4 - Post aus Seoul 💛

47 5 0
                                    

Hyunjin POV

„Bin ich froh, dass der Tag endlich vorbei ist", stöhnte Felix und streckte dabei die Arme nach oben. „Meine Knochen haben sich noch nie so alt und steif angefühlt." „Du sagst es. Aber das Krafttraining hat Spaß gemacht", stimmte ich zu. „Die Studienzeit war auch nicht schlecht. Und Daniel ist richtig nett. Findest du nicht auch?" Meine Stimmung rutschte schlagartig in den Keller. „Denkst du nicht, dass etwas an ihm komisch ist? Daniel ist nett, keine Fragen. Ich ..." Einen Moment hielt ich inne. „Ich mache mir nur Sorgen." Felix schien dies bereits gemerkt zu haben, also fragte er mich: „Worüber denn?" „Ich habe einfach Angst, dass alles wieder von vorne losgeht. Ja. Die Akademie ist der absolute Wahnsinn und ich fühle mich richtig wohl hier. Ich möchte nur nicht, dass du wieder so sehr leidest wie in der Highschool."
Es war schwer zu leugnen, dass ich Angst um Felix und unsere Beziehung hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dass hier etwas passieren könnte, war sehr groß, wenn man die Anzahl der Schüler betrachtete.
Doch meinem Freund schien es nichts so zu gehen. Er war die Fröhlichkeit in Person und schien richtig glücklich zu sein, endlich seinen Traum verwirklichen zu können.
„Warum machst du dir denn Sorgen? Schau. Wir haben unser Ziel doch erreicht. Es war doch immer dein Traum, an eine Tanzakademie zu gehen. Also solltest du dies hier auch genießen. Und ich bin ja bei dir", sprach Felix mir aufmunternd zu. Ich nahm einen tiefen Atemzug. „Du hast recht. Danke, Schatz." „Immer doch, mein Engel."
Tatsächlich ging es mir nach diesem kurzen Gespräch etwas besser. Sonst war ich immer derjenige, der Felix aufheitern musste.
Ich wollte gerade vom Bett aufstehen, um meine Tasche an die Tür zu hängen, als es von draußen klopfte. „Hi, Hyunjin. Ich bin es. Eithan." Ich freute mich ein wenig, dass er da war. Schnell führte ich meine Tätigkeit zu Ende und öffnete ihm die Tür. „Hey. Was führt dich zu mir?" Eithan trat herein. „Harry und ich wollten nach unserer Post gucken. Da ihr zwei neu seid, können wir euch mitnehmen. Was haltet ihr davon?" Felix und ich sahen uns an und nickten. „Cool. Dann kommt. Vielleicht hat Ms. Dawnstring ja auch schon Postfächer für euch beide hergerichtet." „Postfächer?", fragte Felix. „Ja. Jeder Student hier hat eins. Ich erkläre es euch gleich genauer."
Schulterzuckend folgten wir ihnen.

„Die Tür ist mir bei der Besichtigung gar nicht aufgefallen", murmelte ich und musterte den Eingang zum Postraum. Er war so unscheinbar, dass man denken könnte, man würde vor die Wand laufen. Harry öffnete die Tür. „Dieser Raum hat auch nichts mit unserem Studium zu tun. Hier werden alle Pakete und Briefe gesammelt und sortiert. Wir können den Raum jederzeit betreten, aber oft ist hier niemand." Die Akademie überraschte mich immer wieder aufs Neue. Wir schlenderten durch die Gänge und suchten nach den Fächern von Harry und Eithan. „Wie soll man bei so vielen Schülern den Überblick behalten?", fragte Felix und fuhr sich verzweifelt durch die Haare. In der Zeit, wo wir uns kannten, hat er seine Haarfarbe nur einmal von hellbraun zu blond geändert.
Harry streckte sich nach oben und griff nach einer gelben Kiste, wo sein Name draufstand. Darin waren zwei Päckchen und ein Brief. „Der Brief ist aber nicht für mich", murmelte Harry überrascht und nahm in heraus. „Der ist für euch beide. Bitteschön." Ich nahm dankend den Umschlag mit beiden Händen entgegen und öffnete ihn. Da fragte Eithan auf einmal: „Wieso nimmt du beide Hände?" „Ach so. In Korea gilt er als unhöflich, Dokumente mit der linken Hand entgegenzunehmen. Deswegen machen wir es mit beiden", antwortete Felix. Eithan nickte. „So ist das also."
Ich riss den Umschlag des Briefes auf und nahm den Inhalt heraus. „Der Brief ist von Jennie und Jisoo", murmelte ich. Felix blickte mit großen Augen über meine Schulter. „Echt jetzt? Mach ihn schon auf. Ich will wissen, was sie so schreiben." „Doch nicht hier. Lass uns auf unser Zimmer gehen. Dort sind wir ungestört."
Wir verließen das Postbüro und gingen in Richtung Jungeninternat. Dabei lief uns Daniel über den Weg, mit einem Mädchen an seiner Seite. „Hey, Daniel.", begrüßte Felix ihn. „Ist das deine Freundin?" „Ja. Das ist Jihyo. Ich habe euch ja von ihr erzählt." Das Mädchen strich dich die Haare hinter ihr linkes Ohr. „Hi. Schön, euch kennenzulernen." „Die Freude ist ganz meinerseits, Jihyo. Wie lange bist du schon an der Rhythm Coast Academy?", erkundigte ich mich. „Drei Jahre. Daniel und ich werden gemeinsam unseren Abschluss machen. Wie war dein Name noch einmal?" Ich war so aufgeregt, dass ich glatt vergessen habe, mich vorzustellen. „Ich bin Hyunjin. Das ist mein Freund Felix." „Freut mich sehr. Ihr beide seid doch heute Abend bei der Feier dabei, oder?" „Natürlich sind wir das. Danke nochmal, dass ihr uns eingeladen habt, Daniel." Der Junge lächelte nur. „Dank mir nicht dafür. Es wird eine gute Gelegenheit sein, uns alle etwas näher kennenzulernen." Es fühlte sich schön an, sich si gut mit Mitschülern zu verstehen."
Daniel und Jihyo verabschiedeten sich und gingen ihren Weg. So, wie ich ihn jetzt erlebt habe, passte Harrys und Eithans Aussage nicht zu Daniel. „Irgendwie verstehe ich noch immer nicht, warum ihr ihn so hasst. Daniel tut uns doch gar nichts." Eithans Miene verfinsterte sich. „Noch nicht. Jeder von uns hat gesehen, wie gut ihr beide beim Vortanzen wart. Daniel will mindestens einen von euch in seinem Team haben. Er ist skrupellos, wenn es um das Erreichen seiner Ziele geht." „Er scheint ehrgeizig zu sein", seufzte Felix. Ich wusste genau, was damit gemeint war. Changbin und Jisung waren damals genauso, als sie uns noch fertig gemacht haben. Was jetzt wohl mit ihnen geschehen ist?

Schließlich waren wir auf dem Zimmer von Eithan und unterhielten uns über typische Jungs-Themen. Hobbys, Interessen und noch mehr solchen Kram.
„Also, wie lange seid ihr beide jetzt schon zusammen?", nuschelte Harry und schob sich eine Handvoll Gummibärchen in den Mund. Ich griff in die Weingummitüte und sortierte die Süßigkeiten nach Farben. „Seit ungefähr zweieinhalb Jahren. Ist eine ziemlich lange und nicht ganz so schöne Liebesgeschichte." Ich rechnete damit, dass es die Jungs nicht interessieren würde, doch dem war nicht so. Felix legte seinen Kopf auf meine Schulter. Scheinbar traute er sich nicht. Immer noch der schüchterne Junge von damals. „Na los. Wir wollen alles hören.", drängte Eithan. Ich seufzte und fing an zu erzählen: „Nun, Felix und ich kennen uns eigentlich schon viel länger. Wir waren beste Freunde. Felix war zu dem Zeitpunkt erst seit Kurzem in Seoul und er brauchte Anschluss." „Also seid ihr beide gar nicht gebürtig aus Seoul?" „Hyunjin ist in Seoul geboren", antwortete Felix. „Ich komme gebürtig aus Sydney und bin froh, wieder hier zu sein." Eithans Augen leuchteten wie Feuerwerkskörper, die geradewegs in den Himmel schossen und in unzähligen Farben explodierten.
Es verging eine halbe Stunde, bis ich realisierte, dass ich Jennies Brief noch gar nicht geöffnet hatte. „Felix. Wir haben doch noch den Brief von Jennie. Willst du nicht wissen, was sie schreibt?", murmelte ich und zog das Kuvert von seinem Schoß. Harry und Eithan rückten näher heran. Jetzt mach schon auf. Wir sind neugierig."
Ich zog meinen Zimmerschlüssel aus der Hosentasche und schnitt die Brieflasche unsauber auf. Es war nur ein Blatt Papier darin. Ich faltete es auseinander. Jennie hat sich wohl viel Mühe gemacht, uns etwas per Brief mitzuteilen. Ich las laut vor:

Hallo, Felix. Hallo, Hyunjin.

Wie geht es euch beiden? Ich hoffe, ihr seid gut an der Akademie angekommen. Mir geht es auch gut. Jisoo ist richtig aufgeregt und spricht fast täglich von euch.

Doch das ist nicht der Grund, wieso ich euch schreibe. Ich habe mich über eure Akademie schlau gemacht und etwas Interessantes herausgefunden.

Es gibt einen Schüler namens Kang Daniel, welcher dafür bekannt ist, die besten Noten zu bekommen. Doch er soll nicht mit fairen Mitteln die Wettkämpfe gewonnen haben.

Er ist ein Cheater. Und deswegen sag ich euch: Passt auf euch auf und seid bei diesem Daniel vorsichtig.

Ich wünsche euch alles Gute.

Jennie."

Ich musste den Brief dreimal lesen, um Jennies Warnungzu realisieren. Auch Felix konnte es kaum fassen. „Ist das wahr, Eithan?",fragte ich. Der junge Student nickte. „Daniel lag es noch nie an Fairness,außer gegenüber seiner Perle. Er hat auch schon einmal in Geschichte bei einemTest gespickt und wurde nicht erwischt. Könnt ihr euch das vorstellen?" Ich warschockiert. Daniel war eine falsche Schlange und wir wären beinahe auf ihnhereingefallen. Nun gut. Doch immerhin wussten wir jetzt, dass wir vorsichtigsein mussten.
„Aber wer ist Jennie?", fragte Harry neugierig. Felix antwortete: „Jennie isteine sehr gute Freundin von uns und die Tochter unseres ehemaligenSchulpsychologen." Er zog sein Handy heraus und zeigte Harry ein Selfie vonJennie, Jisoo, Felix und mir. „Die Brünette unten rechts ist Jennie und diedaneben ist ihre feste Freundin Jisoo." „Okay. Aber ihr habt nicht vieleFreunde, oder?" Ich schüttelte den Kopf. „Doch das ist in Ordnung.", kam mirFelix zur Hilfe. „Wir haben uns und wir sind zusammen glücklich." Es fühltesich gut an, so offen über unsere Beziehung sprechen zu können.
Da klingelte auf einmal Harrys Handy. „Ich habe eine Nachricht von Courtney.Sie will uns beide sprechen, Eithan." „Worum geht es?" „Um eine kleine Feier,die heute Abend stattfindet. Wir treffen uns um sieben im Schulgarten. Ihrbeide kommt doch auch, oder?" Ich legte ein Schmunzeln auf und antwortete: „Ja.Ehrlich gesagt hat Daniel uns eingeladen. Er wollte uns seine Freundinvorstellen." Eithan verzog das Gesicht. „Seine Perle ist ungefähr genausoschlimm. Zickig, manipulativ und verdammt ehrgeizig." Die ganze Sache um Danielwurde von Minute zu Minute sonderbarer. Als hätten wir es bald mit einem neuenGegner zu tun.
Harry zog die Schultern hoch. „Nun. Eine Einladung sollte man nicht ablehnen.Und außerdem wird es auf dieser Feier auch Früchtepunsch und Pancakes geben.Also seid anwesend." Ich lachte. „Natürlich werden wir da sein."
Felix sah aber nicht sonderlich begeistert aus. Er machte sich Sorgen. Daskonnte ich auch nachvollziehen. Wir mussten auf der Hut sein und DanielsVerhalten im Auge behalten.

Breaking Point ♡ HyunLixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt