Vergessen

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Wärend unsere Abenteurer schlafen, findet ein Barde, ein Reisender, Geschichten erzählender Sänger seinen Weg nach Treeville und singt auf dem Marktplatz von seinem größten Erlebnis.

"Anchona, das Reich der vier Reichen. An Ideen mangelte es den Grafen nie. So hat auch König Ajesta ihre Uneinigkeit verzieh'n.
Ein Fremder durchschritt das Tor zur Macht, sagte schöne Worte, setzte die Grafen Schachmatt. Am meisten seine Majestät darunter litt, waren die Worte des Fremden pures Gift.

Verbrecher zogen angeblich durchs Land. Mir waren sie vorher nicht bekannt. Wurden sie gar vom Fremden erdacht?
Fenerell, der Graf und Himioka, die Gräfin legten eine friedliche Lösung nah. Doch den Grafen Obera und Kovell waren ihre Vorschläge egal.
Sie stritten und bekämften sich. Noch mehr als der König die Bevölkerung darunter litt.

Kein Recht wurde nun mehr durchgesetzt. Kein Gesetz wurde seit dem erlassen. Doch anders als die drei Affen, welche nichts hören, nichts sehen und dem einen die Sprache hat verlassen, tat das Volk seine Meinung kund und sprach dem Adel nicht nach dem Mund.

Das war der Anfang einer Geschichte von wahrer Natur. Sie geht noch weiter auf einem ganz langem Flur."

