Die Prüfung

53 6 0
                                    

Nachdem ich ihn geputzt habe kramte ich in meiner Tüte die ich mitgebracht hatte und zog ein marineblaues Halfter heraus. "So mein Kleiner, das ist für dich." Ich legte es ihm schnell an und stellte fest, dass es ihm besser stand als ich es mir vorgestellt hatte. "Vielen Dank für die Vorstellung des kleinen Champagne. Als nächstes Begrüßen in der Bahn Julia mit Snowlands Hobbit." Jetzt war es soweit, alles würde von den nächsten Minuten abhängen. Die Spannung stieg und Adrenalin durchströmte meinen Körper. Ich atme noch einmal tief drück und dann ging es los. Ich betrat die sonst so vertraute Reithalle die mir nun vollkommen fremd vorkam. "Reiß dich zusammen!", tadelte ich mich selbst. Erst jetzt fiel mir auf, dass die Stangen neu gestrichen waren und generell erstrahlte die ohnehin schöne Halle in einem noch schönerem Licht. Ich betrat die Dreiecksbahn und gab Hobbit das Signal zum Stehenbleiben. Ich hatte einmal in einem Buch gelesen, dass Pferde so sensibel sind, dass sie anhand unserer Körpersprache unsere Gedanken lesen können. Das hatte wenige Tage zuvor bei Waltraud ausprobiert als ich mit ihr vom Boden aus arbeitete. Immer wenn sie hinter meinem Rücken verschwand blieb sie stehen oder wechselte vom Trab in den Schritt. Ich bemühte mich meine Energie aus der Bauchmitte heraus auf sie zu richten und dachte dabei "weiter,weiter,weiter,weiter" und tatsächlich lief sie im Trab weiter und wurde sogar ein wenig schneller. Genau das versuchte ich nun bei Hobbit. Ich merkte wie aufgeregt er und dachte innerlich "ganz ruhig mein Kleiner es ist alles gut, bleib einfach stehen" es funktionierte nicht sofort aber nach ein paar Wiederholungen merkte ich dass er etwas entspannter wurde. Nun begannen wir im Schritt auf der rechten Hand mit der ersten Runde. An manchen Tagen schoss er los sobald wir am ersten Blumentopf vorbei waren. "So ist's gut mein Kleiner, brav.", dachte ich und stellte erfreut fest, dass Hobbit am durchhängenden Führstrick an meiner Seite blieb. Der Richter nickte mir zu und gab mir das Zeichen zum Antraben. Auch hier versuchte ich ihn mit Hilfe meiner Körpersprache zu beruhigen als er die Augen kurz Aufriss und drohte los zu springen. Es funktionierte wieder. So trabte Hobbit schön locker neben mir hin und drehte Runde um Runde. Wieder nickte der Richter mir kurz zu. Ich lenkte Hobbit in die Mitte der Bahn und hielt ihn an. Der Richter erhob sich von seinem Stuhl und kam auf uns zu. Mit jedem Schritt des Richters wurde Hobbit nervöser, wieder riss er die Augen auf. Ich versuchte ihn wieder zu beruhigen doch diesmal glückte es nicht. Er drehte sich um sich selbst und fing dabei an zu buckeln. "Du kleiner Miniatur Snow" hörte ich Alex leise von der Bande aus schimpfen. "Ganz ruhig mein Kleiner, es ist alles gut. Whoa." Er hielt kurz inne und ich sah dass sich sein Blick beruhigte, er schnaubte kurz ab und blieb lammfromm stehen als wäre nichts gewesen. "Da hat der Kleine ja doch ganz schön Power.", bemerkte der Richter. Er lief ein paar Mal um Hobbit drumherum und betrachtete jedes Detail. Den Kleinen schien das mittlerweile gar nicht mehr zu interessieren. Lammfromm stand er mir gegenüber und wuselte mir über die Bluse, wie er es gern zur Begrüßung machte. Wieder nickte der Richter. "Vielen Dank an Julia und Snowlands Hobbit. Wir haben nun alle Hengstfohlen gesehen, werden uns nochmal kurz besprechen und dann die Platzierungen verkünden." Es folgte eine kurze Unterbrechen. Als ich mit Hobbit draußen ankam sah ich Alex. Erleichtert atme ich auf als ich ihren zufriedenen Blick sah. "Gut gemachte", sagte sie und kam mit einem Lächeln auf uns zu. "Ich denke eure Chancen stehen gut. Aber wir werden gleich mehr wissen." Sie drehte sich um und ging zurück und den Anderen. Nun sah ich eine kleine Frau mittleren Alters auf mich zukommen. "Gut sieht er aus.", sagte sie. "Ihr passt gut zueinander und es wäre ein Fehler gewesen Hobbit zu kaufen, hat er seinen Menschen doch schon längst selber gewählt." Verwirrt blickte ich ihr entgegen. "Sie sind Andrea oder? Die Interessentin die Hobbit kaufen wollte?" "Genau die bin ich. Aber es wäre falsch gewesen. Er sieht gut aus und ist auch schön gelaufen. Ich drück euch die Daumen, dass der Tag so ausgeht wie du es dir vorstellst." Betroffenes Schweigen kam auf. Verlegen nickte ich und bedankte mich kurz bei ihr und dann ertönte auch schon wieder die Stimme des Richters.

Unser WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt