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Immer wieder sah ich zu ihr. Sie hatte ihre Hand noch immer auf meiner liegen und umklammerte sie leicht. Sie schlief tief und fest. Nicht mal als ich auf dem Hof parkte wurde sie wach. Sanft entzog ich ihr meine Hand und stieg aus. Zuerst öffnete ich die Haustür und holte dann die schlafende Kira aus meinem Auto. Sie war total leicht. Leise seufzend kuschelte sie sich in meine Arme und schlief weiter. Ich trug sie langsam in ihr neues Schlafzimmer und legte sie vorsichtig ab. 

„Diego?", flüsterte sie ganz leise. 

„Ich bin hier, Kleine", antwortete ich ihr. Sie blinzelte verschlafen und sah sich nach mir um. „Bleib bei mir", hauchte sie müde. „Ich hole nur kurz deinen Rollstuhl rein, dann komm ich wieder zu dir. Schlaf noch ein wenig." Sie nickte und rollte sich ein. Behutsam deckte ich sie zu und ging wieder raus. 

Tränen liefen mir über die Wangen und mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Sie sprach wieder... Sie hatte mit mir gesprochen. Leise schluchzte ich auf und versuchte das beginnende Zittern zu unterdrücken. Ich ging raus und holte den Rollstuhl aus dem Auto. Dabei entdeckte mich meine Nachbarin Cheyenne und sie ließ es sich natürlich nicht nehmen direkt zu mir zu tapsen. 

„Hallihallöchen Diego", quiekte sie freudig und fiel mir schwungvoll um den Hals. Ihr abartig süßes Parfüm stieg mir sofort in die Nase und ich musste ein Würgen unterdrücken. „Hallo Cheyenne. Was willst du hier?", brummte ich sie an. Immerhin hielt sie mich gerade davon ab wieder zu Kira zu gehen. „Ich wollte fragen, ob du vielleicht Lust und Zeit hast um mit mir einen Kaffee zu trinken? Es gibt auch ein ziemlich süßes Dessert", hauchte sie und versuchte verführerisch zu wirken, worin sie völlig versagte. 

„Weißt du was, Cheyenne? Wenn du wirklich so Notgeil bist, wie du dich gerade gibst, dann rufe doch Jason an. Falls er aus der Untersuchungshaft schon entlassen wurde, würde er es sicher gerne mit dir treiben, aber ich habe dir schon etliche Male gesagt, dass ich von dir nichts will, also geh endlich!", fuhr ich sie sauer an. Sofort zog sie einen Schmollmund und sah mich mit traurigen Augen an. „Das meinst du doch nicht so. Komm schon, Diego. Du willst es doch auch!", bettelte sie verzweifelt. 

„Du bist jämmerlich, Cheyenne. Auf dich kann ich gut und gerne verzichten und jetzt lass mich in Ruhe. Ich habe im Gegensatz zu dir etwas besseres zu tun als mir das Hirn weg zu vögeln." Nun änderte sich ihre Laune und ihr Blick fiel missbilligend auf den Rollstuhl. „Wenn du meinst. Viel Spaß mit deinem Krüppel." Sie drehte sich auf dem Absatz um und verschwand. Ich atmete tief durch und sah wieder zu meinem Haus. 

Im Fenster von Kiras Zimmer sah ich sie traurig raus schauen. Ich hatte ihr Bett extra direkt neben das Fenster gestellt, damit sie jederzeit raus sehen konnte. Das Fenster hatte sie an gekippt. Ihr Blick folgte Cheyenne, dann wandte sie den Blick ganz ab und legte sich wieder hin. Eilig ging ich rein und brachte den Rollstuhl in ihr Zimmer. Sie hatte sich zusammen gerollt und schluchzte leise.

 Ich ließ den Rollstuhl in der Ecke stehen und ging zu ihr. Leise zog ich meine Schuhe aus und legte mich neben sie. Ihr Schluchzen wurde immer lauter und hektischer als sie meine Nähe spürte. Ein paar Haarsträhnen klebten ihr im Gesicht. Vorsichtig strich ich sie ihr hinters Ohr. „Shhh, alles gut, Kleine. Ich bin bei dir", wisperte ich und zog sie in meine Arme. Sofort klammerte sie sich an mich und vergrub ihr Gesicht an meiner Schulter. Ich fuhr ihr liebevoll durch die Haare. 

 „Warum bist du nicht mit ihr gegangen? Es war doch nicht zu übersehen, dass sie dich wollte...", schniefte Kira leise. Behutsam küsste ich ihr Haar. „Ich will aber nichts von ihr, Kira. Sie macht mich schon seit ich hergezogen bin an, aber das einzige was diese Frau in mir hervorruft ist Übelkeit... Ich bin bisher noch nicht so tief gesunken, dass ich mich mit Frauen wie ihr abgeben muss." Sie schluchzte immer weiter und immer schlimmer. „Ich bin doch nicht besser als sie, Diego... Ich habe schon mit all deinen Kollegen was gehabt..." 

Zärtlich drückte ich sie fester an mich. „Wenn das alles so freiwillig abgelaufen ist wie mit Jason, dann nein. Dann bist du nicht so wie sie. Du bist wundervoll, Kira", murmelte ich und küsste ihre Stirn. Sie schluckte schwer und sah mich dann verweint an. „Warum tust du das? Ich bin doch nur eine Last für dich..." Es tat mir im Herzen weh, dass sie wirklich so dachte. 

„Du bist mir total wichtig, Kleine. Ich bin so froh, dass ich dich retten konnte und... Ich weiß nicht. Es fühlt sich so an als würde es zwischen uns eine Verbindung geben... Jedes Mal wenn ich dich ansehe, dann überkommt mich dieses Gefühl dich zu beschützen und für dich da zu sein. Du bist für mich keine Last, Kira. Du bist mein kleiner Engel", redete ich einfach drauflos ohne nach zu denken. Während ich sprach, hörte sie auf zu schluchzen und sie sah mich mit großen Augen an. 

„Wirklich? Siehst du das echt so?" 

Ich nickte leicht und sah sie nachdenklich an. „Ich hab dich lieb, Diego", hauchte sie dann plötzlich und küsste meine Wange. „Ich hab dich auch lieb, Kira." Lächelnd legte sie ihren Kopf auf meinen Brustkorb und schloss wieder die Augen. Vorsichtig zog ich eins ihrer unbrauchbaren Beine über meine und bettete anschließend ihren Oberkörper auf meinem. Müde rollte sie sich so gut sie eben konnte auf mir zusammen. 

„Bleibst du diese Nacht bei mir?", fragte sie mich schüchtern. „Aber natürlich, Liebes. Ich passe auf dich auf." Sie nickte leicht und schlief dann ein. Vorsichtig zog ich die Bettdecke enger um uns, dann schmiegte ich mich an sie und schlief ebenfalls.

Because of youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt