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Danach begegnete ich ihm lange Zeit nicht mehr. Auch nicht, nachdem er sich wenige Stunden nach unserem Gespräch von seiner Freundin getrennt hatte. Aber wir waren Nachbarn und so konnte ich ihm nicht ewig aus dem Weg gehen.

Und als ich ihm das nächste Mal begegnete, hatte ich Besuch von ihr, dem Mädchen, das mir von ihm und seiner Neuen erzählt hatte, und danach meine einzige und beste Freundin wurde. Wir saßen im Garten auf der gepolsterten Bank, dort, wo er und ich damals auch saßen, und tranken Tee, so wie er und ich damals auch Tee tranken. Und da kam er auf den Balkon getreten und zündete sich eine Zigarette an und während er mich noch nicht bemerkt hatte, versteifte sich mein ganzer Körper und ich konnte den Blick nicht abwenden, von seinem hübschen Gesicht, mit den hohen Wangenknochen, den dunklen Schatten unter beiden Augen und dem strubbeligen Haar. Sie bemerkte mein Verhalten, sie wollte mit mir rein gehen, doch ich konnte mich nicht rühren, und da fiel sein Blick auf uns und er verharrte in der Bewegung und unsere Blicke trafen sich.

Irgendwann nahm er die Zigarette aus dem Mund, bließ Rauch aus und nickte mir leicht zu und ich erwiderte die Geste und fasste einen Entschluss. Ich drängte sie zum Gehen, trotz Protestes ihrerseits. Ich verabschiedete sie an der Haustür und lief wieder in den Garten, befürchtend, dass er schon gegangen sei. Doch er stand immer noch an der gleichen Stelle, die Zigarette zwischen den Fingern, die Augen geschlossen und das Gesicht der Sonne zugewandt. Als er mich bemerkte jedoch, blickte er zu mir und wir starrten einander eine halbe Ewigkeit in die Augen, bevor ich ihn mit einer Kopfbewegung aufforderte, zu mir zu kommen.

Ich wollte reden.

ApocalypseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt