutet Holger. "Ich würde mich auch für die Beiden freuen. Ich glaube dem Grafen tut eine Frau wie deine Mutter sehr gut. Du weißt schon, eine die kein Blatt vor den Mund nimmt und ihm auch Mal sagt, wenn er sich daneben benimmt.

Susanne Martin schaut Falko von Falkenstein überrascht an. Dann erhebt sie sich von ihrem Stuhl und zieht auch den Grafen auf die Beine. Nah stehen sie nun beieinander. So nah, das sie Graf Falkos Atem an ihrem Gesicht spüren kann. Sie beugt sich ein Stück vor und legt ihre Lippen sanft auf seine. Er schlingt seine Arme um sie und erwiedert den Kuss. Er ist positiv überrascht. Sie scheint ihm wirklich noch eine Chance zu geben, trotz allem was zwischen ihnen vorgefallen ist. Trotz der damaligen Trennung und der vielen Streitigkeiten die sie hatten, seit sie den Martinshof gepachtet hat. Er ist so glücklich, wie er selten in seinem Leben war. Nach ihrem Kuss legt sie ihr Kinn auf seine Schulter und er hält sie einfach nur fest an sich gedrückt. Lang genug hat es gedauert, aber jetzt stehen sie zusammen da und genießen die Nähe des jeweils Anderen.

Als die Kinder die Ponys auf die Weide gebracht haben setzen sich alle auf den Koppelzaun und beobachten die Tiere beim grasen.
Die Ferienkinder unterhalten sich angeregt über die Ponys und die letzte Reitstunde und interessieren sich nicht für das Gespräch, das die jungen Erwachsenen einige Meter entfernt führen. "Was meint ihr, können wir wieder zurück, oder brauchen die Beiden noch mehr Zeit alleine?" fragt Alexander und sieht die Anderen fragend an. "Ich denke, sie hatten jetzt genug Zeit alles zu klären." meint Tina. "Ja, wenn sie es bis jetzt nicht geschafft haben, dann wird das heute sowieso nichts mehr." stimmt Bibi ihrer Freundin zu. "Ich bin echt gespannt." sagt Tina kichernd. "Glaubt ihr, sie würden es gleich offiziell machen?" fragt Alex. Die anderen Drei zucken nur mit den Schultern. Das wird sich wohl sehr bald zeigen.