Seine Hände zitterten. Er konnte jedoch nicht beurteilen, ob es an der Kälte lag, die ihm im Moment in die Knochen kroch, oder an etwas anderem. Aber darum konnte er sich im Moment auch nicht wirklich kümmern. Die Schulglocke klingelte, und er musste los. Dabei hatte er sich gerade erst hingesetzt, das erste Mal an diesem Tag. Doch nun war es Zeit für eine Schulstunde am Nachmittag, die er in der 1-A abhalten musste. Schnell kippte er den letzten Rest eines Energiedrinks in seine Kehle.
Schon als er sich viel zu schnell erhob, hatte er das Gefühl, plötzlich ein Karussell betreten zu haben das ihm den Boden unter den Füßen rauben wollte. Da ihm allerdings die Zeit dazu fehlte, ein wenig inne zu halten, bis die Welt aufhörte sich um ihn herum zu drehen, eilte er los zur Tür. Er durfte nicht schon wieder zu spät kommen. Dabei war er das längst. Wie schafften andere Kollegen es bloß, mit der Schulglocke im Klassenzimmer zu stehen oder schon lange davor? Es war ihm schleierhaft.
Erst als er seine Spiegelung in dem Fenster der Klassenzimmertür erblickte, erinnerte er sich selbst daran, dass er ein Lächeln aufsetzen musste. Zig Mal erprobt wanderten seine Mundwinkel nach oben, ehe er die Tür aufschob und sein bestes gab, um energisch wie immer aufzutreten. „Hello everybody! Are you ready, listeners?", verkündete er laut und posierte, als ob er ein Mikrophon vor sein Gesicht halten würde. Während die Schüler seinen Gruß erwiderten, schritt er weiter zum Lehrerpult. „Heute werden wir uns weiter der Grammatik widmen!", erklärte er und streckte seinen Daumen hoch, ehe er sich der Tafel zuwandte und nach der Kreide griff, um damit auf zu schreiben, was das Thema der heutigen Stunde war.
Ein entsetztes Raunen ging durch die Klasse, was ihn nur noch breiter grinsen ließ. Schwungvoll wandte er sich um, nahm das Buch vom Tisch und schlug es auf, um daraus vorzulesen. Auch wenn es ein dicker Schmöker war, den er ansonsten immer mit Leichtigkeit hochhob, fühlte er sich heute zentnerschwer an. Vielleicht erlaubte sich ja auch einer der Schüler einen Scherz und hatte es ausgetauscht. Es könnte vielerlei Gründe dafür geben, über die er allerdings nicht nachdenken konnte. Die viel zu schwungvolle Bewegung hatte das Schwindelgefühl von vorhin wieder zurückgebracht, von dem er dachte, dass er es durch seine hastigen Schritte zum Klassenraum abgeschüttelt hätte. Diesmal schaffte er es jedoch nicht, es zu ignorieren, oder ihm zu entkommen. Das viel zu schwere Buch zog ihn nach unten, und ihm wurde kurz schwarz vor Augen. Dass seine Schüler allesamt geschockt aufsprangen, um auf ihn zuzueilen und aufzufangen, bekam er gar nicht mehr mit, da die Dunkelheit ihn sofort umhüllte.
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„Wo ist er?" Die Stimme des Schwarzhaarigen war nur ein leises Flüstern. „Er ist noch bewusstlos. Sein Kreislauf ist ziemlich im Keller, weswegen ich ihm einen Tropf angehängt habe. Mal sehen, wie viel das hilft ...", erklärte eine müde klingende Frauenstimme.
Shota seufzte, bedankte sich kurz bei Recovery Girl und trat an das Bett seines Freundes heran. Auch ohne medizinische Ausbildung konnte er allein von einem Blick sagen, dass es Hizashi nicht gut ging. Seine Wangen waren eingefallen und die Haut blass wie das Bettlaken, auf dem er lag. Wenn er es nicht besser wüsste, könnte man meinen, er hätte längst sein Leben ausgehaucht. Doch nur am kaum merklichen Heben und Senken des Brustkorbs konnte man gegenteiliges erkennen. Zum Glück.
Leise zog der Dunkelhaarige einen Stuhl heran, auf dem die Lederjacke des Voiceheros abgelegt worden war. Die anderen Bestandteile dessen Heldenkostüms lagen ebenso darauf, weswegen Shota sie erst einmal beiseitelegen musste, bevor er Platz nehmen konnte. Dabei stellte er erneut fest, wie schwer der Lautsprecher, den Hizashi um den Hals trug, eigentlich war. Allein um dieses Gewicht tagtäglich zu tragen, brauchte es eine Menge Energie. Etwas, das der Blonde im Moment anscheinend nicht hatte.
Es war wohl schon länger als drei oder mehr Wochen her, als Shota ihn das letzte Mal wirklich gesehen hatte. Damals schien noch alles irgendwie in Ordnung gewesen zu sein. Yamada hatte aufgeweckt wie immer gewirkt, hatte Zeit gehabt, um seinem Freund auf den Geist zu gehen. Aizawa hatte es zuerst gar nicht richtig bemerkt, dass die Momente, in denen Hizashi neben ihm gewesen war, weniger geworden waren, weil er selbst viel um die Ohren hatte. Er verfluchte sich selbst dafür, dass er nicht früher bemerkt hatte, dass es dem Blonden nicht gut ging. Dass er dazu gar keine Gelegenheit haben konnte, blendete er aus.
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Workaholic Mic
Fanfiction[Boku No Hero Academia | OS | Erasermic ] Neben unzähligen Jobs bleibt nicht nur Freizeit auf der Strecke ...