Spiel mit dem Feuer

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Noah und ich amüsierten uns prächtig, während er mir sogar noch ein paar Cocktails ausgab. Ich fühlte mich wunderbar warm und leicht, was wahrscheinlich an meinem angetrunkenen Gemüt lag. Mir war durchaus bewusst, dass wir inzwischen eine gewisse Grenze in einer Freundschaft überschritten, die möglicherweise nicht mehr hingebogen werden konnte. Doch in diesem Moment war es mir egal, dass er mit mir flirtete – mir gefiel es. Ich fühlte mich plötzlich irgendwie begehrenswert, dass sogar Noah Peter auf mich aufmerksam war. Und zudem sah er einfach gut aus; ich konnte schließlich nicht immer widerstehen.
Girl! Lass uns noch in die Wohnung!" rief Marylin über die Tische hinweg, sodass ich heftig kichern musste. Noah beobachtete mich nur grinsend. „Was willst du da!" versuchte ich etwas leiser zurück zu rufen, doch anscheinend klappte es nicht so gut. Ein paar andere Gäste der Bar schauten verwundert zu uns rüber, da wir quer durch den Raum kommunizierten. Noah stand lachend auf und schnappte sich meine Hand, um mich hochzuziehen. „Lass uns wieder rübergehen."
„Warte! Mein Getränk." murmelte ich, als ich mir schnell mein Glas schnappte und zu den Turteltauben schlenderte – der Boden war irgendwie schiefer als sonst. „Was willst du bei uns?" fragte ich, als ich mich wieder an den anderen Tisch setzte. „Lass uns einen Film schauen. Pete hat auch Lust." meinte meine beste Freundin, während sie vor Aufregung grinste. Ohne groß nachzudenken zuckte ich mit den Schultern und willigte ein. Die Idee klang witzig und ich war eh noch viel zu aufgedreht, um jetzt schlafen zu gehen. „Gute Idee. Noah, kommst du mit?" wandte ich mich an ihn, woraufhin er ziemlich erfreut wirkte. „Klar."
Nachdem wir unsere Getränke leer gemacht und bezahlt hatten, verließen wir schwankend die Bar. Ich war sehr froh, dass wir es nicht so weit hatten. Mary und Pete liefen vor und stützten sich beim Gehen, was uns alle ziemlich zum Lachen brachte. Als ich nicht aufpasste, kam mir der Boden plötzlich gefährlich nah, doch Noah fing mich auf. „Du bist so betrunken." lachte er, was mich auch zum Kichern brachte. „Gar nicht." Er legte einen Arm um meine Schultern und führte mich bis zur Haustür. Mein Kopf reichte gerade mal so bis zu seinen Schultern, sodass ich mich ziemlich klein fühlte. Dennoch war ich ihm nah und konnte seinen typischen Duft wahrnehmen. Hm, er riecht sooo gut. Ich riss mich zusammen, ihn nicht an den Hals zu springen.
Als wir es endlich geschafft hatten, die Treppen nach oben zur Wohnung zu erklimmen, schmissen wir unsere Sachen ab und schalteten den Fernseher ein. Mary organisierte Mikrowellen-Popcorn und ich schob den Tisch zur Seite, um auf den Boden eine weiche Decke auszulegen und zwei Kissen zu verteilen. Pete ergatterte sich den Platz mit Mary, sodass diese kuschelnd zusammenlagen, als ein Film reingeschmissen wurde. „Ein Horrorfilm?" fragte ich ängstlich und schaute alle mit großen Augen an. „Ich kann die nicht leiden."
Noah setzte sich zu mir auf die Couch und legte seinen Arm auf die Rückenlehne ab. „Du brauchst doch keine Angst zu haben." Sehr hilfreich, Sherlock. „Hm." machte ich nur, als der Film auch schon losging und ich mir eine weitere Decke als Schutzbarriere überzog. Während des Films bin ich automatisch immer weiter in seine Arme gerutscht, bis ich mich komplett an Noah anlehnte und er sogar etwas von der Decke abbekam. Im Laufe des Films musste ich mir leider bei mehreren Szenen die Decke vor das Gesicht halten, um nicht komplett traumatisiert zu werden oder gar Albträume zu bekommen. Ich spürte, wie Noah seinen Arm von der Lehne nahm und mich näher an sich heranzog; er streichelte zart an meiner Hüfte entlang, was wohl beruhigend sein sollte. Das Gegenteil war der Fall, doch ich wollte mich nicht beschweren.
Ich zuckte heftig zusammen, als ein weiterer Jump-Scare passierte und ich endgültig die Schnauze voll hatte von dem Film. Sein leises, raues Lachen ließ mich zu ihm hochstarren. „Das ist nicht witzig." murmelte ich, musste aber selber schmunzeln. Ich war froh, dass wir uns wieder vertragen hatten.
Mary und Pete lagen mittlerweile schon halb aufeinander, als diese kurz den Kopf in meine Richtung hob und wissend grinste. Ich wusste schon, was dieser Blick sollte. Ich schnappte mir ein Kissen von der Couch und warf es nach ihr. „Klappe!"
„Was habe ich denn gesagt?" lachte sie und streckte mir die Zunge heraus. Zufrieden über meine Wurffähigkeiten lehne ich mich wieder an diesen gemütlichen Oberkörper und kuschelte mich etwas an. Über die Konsequenzen konnte ich mir morgen noch Gedanken machen.
„Was hat sie getan?" fragte Noah interessiert, doch ich zuckte nur mit den Schultern. „Du willst es mir nicht sagen?" Kopfschüttelnd entkam mir ein herzhaftes Gähnen. Inzwischen wurden meine Lider langsam schwer und ich bemerkte die heranrasende Müdigkeit. „Na schön. Schlaf gut, Prinzessin." hörte ich ihn noch sagen, bevor ich die Augen schloss und kurz etwas auf meinem Scheitel spürte. Hatte er mir gerade einen Kuss gegeben?

Mein Kopf schien zu explodieren, als ich am nächsten Tag erwachte. Stöhnend drehte ich mich um und versuchte kläglich, meine Augen an das grelle Licht im Zimmer zu gewöhnen. Wie spät ist es? Und wie kam ich gestern noch in mein Bett? Ich konnte mich nur noch daran erinnern, wie wir uns hier noch einen Film angesehen hatten. Pete und Mary lagen auf dem Boden, während Noah und ich...Gott, wie peinlich. Ein weiteres Stöhnen konnte ich mir vor Scham nicht verkneifen, als ich mich von Bett aufrappelte und fast auf einen schlafenden Noah trat. Ich unterdrückte ein überraschtes Quicken und betrachtete ihn. Selbst im Schlaf sah er gut aus – seine dunklen Haare standen zwar auf allen Seiten ab, luden jedoch geradezu dazu ein, einmal mit der Hand durchzufahren. Ein leises Schnarchen ertönte, was sich jedoch noch im angenehmen Bereich befand. Ich schmunzelte kurz, bis mir auffiel was ich hier gerade tat.
Zu schnell stand ich auf und ein kurzes Schwindelgefühl packte mich. Ich brauche dringend Aspirin, sonst sterbe ich. So leise wie möglich ging ich aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter mir, um ihn nicht zu wecken. Was zur Hölle machte er eigentlich in meinem Zimmer?
Ich schnappte mir eine Tablette aus dem Badezimmerschränkchen und kippte diese mit zwei Bechern Wasser herunter. Das tat schon mal gut. Nächster Punkt bei einem Kater: Frühstück und Kaffee. Ich wollte meinen strukturierten Plan weiterverfolgen, als ich Pete und Mary schon in der Küche entdeckte. Beide grinsten mich verschwörerisch an, als ich wie ein Zombie durch die Tür schritt. Morgens war wohl niemand ein Hingucker, doch nach einer heftigen Nacht erst recht nicht. Während Mary mir einen Teller mit einem Brötchen hinstellte, goss mir Pete eine Tasse mit Kaffee ein und stellte mir die Milchtüte dazu. „Danke." sagte ich, als ich den ersten Schluck des warmen Getränks nahm und aufseufzte. „Also..." begann Mary, unterbrach sich aber selber und wartete offensichtlich auf eine Weiterführung von mir. „Also was?" frage ich, während ich mein Brötchen aufschnitt und mit Butter beschmierte. Zehnmal besser als Margarine. „Was ist gestern noch so gelaufen? Du weißt schon, mit Noah." stupste sie mich in die richtige Richtung, sodass ich mit dem Messer anklagend auf beide zeigte. „Viel mehr würde mich interessieren, was Noah in meinem Zimmer verloren hat. Warum schläft er auf dem Boden? Wir haben eine Couch."
Bevor sie antworten konnten, hörte ich eine verschlafende Männerstimmte im Hintergrund. „Weil du gestern nicht genug von mir kriegen konntest, Prinzessin." Peinlich berührt starrte ich Mary nur unauffällig böse an, welche unschuldig grinste und sich zu Pete stellte. Er legte schützend einen Arm um ihre Hüfte und küsste sie. „Ihr habt euch anscheinend vertragen." ignorierte ich Noahs Aussage und war froh über die Ablenkung. Noah tat es Pete gleich und zog mich an der Hüfte zu sich ran, sodass ich erschrocken einatmete und ihn böse anfunkelte. „Lass mich los!"
Dies tat er zwar, seufzte aber theatralisch auf. „Und da ist sie wieder." sagte er. „Gestern hätte dir das gefallen." Leicht schmollend goss er sich ebenfalls eine Tasse Kaffee ein, während ich mal wieder mit meiner Scham zu kämpfen hatte. Warum hatte ich auch so viel getrunken, dass ich bei Noahs Flirt eingestiegen bin?
„Ich muss gleich los nach Hause, später habe ich wieder Schicht im Pub. Lust, mich zu besuchen?" fragte Pete, sodass Mary natürlich nur freudig lächelte und sich an ihn lehnte. „Em?"
„Nein, danke. Ich will heute noch ein wenig lernen und ansonsten eine Couch-Potato sein."
„Na schön." gab sich meine beste Freundin einverstanden. Ein Abend allein tat den beiden wohl auch ganz gut, ganz ohne ‚emotionale Unterstützung'. Davon hätte ich gestern jemanden gebraucht.

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