Kapitel 4

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Dimitri erwachte aus einer Nacht wirrer Träume. Um ihn herum herrschte Dunkelheit, seine Kleidung war eiskalt und klatschnass, und er wand sich voll Unbehagen aus seinem kaltfeuchten Schlafsack heraus.

Einige Meter entfernt konnte er Anastasia und Sergej ausmachen, die eng aneinander gekuschelt noch schliefen. Sie teilten sich einen Schlafsack als Decke, und obwohl Dimitri es nicht sehen konnte, ging er davon aus, dass beide entweder nackt oder halbnackt waren, obwohl es echt arschkalt war.

Mit zittrigen Fingern rieb er sich seine Beine; obwohl sie gestern körperlicher Anstrengung weitgehend aus dem Weg gegangen waren, schmerzten seine Muskeln am ganzen Körper.

Er packte seine Sachen ein, rollte den Schlafsack zusammen und zog sich noch einen Pullover über. Hatte er so geschwitzt, dass seine Kleider ganz nass waren? Seine Hände fanden in seiner Tasche eine kleine Tüte Heroin von vor ein paar Tagen, er hielt inne, es lag ihm heiß in der Handfläche, ehe er es fast zu hastig wieder in der Tasche verstaute, bevor er beinahe überreagierte und es im sonst so warmen Abwasserfluss versenkte.

Anastasia und Sergej waren gestern noch lange wach, er wollte sie nicht wecken, deswegen stand er auf leisen Sohlen auf und streckte sich. Mit einem Klicken schaltete er seine Taschenlampe ein und betrachtete die Umgebung. Ein paar Ratten erschraken vor dem Licht, sprangen in den kleinen Fluss Abwasser und schwammen auf die andere Seite, um sich in Sicherheit zu bringen, wurden aber von dem Strom mitgerissen und ertranken wohl einige Meter weiter.

Ohne sie direkt anzuleuchten, lenkte Dimitri den Lichtkegel zu seiner Schwester und Sergej. Sergej hatte das Gesicht in Anastasias Haaren begraben und die breiten Arme unter der Decke um ihre Taille geschlungen. Seine kurzen schwarzen Haare standen wie bei einer Igelfrisur in alle Richtungen, seine Lippen zierte, sofern es Anastasias Haare nicht bedeckten und er es sehen konnte, ein sanftmütiges Lächeln. Dimitri fiel jetzt erst auf, dass er die Luft angehalten hatte, und hustete ab, was einen markerschütternden Schmerz durch sein gesamtes Nervensystem sandte.

Anastasia, die den leichtesten Schlaf der Welt hatte, da sie immer damit rechnen musste, von kremlfreundlichen Menschen vergiftet oder erstochen zu werden, schrak auf, drehte den Kopf, und sah Dimitri dann direkt in die Augen. Mit einem beschämten Kopfsenken wandte er sich schleunigst ab, Anastasia war nicht ganz nackt, auf ihren Brüsten ruhte der leichte Stoff ihres Unterhemds, der Schlafsack war ihr beim Aufsetzen verrutscht.

„Dima, was zur Hölle", zischte sie gespuckt unter ihrer schiefen Oberlippe hervor, und zog sich den Schlafsack über die Brust.

Dimitri antwortete nichts, scharrte nur verlegen im Betonboden.

„Ana...?"

Das war Sergej. Seine Stimme klang dunkel verfärbt und rau vom Schlaf, Dimitri stellte sich vor, wie Sergej jetzt hinter ihm den Kopf verwirrt in die aufrechte Position reckte und sich mit einer Hand die kurzen Haare aus der Stirn strich.

„Dima...?"

Anastasia stand schleunigst auf, Dimitri hörte ihre nackten Füße in seine Richtung über den feuchten Beton trippeln.

„Was ist denn los?"

Anastasia griff ihn und drehte ihn zu sich um, eine Hand an seiner Stirn und eine Hand an seinem Oberarm.

„Nichts."

„Du glühst. Du hast Fieber. Merkst du das nicht?"

„Ist dir nicht kalt?"

„Nein. Es ist arschwarm hier, wie immer. Was ist los? Bist du krank?"

Dimitri fasste sich an die Stirn und strich sich klatschnasse Haare aus den Augen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 16, 2020 ⏰

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