So pausiert der Barde seinen Sprechgesang. Und in der Tat ist danach noch viel passiert.
Averie wollte mit dem Fremden sprechen, doch verneinte dieser jeden Besuch. Und Lessant, zu diesem Zeitpunkt siebzehn Jahre alt, begann aufgrund der angespannten Situation immer mehr Interesse an den Pflichten seines Vaters zu entwickeln. Generell war Averies Sohn sehr pflichtbewusst. Das sah man schon immer an seinem aufrichtigen Blick. Denn wirklich böse wirkte er nie. Und ganz seinem Vater änlich war sein Aussehen Gentalmen gleich. Er trug oft eine weiße Hose, schwarze Schuhe, ein rotes Hemd und dunkelbraune Haare, die etwas von seinem Kopf abstanden. Aber sein Verhalten war, bis sich die Situation so zugespitzt hat, eher gelangweilt, wenn es um Politik ging. Dafür hat Lessant sich schon früh für andere wichtige Sachen interessiert. Eine davon representiert eine der beiden Statuen in Kumia: Aufrichtig und sich selbst treu bleibend durchs Leben zu gehen, auch wenn man dadurch alleine ist. Doch so ganz zeigt diese Statue den damaligen Lessant noch nicht. Denn er war damals noch nicht alleine. Im Gegenteil. Seine offene und herzliche Art war ergreifend. So mochten ihn viele Menschen in Anchona. Aber die Zeit der Unruhen hat ihn verändert. Er machte sich zunehmend Sorgen um seine Heimat.
Traurig darüber, dass sein Vater eines Tages wiederholt von dem Fremden abgewiesen wurde, beschloss er selbst dessen neues Zuhause aufzusuchen. Doch wie zu erwarten war, wurde er abgewiesen. Lessant beteuerte aber nicht über die derzeitige Politik mit ihm reden zu wollen, sondern dass er Interesse am Fremden selbst habe. Welche Person er ist, wo er herkommt, was ihn nach Anchona getrieben hat. Da öffnete ihm der Fremde die Tür. Sein Haus war spartanisch eingerichtet. Es war nur ein Raum. In der Mitte war ein einfacher Holztisch mit Stühle, an der rechten Seite ein Schrank für Kochutensilien und zum Essen zubereiten und auf der anderen Seite war ein großer Kessel, der befeuert werden musste, um darin zu kochen. Sofort sah man, dass dies nicht seine dauerhafte Bleibe war. Denn selbst für diese frühe Zeit war seine Einrichtung sehr rückständig. Besonders das Kochen, was ihm gleichzeitig als Raumbeheizung diente, war in anderen Häusern eine frühe Version der heutigen Herdplatten. Auf kleinen Flamme standen metallische Platten, auf die man Töpfe stellen konnte. Das war eine der Erfindungen aus Tevoll. Und zum heizen benutze man einen Kamin. Im Vergleich zu herkömmlichen Dörfern war die Koch- und Heizmethode aber auf einem aktuellen Stand.
Der Fremde bat den jungen Lessant Platz zu nehmen und tat es ihm gleich. Er war ungefair fünfunddreißig Jahre alt, trug einen alten braunen Hut und einen braunen zerflederten Mantel. Das störte Averies Sohn aber gar nicht. Er hielt es für schwachsinnig Leute nach dem Aussehen zu beurteilen. Denn die Geschichte des Fremden war sehr interessant.
"Du möchtest also etwas über mich wissen", begann der Mann mit einer warmen und angenehmen Stimme. "Wo ich herkomme säht jeder Bewohner Gift. Eitelkeit, wo die Gesichter verwahrloste Herzen zeigen. Etikette, wo Höflichkeit verlogene Worte bedeutet. Gehorsam, wo jeder seine eigenen Regeln macht. Ich komme aus dem Reich Vallecia und möchte vergessen was ich sah, möchte sie vergessen. Und ich möchte von ihnen vergessen werden. Deshalb bin ich hier", erzählt der Fremde weiter.
Lessant lauscht ihm interessiert. Dem jungen Adeligen schweben aber auch Bilder vor sein geistiges Auge. Bilder die als zu wahr sind. In diesem frühen Vallecia herscht Trunkenheit und Gleichgültigkeit. Jeder Mensch denkt nur an sich. Eine ärmliche Gesellschaft mit noblen Gestiken. Wobei nobel in diesem Fall hochgestochen und selbstverliebt bedeutet. Anders als König Ajesta, der mit dem Volk lebt, betrachtet sich jeder Mensch, in der Heimat des Fremden, mit hochnäsiger Missgunst.
"Ach, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt", setzt der zerlumpte Mann wieder an. "Immer nur "Der Fremde" genannt zu werden kann schon eine gewisse Unanämlichkeit mit sich bringen. Mein Name ist Zariell Elness", offenbart der Mittdreißiger.
"Mein Name ist Lessant, Sohn des Grafen Fenerell.", antwortet der heranwachsende Adel.
"Ah, Fenerell. Dann muss dein Vater Averie sein. Er scheint ein gütiger Mann zu sein. Und seine Grafschaft sowie seine Frau Leaniss haben wirklich gute Arbeit bei deiner Erziehung geleistet", bemerkt Zariell höflich. Lessant war sich unsicher ob sein Gegenüber wirklich seinen Anstand hervor heben wollt oder ob die verlogene Etikette in ihm durch kam. Deshalb lachte er verlegen und schaute dem Hutträger direkt in die Augen. Da bemerkte Averies Sohn etwas. Die Augen seines Gastgebers suchten etwas. Aber sie schauten ihn direkt an. Dem jungen Mann entglitt für einen Moment das Gesicht. "Du hast es also bemerkt? Dann werde ich dir auch davon erzählen.
Wenn ich in mich gehe, dann sehe ich ein Reich wie dieses. Anchona ist ein Reich der Zuversicht und der Gerechtigkeit. Diesen Ort möchte ich eines Tages nach Vallecia bringen.
Dann, wenn sie mich vergessen haben. Wenn sie bereit für Veränderungen sind. Aber das soll genug für heute sein, mein junger Freund. Es kommen traurige Erinnerungen in mir hoch. Ich hoffe, dich hat meine Geschichte nicht deprimiert", beendete Zariell beim aufstehen von seinem Stuhl. Lessant hat seine Sorge verneint und bedankte sich für das Gespräch.
Nachdem einige Minuten vergangen waren und Averies Sohn auf dem Heimweg war, stand der ehemalige Vallecianer vor seiner Tür und sagte in sich hinein: Vinnia, deine Tochter Serina werde ich in kürze nach holen. Denn dies ist ein Ort, den man hoch erhobenen Kopfes "Heimat" nennen kann. Ich werde dir diesen schönen Ort eines Tages nach Hause bringen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 13, 2020 ⏰

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Vein - Mein erster Fantasy RomanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt