~18.Gefangen zwischen Verstand und Wirklichkeit ~

990 71 22
                                    

Mit einem Ruck schob ich den Stuhl nach hinten, sodass er hässliche Kratzspuren auf dem sicherlich hochwertigen Holzboden hinterließ. "Ich denke, ich brauche Zeit, um mir alles durch den Kopf gehen zu lassen." Den Blick gen Boden gerichtet, versuchte ich, an ihm vorbei zu huschen. Mein eigentlicher Grund, weswegen ich Freiraum und Abstand brauchte, war, dass bei mir mittlerweile alles Kopf stand. ich wusste nicht, wo meine Gefühle standen und erst recht nicht, ob auf sie auch Verlass war. Es schien, als hielte ich nicht länger die Fäden in meiner Hand. Das Schicksal hatte bereits übernommen; sich widerstandslos zu fügen war meine Aufgabe.

"Sobald Ally wieder zurück ist..." - "Ja, ich habe schon verstanden, wir müssen von hier verschwinden, ohne dass Deliah einen Verdacht hegt. Alles klar, ist mir sowieso egal, zu packen habe ich eh nichts." Die Worte verließen ohne Probleme meinen Mund, ausdrucklos, ohne jegliche Regung oder Interesse, was mit meinem Leben fortan geschehen würde. Entsetzen zierte Liams Gesichtszüge, fassungslos über meine Reaktion. Wahrscheinlich hatte er mit Protest gerechnet, mit einer weiteren Auseinandersetzung, wäre davon ausgegangen, dass ich mich mit Händen und Füßen wehren würde, wenn alle Entscheidungen über meine Zustimmung hinweg bereits gefällt worden wären. 

Tja, ich konnte auch anders. Touche. Ohne mich ein weiteres Mal umzudrehen, ließ ich ihn zurück. Verwirrt. Sein Blick, der sich in meinen Rücken bohrte. Seine Augen, welche die Farbe wechselten. Gelb? Ein Lächeln umspielte meine Lippen. Nein, ich würde mich nicht umdrehen. Diese Genugtuung sollte er nicht bekommen.

Ich huschte die Treppe nach oben. Liam wollte spielen? Schön, von mir aus, das konnte er haben. 'Ich kenne ihn nicht´, traf es mich plötzlich mit einem Schlag; dennoch fühlte ich mich sicher in seiner Nähe, geborgen. Mit ihm brauchte ich keine Angst zu haben, denn er würde mich beschützen. Das hatte er bereits mehrmals bewiesen. Doch auch diese Anziehungskraft, die zwischen uns herrschte, ließ sich nicht leugnen. Wir waren wie Ying und Yang, selten einig, ständig am Argumentieren, von Grund auf verschieden und trotzdem gleich. Die zwei Seiten einer Medaille, Licht und Dunkelheit, Feuer und Wasser. Bei diesem Gedanken musste ich schmunzeln. Unsere Beziehung wäre zum Scheitern verurteilt, so leidenschaftlich wie auch zerstörerisch. Wie ein Wind würde sie über uns fegen, uns mitreißen, wie ein Feuer würde sie uns verbrennen, langsam und qualvoll. Denn es gab kein erlösendes Wasser, keine Rettung. Ash war es gewesen, er kühlte mich ab, wenn ich in Flammen stand, holte mich zurück auf den Boden, wenn der Sturm mich mit sich riss.

Doch beides war verloren, wir waren verloren. Vielleicht war es auch besser so. Wenn ich liebte, liebte ich mit Herz, Körper und Seele, brodelnder Leidenschaft, mit beiden Füßen fest im Boden verankert, aufbrausend, energisch, mit jeder Faser meines Daseins. Ich brauchte jemanden, der mich vollkommen ausfüllte, mir entgegenstand, etwas bot, für das es sich zu lieben lohnte.

Ash und ich, es kam mir vor wie ein Traum, unwirklich. Eine Liebe, so fein und zaghaft wie der erste Sonnenstrahl im Frühling, der vorsichtig hinter den Wolken hervorlugt, eine Blume, lieblich den Kopf aus der Erde reckend.

Doch Liam, er war der Sturm, der mir den Halt raubte, schrecklich und berauschend zugleich. Ein hin und her zwischen Verstand und Vernunft. Es hatte noch nicht einmal begonnen, ehe es schon vorbei war.

________________________________________________________________________

Die Tür zu meinem Zimmer schwang auf. Mit einem Seufzer tapste ich zu dem Bett, spürte die warmen Kissen auf meiner kalten Haut, Geborgenheit, die mich erfüllte. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen.....

KAYLA.

Eine Stimme, sie rief nach mir.

KAYLA.

Bedrohlich, sie kam auf mich zu, wurde lauter, eindringlicher, hallte in meinem Ohr wieder.

Silbernes Haar, zarte Glieder, ein Hauch von nichts umhüllte ihre zierliche Gestalt. Sie schwebte über dem Boden, strahlte Macht aus, unermessliche Macht - trotz ihrer Größe.

Schwarze Augen. Dunkel, sie zogen mich in einen Abgrund, tief und tiefer, immer weiter, bis ich nicht mehr wusste, wie es um mich stand. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden, ihre Schönheit hielt mich gefangen, brachte mich um meinen Verstand. Mir war bewusst, ich würde ihr folgen, ihr treu ergeben sein, selbst wenn es bedeutete, mich selbst aufzugeben.

KAYLA, säuselte sie, MEINE LIEBE LUNA, KOMM NACH HAUSE. ICH WARTE AUF DICH.

Ich wollte antworten, ihrem Befehl folgen, während sie um mich streifte und silbernen Staub auf meiner erzitterten Haut hinterließ.

Doch mein Blick traf auf rabenschwarzes Haar. Der Mann hob den Kopf, Strähnen fielen ihm ins Gesicht, dichte Wimpern, ein Augenschlag, ein bekanntes Funkeln aus smaragdgrünen Augen, mein Ritter.

LEVINA. Seine Stimme bebte vor Hass.

MEIN PRINZ, HERRSCHER ÜBER DAS WINTERREICH. Irrte ich mich, oder war das tatsächlich Spott in ihrer Stimme. WIE KANNST ES WAGEN. SIE IST MEIN. SIE IST BERUFEN. SIE MUSS FOLGEN. DU, MEIN PRINZ, WIRST IHR FEIND SEIN.

Ihr Lachen schallte noch durch das Nichts, den leeren Raum, kalt und hinterhältig, als sie schon verschwunden war.

Ashs Blick war gequält, wie als könnte er meinen Anblick nicht länger ertragen. LASS MICH NICHT UMSONST GESTORBEN SEIN.

Er, mein Ritter, drohte mir?

Ein Lufthauch und mir schien, als wäre er nie da gewesen.

Dunkelheit kroch aus allen Ecken und Stimmen flüsterten an mein Ohr......

Mit einem Ruck schreckte ich auf. Ich zitterte, meine Zähne schlugen aufeinander. War das ein Traum? Oder Wirklichkeit? Hatte mein Verstand mir einen Streich gespielt? Ich wusste es nicht. Hatte ich nicht für einen kurzen Moment nur die Augen geschlossen?

Doch draußen dämmerte es bereits. Dichte Wolken drängten die Sonne in den Hintergrund. Auf dem Gang waren laute, aufgebrachte Stimmen zu hören. Keine Sekunde später stürmte Liam, dicht gefolgt von Ally durch die Tür.

Sie grinste leicht, das rote Haar zerzaust, die Wangen glühend. Mit vor Freude funkelnden Augen stupste sie Liam sachte an, sodass er grinste. "Es gibt eine...Planänderung." Seine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln.

Was sollte das nun heißen?

***************************************************************************************************

Und es ist Sonntag;P

Heute muss ich Schleichwerbung machen xd, für die liebe Jana alias GoldenAlbatross, ihr Buch "Gefangen zwischen Feuer und Eis" ist einfach so toll geschrieben und die Idee hat es in sich. Leider hat sie vielll zu wenige Leute, die es lesen, obwohl sie viel mehr verdient hätte! Also ich bin sicher, sie würde sich freuen, wenn ihr mal vorbeischaut ;) Es lohnt sich ! :)

Bis zum nächsten Kapitel XD

MondscheinwesenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt