|𝙏𝙝𝙚 𝙛𝙤𝙪𝙧𝙩𝙝 𝙡𝙞𝙜𝙝𝙩 |

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Frustriert schaute der Blonde auf seinen noch nicht ansatzweise fertig gestellten Aufsatz. Er konnte sich einfach nicht mehr konzentrieren. Immer wieder schwirrten ihm die letzten ihrer Worte im Kopf umher.

„Dein Aussehen muss nicht dein Verhalten kontrollieren."

Sie war nach diesen Worten so plötzlich verschwunden, dass er beinahe glaubte, das Gespräch auf dem Astronomieturm wäre nur seiner Vorstellung entsprungen. Der in der Luft hängende Duft und die Tränen, die bereits auf seinen Wangen getrocknet waren, hatten ihm aber das Gegenteil gedeutet. Sie war tatsächlich da gewesen. Sowohl physisch als auch psychisch. Wie sie ihn in die Arme geschlossen hatte. So ohne Bedenken. Ohne Angst vor seiner Reaktion. Einfach um ihm beizustehen. Wie sie ihm über die Wange gestreichelt hatte.

Ihre Augen hatten ihn mitfühlend angesehen und ihm das Gefühl gegeben nicht alleine zu sein. Und zum ersten Mal in seinem Leben empfand er unglaublich starke Dankbarkeit. Er war im Nachhinein dankbar, dass sie dort gewesen war. Ihm eine haltende Schulter zum Anlehnen gegeben hatte.

Er war dankbar für ihre Empathie. Er war dankbar dafür, dass sie ihn nicht ausgelacht hatte, sich komplett über ihn lustig gemacht hatte.
Sie hatten einfach nur da gesessen. An der kalten, alten Steinwand gelehnt, den Kopf auf der Schulter des jeweils anderen, still schweigend und auf den Boden starrend. Manchmal brauchte es keine Worte, um den anderen zu verstehen.

Es gab Menschen, bei denen dies der Fall war. Menschen, die ihn auf unerklärlicher Weise beeinflussten, weil sie ihm Gefühle zeigten, die er nie für möglich befunden hatte. Und sie war einer der Menschen. Sie hörte zu jenen, die ihn beeinflussten. Und dies auf eine positive, erschreckende Art und Weise.

Normalerweise sollte er deswegen zurück schrecken. Er sollte sie ignorieren und weiter beleidigen so wie es für ihn, einen Malfoy, üblich war. Doch genau da lag der springende Punkt. Nur weil er ein Malfoy war, sollte er sie beleidigen? Weil sie ein, in den Augen seiner Familie, dreckiges Schlammblut war, sollte er sie beleidigen?

Sie, die all die Jahre besser als er gewesen war?
Sie, die so intelligent, mitfühlend, hilfsbereit und wunderschön ist? Warum sollte er dies tun? Sie hatte mehr als einmal bewiesen nicht das kleine, ängstliche Kätzchen zu sein, sondern eine starke, selbstbewusste Löwin.

Sie war gewiss nicht so wie die meisten Mädchen, die er kennengelernt hatte. Aber war dies wirklich schlimm? Nein, beantwortete er sich selbst seine Frage. Gerade das machte sie doch aus. Sie war anders. Und dieses anders sein zog ihn unheimlich an.
Er versuchte nicht mehr das Gefühl zu unterdrücken. Das Gefühl, das er in den letzten Wochen vergeblich in seinen Hinterkopf verdrängen wollte. Er empfand etwas für die Granger. Und das weitaus mehr, als er zu Beginn dachte.

Am Anfang dachte er nur, ihr Körper würde sie reizen. Nur der Gedanke an das Verbotene. Der Gedanke sie, die Schulstreberin, um den Verstand zu bringen. Sie bloßzustellen, als eine einsame Jungfrau. Doch nach und nach musste er feststellen, dass es dies nicht war. Er wollte mehr. Und dies nicht im sexuellen Interesse.

Er wollte bei ihr sein. Mit ihr sein. Er wollte neben ihr liegen, wenn er aufwachen morgens aufwachen würde. Er wollte ihr beistehen, so wie sie ihm beigestanden hatte. Er wollte sie triezen, necken und so wütend machen, dass ihre Augen funkeln würde. Er wollte sie in seinen Armen.
Er wollte sie.

Und gleichzeitig wusste er, dass diese dummen Hirngespinste, die er hatte, nichts weiter als leichtsinnige Gedanken waren. Bald schon würde Er-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf  zurückkehren. Das war dem Blonden gewiss. Und er hatte Angst. Panik. Noch mehr. Er hatte Angst um seine Mutter, die schon jetzt kurz vor dem Abgrund stand. Sie zu sehen, wie sie am Boden legen würde, könnte er nicht ertragen.

Predictable | 𝘿𝙧𝙖𝙢𝙞𝙤𝙣𝙚  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt