Einsam [Pierre Gasly x Charles Leclerc]

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So hatte er sich das nicht vorgestellt. Alles lief überhaupt nicht so, wie geplant. Der Wechsel zu Red Bull hätte sein Leben zum Besseren verändern sollen, stattdessen wurde es von Tag zu Tag schlimmer. Er konnte gar nicht in Worte fassen, wie er sich mittlerweile fühlte. Vielleicht lag es daran, dass es keine positiven Worte mehr in ihm gab. Wenn ihm dann doch einmal ein Wort für seine momentane Situation einfiel, dann war es sicherlich kein gutes. Verloren, war noch eines der harmloseren. Versager, traf es schon viel besser. Und vor allem war er einsam, so Gott verdammt einsam. Hatte das Gefühl, als würde alles Leid nur auf ihm ganz allein liegen und als wenn es niemals mehr einen Grund zur Freude in seinem Leben geben würde.

Er empfand keine Leidenschaft mehr für das, was er einst geliebt hatte. Hatte fast schon Panik davor zur Arbeit zu gehen, regelrecht Bauchschmerzen, wenn er in seinen Wagen stieg und auf die Strecke fuhr und brachte nichts, absolut nichts zustande. Der Druck wuchs von Rennen zu Rennen. Hatte er die ersten noch so etwas, wie Welpenschutz genossen, so wurde es jetzt immer härter. Es war nicht so, als würde man ihn ganz offensichtlich drohen, viel mehr war die Art und Weise, wie man ihn unter Druck setzte subtiler. Unterschwellige Botschaften, die doch nur einem Zweck dienten, ihn zu mehr Leistung zu bringen. Leistung, die er aber einfach nicht liefern konnte.


„Du gefällst mir momentan gar nicht."

Er machte sich noch nicht einmal die Mühe auf Charles Worte zu reagieren, starrte einfach nur weiterhin stumm seine Füße an und blieb in derselben verkrampften Stellung an die Wand gelehnt hocken.

„Komm schon Pierre, rede mit mir", bat der Jüngere und auch ohne ihn anzugucken, wusste er, wie sich dessen Augen sorgenvoll bewölkt hatten.

„Da gibt es nichts zu reden", brachte er dumpf nun doch hervor und unterschätzte mal wieder den monegassischen Dickschädel seines besten Freundes.

Das Schnauben, welches Charles auf Grund seiner Worte entfuhr konnte man wohl nur als spöttisch einstufen und die Hand, die in seinem Sichtfeld auftauchte und ihn ganz offensichtlich auf die Beine ziehen wollte, sagte auch alles.

„Lass gut sein Charles, ich habe keine Lust auf dein Mitleid."

„Und ich keine Lust auf deine Trauermiene, also komm jetzt mit."

Genervt zwang er sich zu einem Lächeln, um den anderen zu beruhigen und hob nun doch den Blick, guckte den Jüngeren direkt an. Ein fataler Fehler, denn jetzt wo er Charles ansah, war ihm klar, dass er schon verloren hatte. Der Monegasse würde ihn nicht einfach so vom Haken lassen. Er erkannte ehrliche Sorge in den Augen des anderen und er kannte ihn viel zu gut, um nicht zu wissen, wann er verloren hatte und dieser nicht locker lassen würde.


„Wo gehen wir hin?", lenkte er ein.

„Irgendwohin, ist doch egal. Aber weg von hier, weg von der Strecke und dem, was dich belastet."

„Bin ich wirklich so durchschaubar."

„Für mich schon", lächelte Charles jetzt und streckte ihm erneut die Hand entgegen.

Dieses Mal ergriff er sie und ließ sich auf die Beine ziehen.

Stumm liefen sie eine Weile nebeneinander her, entfernten sich immer weiter von dem Ort, der ihm Magenschmerzen bereitete und ihn nachts nicht schlafen ließ. Mit jedem Schritt wurde er ruhiger. Mit jedem Meter wurde die Anspannung weniger.

„Danke", murmelte Pierre kaum hörbar.

„Willst du doch darüber reden?"

„Bringt doch nichts", entwich es ihm mit einem tiefen Seufzer tiefster Verbitterung.

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