Der Bus konnte gerade mal so halten, da drückte Kristin schon wie wild auf den Knopf, welcher die Tür öffnete. Der Spalt der Tür war gross genug, dass wir durchschlüpfen konnten. Unsere Füsse hatten noch nicht den durch die Sonne erhitzten Beton berührt, da griff Kristin auch schon nach meiner Hand.
Hand in Hand rannten wir den kleinen Stutz hinunter zum Perron. Wir hatten verdammtes Glück, dass das Perron, an dem der Zug hielt, auf derselben Seite war, wie die Bushaltestelle. Dadurch ersparten wir uns den Lauf durch die Unterführung auf die andere Seite.
Ein junger Herr, welcher uns wohl hatte rennen gesehen, drückte auf den Knopf der Türe, sodass diese offen blieb und wir hindurch rennen können. Total ausser Atem bedankten wir uns bei dem Mann.
Wir liessen uns auf den erst besten freien Platz des Wagons nieder. Vermutlich hätten wir den Zug auch mit wesentlich weniger Rennen noch erwischt, da er erst jetzt losfuhr. Aber bevor er uns vor der Nase davonfuhr und wir eine halbe Stunde keinen Zug mehr hatten, rannten wir lieber wie die Idioten drauf los.
Als ich halbwegs wieder eine reguläre Atmung hatte, liess ich meinen Kopf gegen meine Handflächen sinken. «Fuck», fluchte ich leise, «Ich hab schon wieder kein Ticket.»
Doch Kristin winkte nur ab, während sie auf ihrem Handy herumtippte. Ich wollte bereits protestieren, dass ich nicht schon wieder schwarzfahren konnte, besonders, wenn im Zug wesentlich häufiger kontrolliert wurde als im Bus.
«Ich hab für dich in der App gelöst», sagte Kristin. Sie hielt mir ihr Handy vor die Nase, welches mir stolz das gelöste Ticket präsentierte.
Erleichtert atmete ich aus. «Du bist ein verdammter Schatz, Kri.»
«Ich weiss», streckte sie mir die Zunge zwinkernd entgegen. Sie schob ihr Handy zurück in die Tasche.
Aber kaum war das Handy in ihrer Tasche verschwunden, ging auch schon die Schiebetür des Wagons auf und der Kondukteur herein. Ich liess mich entgeistert in das Polster des Sitzes fallen. Den älteren Herrn, welcher gerade dabei war am anderen Ende des Wagens die Billette zu kontrollieren, liess ich nicht aus meinem Blickfeld.
Ganz gechillt holte Kristin ihr Generalabonnement aus dem Geldbeutel. Praktisch im selben Moment schmiss sie mir ihr Handy zu, welches ich gerade noch so kurz vor knapp abfing. Ein Glück. Denn ich wollte mit meinem Talent, Dinge nicht fangen zu können, nicht schuld dafür sein, wenn das Display des Geräts zersplitterte.
Der Sperrcode meiner besten Freundin hatte sich in den letzten zwölf Monaten, in dem ich sie zum letzten Mal gesehen hatte, nicht geändert. Der Anblick eines gemeinsamen Fotos von uns als Hintergrundbild liess es mir warm ums Herz werden.
Ich öffnete die App und hielt dem Kondukteur, welcher nun vor uns stand, das gelöste Billett hin.
«Sie haben etwas kurz vor knapp gelöst», informierte der ältere Herr mich.
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nacht aus gold
Teen FictionWas hilft besser gegen ein gebrochenes Herz, als eine Schnitzeljagd quer durch die Stadt?