Brückengespräch

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Überrumpelt. Fehl am Platz.
Überrumpelt und fehl am Platz, ja, das waren die Worte, die aktuell am treffendsten die Stimmungslage von Gene beschrieben.

»Du kannst doch nicht einfach...«
»Du kannst doch nicht einfach...« hatte er entgeistert zu Judith gesagt, als diese ohne Vorwarnung das Schott öffnete, welches direkt zur Brücke führte und zwar unmittelbar, denn der Raum namens Brücke befand sich direkt hinter diesem Schott.
Weiter hatte er den Satz nicht formulieren können, denn da war Judith schon dabei die Brücke zu stürmen, während Twinkle ihn unbekümmert und unter ständiger Begleitung dieses rasselnden Kicherns - welches so typisch für das SyC war - durch den Eingang schob. Und bevor Gene sich seiner Lage gewahr werden konnte, hatte sich auch schon das Schott so schnell hinter Twinkle und ihm geschlossen, wie es zuvor von Judith spontan geöffnet worden war. Sozusagen mit dem Rücken zur Wand - mit einem kichernden SyC hinter ihm - stand Gene nun da und fühlte die verdutzten Blicke der wenngleich nur kleinen Brückenmannschaft.

In der Mitte des Raumes saß ein weißhaariger Mann mit einer altmodischen Kapitänsmütze auf dem Haupt. Wegen seiner wettergegerbten Haut, war er altersmäßig schlecht einzuschätzen, aber nach Judiths Offenbarung auf dem Hinflug spielte das Alter ja nun wirklich keine Rolle mehr.
Vor dem Kapitän saß ein deutlich jünger aussehender Mann, mit asiatischen Gesichtszügen, der die Eindringlinge mittels eines strengen Blickes gemustert hatte und nun wieder seinen Blick auf die Monitore und Anzeigen vor ihm richtete.

»Kann sie doch.« brummte es durch den an sich stillen Raum. Einzig und allein das leise monotone Summen des Schiffsantriebs und der Lüftungsanlage war zu hören, unterbrochen von Twinkles leisem Getapse und Judiths nervösen Scharren mit dem rechten Stiefelabsatz auf dem Boden.

Unverständnis machte sich auf Genes Gesicht breit, während der Weißhaarige von seinem Stuhl aufstand und sich ihm näherte.

»Wie meinen?« druckste Gene, als er Auge in Auge mit dem Kapitän da stand. Er spürte genau, wie sich seine gesamte Kleidung enger an seinen Körper anschmiegte, so wie sie es immer tat, wenn die Namiten - die sich sowohl in seinem Körper, als auch in seiner Kleidung befanden - einen bevorstehenden Angriff vermuteten.

Mit einem deutlichen russischen Akzent bekam er die Antwort: »Du wolltest doch Judith sagen, dass sie nicht einfach die Brücke betreten könne.«

»Äh...ja.« erwiderte Gene mit einem angedeuteten Nicken.

Sein Gegenüber erhob die Arme und zeigte damit im Raum umher: »Wie du siehst, kann sie doch. Judith stürmt in mein kleines Reich, wann immer sie es für notwendig hält.« ein breites Grinsen umspielte sein Gesicht, während er diese Worte aussprach.

Gene blinzelte ein paar Mal und wusste nicht so recht, wie er mit der Situation klar kommen sollte, derweil seine Kleidung ihn weiter einschnürte.

»Doch wo sind meine Manieren?« brummte sein Gegenüber und ergriff Genes rechte behandschuhte Hand und drückte fest zu. »Kapitän Wasili Sokolow, schön dich endlich kennen zu lernen, mein Junge.«

Judith stand mit verschränkten Armen neben den beiden und gab nur ein grinsendes »Aye!« von sich, während Twinkle sich zu dem anderen Brückenmitglied begab. Das SyC sprang mit einem beherzten Satz auf dessen Steuerpult und ließ sich auf der linken Seite nieder. Der Asiate verdrehte die Augen, ließ sich aber sonst nichts anmerken.

Jetzt erst schaute sich Gene im Raum um und erblickte mehrere Sitzmöglichkeiten und ein paar Wandarbeitsplätze.

»Sie steuern das Schiff manuell?« fragte er mit einem ungläubigen Blick.

»Aye,« entgegnete Sokolow, »meistens jedenfalls. Wir können auch alles jederzeit aus der Netzwerksphäre heraus direkt kontrollieren, aber uns gefällt es so besser.«

Die Cydonia KatakombenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt