Es ist schon ziemlich dunkel draußen. Nur ein heller Sonnenstrahl leuchtet durch das Fenster und endet genau auf ihrem Gesicht. In dem Zimmer steht ausschließlich ein großes Bett und überall wurden Plastikplanen ausgebreitet. An den weißen Wänden, auf dem polierten Marmorboden und auf dem Bett. Sie wurde am Kopfende des Bettes angebunden und sitzt mit ausgestreckten Beinen und einem ängstlichen Blick dort. Man kann erkennen, dass sie irgendetwas sagt, doch dies kann man aufgrund des Lärms von draußen nicht verstehen. Genau in diesem Moment kommt eine weitere Person ins Bild, die dunkel gekleidet ist. Diese Person trägt außerdem noch schwarze Handschuhe und eine schwarze Haube mit einer Sonnenbrille, damit man die Augen nicht sehen kann. In der rechten Hand befindet sich ein Messer, welches sehr scharf aussieht. Die fremde Person nimmt das Messer und streichelt mit der Klinge über das Gesicht der Frau. Tränen laufen über ihr Gesicht. Die Person legt einen Zeigefinger auf ihre Lippen, um zu signalisieren, dass sie leise sein soll. Nun wird sie ausgezogen, sodass sie nur noch in ihrer Unterwäsche vor der Kreatur sitzt. Entblößt und erniedrigt. Ihr Mund wird zugeklebt und die Person beginnt damit nach und nach etwas in ihre Haut auf ihrem Bauch zu ritzen. Erst werden die Buchstaben „E" und „H" geschrieben und dann folgt wieder ein „E". Man kann den Schmerz in ihren Augen erkennen und als wäre diese Qual noch nicht genug nimmt die fremde Person das Messer fest in die Faust und sticht ruckartig auf sie ein. Sie schreit und weint zugleich und ihr Blut fließt über ihren ganzen Körper und tropft langsam auf die Plastikplanen. Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst und verblutet qualvoll auf dem Bett und die unbekannte Person guckt ihr dabei zu.
„Warum nimmt man bitte den Mord auf, den man begeht und tätowiert ihn dann noch als QR-Code auf die Leiche?" Diese Worte haben mich aus meinen Gedanken gerissen. Vor mir steht Inspector Claudia, meine Assistentin und guckt mich fragend an. Ich habe in den letzten Monaten versucht mich mit ihr anzufreunden, da ich mit ihr arbeiten muss und weil wir die einzigen Frauen hier sind. Obwohl wir bereits im 21. Jahrhundert leben ist das noch ein Männerberuf. Es ist aber gar nicht so einfach mit Claudia befreundet zu sein, da sie ständig gut gelaunt ist. Diese Frau hat keinen schlechten Tag in ihrem Leben. Es ist schwer für mich sie zu mögen, da ich ziemlich verkorkst bin. Ich bin sehr oft schlecht gelaunt, habe eine nicht so schöne Vergangenheit und lasse es auch mal an meinen Kollegen aus. Das ist besonders schlimm seit meinem letzten Fall. Um auf Claudias Frage zu antworten sage ich: „Ein kranker Mensch tut so etwas. Aber das ist ein Vorteil für unsere Ermittlungen. Das Video gibt uns viele Informationen über den Aufenthaltsort, den Todesablauf und über das Verhältnis zwischen Täter und Opfer." Mit diesen Worten beende ich das Gespräch und gehe zu meinem Büro. Auf dem Weg fällt mir doch noch was ein und ich wende mich noch mal zu Claudia. Bevor ich allerdings auch nur ein Wort sagen kann antwortet sie schon: „Ich habe Ihnen das Video schon geschickt." Mit einem dankenden Nicken wende ich mich von ihr ab und gehe in mein Büro. Dort sitzt schon Sloan Lynch auf dem Sofa und liest etwas in einer herumliegenden Akte. Schnell renne ich zu ihm hin und reiße sie ihm aus den Händen. „Die sollst du nicht lesen!", sage ich etwas lauter. Als hätte ich nichts gesagt meint er nur: „Warum hast du die noch hier. Der Fall ist abgeschlossen, auch wenn so einiges schief gegangen ist und du... du... ach, du weißt was mit dir passiert ist. Du solltest diese Akte endlich wegräumen und dich nicht mehr schuldig fühlen. So etwas passiert auch den besten Detectives mal." Diese Aussage hat mich aus irgendeinem Grund schwer getroffen. Es ist anscheinend so schlimm für Lynch gewesen, dass er es noch nicht einmal aussprechen kann. Um endlich aufzuhören über dieses Thema zu sprechen, frage ich ihn, ob er das Video schon gesehen hat. Dies bejaht er nur und geht zu meinem Whiteboard im Büro und schreibt etwas daran. „Wir haben einige Informationen durch dieses Video erhalten und müssen jetzt nur noch einen Zusammenhang herausfinden.", sagt er dazu. „Wir können auf jeden Fall sagen, dass Camy Taylor dort ermordet worden ist, wo wir sie auch aufgefunden haben. In ihrem Schlafzimmer.", stelle ich fest. „Außerdem mussten sich Täter und Opfer schon gekannt haben, da der Mörder nicht aus seiner Laune heraus Camy umgebracht hat, sondern er hatte einen Plan. Ob er gut war stellt sich nachher heraus, wenn wir seine Fehler entdecken.", fügt Sloan hinzu. „Es ist schon ziemlich spät. Ich würde für heute Schluss machen, damit wir für morgen ausgeruht sind. Morgen werden wir nämlich Brian O'Sullivan, den Liebhaber, vernehmen.", sagt Sloan noch und verabschiedet sich. Ich packe noch schnell die Akte ein und folge Sloan dann nach draußen.
***
Ungefähr um 0.10Uhr komme ich zu Hause an. Anstatt ins Bett zu gehen, damit ich mal eine Nacht auch nur etwas Schlaf bekomme, setzte ich mich mit einem Bourbon und einer guten Zigarre auf das Sofa und lese noch etwas in der Akte, die ich eigentlich nicht besitzen sollte.
Es ist ein fröhlich warmer Frühlingstag, doch irgendetwas in mir stimmt nicht. Ich habe so ein komisches Gefühl, auf das ich allerdings nicht höre... was ein großer Fehler ist. Ich spüre einen heftigen Schlag gegen meinen Kopf und danach ist nur noch alles schwarz. Es war meine Schuld. Einfach alles war meine Schuld!!
Ich fasse mir an den Hinterkopf, genau an meine Narbe und ich spüre ein Pochen. In letzter Zeit brennt die Narbe immer so stark und ich habe Kopfschmerzen. Natürlich hindert mich das an meiner Arbeit und ich darf nicht noch mehr verpassen, weil ich durch dieses Ereignis schon zu viel verpasst habe. Mit jedem neuen Fall lerne ich etwas dazu und wenn ich zu lange nichts tue, komme ich aus der Übung. Was für eine Ironie! Ich gieße mir noch einen Drink ein und gehe dann später ins Bett, in der Hoffnung, dass alles nur ein Traum ist und die Narbe in Wahrheit nicht existiert und das ganze drumherum auch nicht...
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mysteries of the scandal
Misteri / ThrillerIn einer Wohnung wird eine Leiche gefunden, zu Tode gefoltert. Scarlett Murphy, Detective im Dubliner Police Department und ergriffen von ihrem letzten Fall, muss den Mörder finden. Kurz darauf wird eine weitere Frau tot aufgefunden. Was haben beide...