Ein weiteres Jahr ohne Familie, ohne Freunde und vor allem alleine. Früh zog er von seiner Familie in eine andere Stadt. Seine Familie hielt nichts von seiner Sexualität und seinem Lebensstil. Homosexualität war ein rotes Tuch für seine Familie und deswegen wurde er nie als vollwertiges Familienmitglied gezählt. All die Demütigungen, die Verachtung und Desinteresse gegenüber ihm, zogen ihn in eine tiefe Depression und seitdem lebt er alleine. Ein Job ohne Menschenkontakt, keine Arbeitskollegen, mit denen er reden kann. Er geht nie aus dem Haus, wie solle er denn jemanden finden, der ihn begleitet? Jemand, der ihn aus seinem tiefen Loch zieht. Wusste überhaupt jemand, dass er existiert? Außer seinem Chef, wahrscheinlich niemand. Er unterhielt sich selten. Angst vor Ablehnung bestimmte seinen ganzen Alltag. Einer der Gründe, welche ihn in seine Depressionen stürzten. Nicht mal eine Beziehung hatte er im Leben, keinen Freund. Weder sein erstes Mal hatte er, noch hatte er seinen ersten Kuss. Einsam und verlassen war sein Leben und es würde sich auch nichts ändern.
Er schaute raus, auf die grauen, matschigen Straßen. Der Schnee lag schon ein paar Tage und es fiel kein neuer Schnee. So grau, wie der Schnee auf den Straßen war, so grau war auch sein Alltag. Immer das Gleiche: Aufstehen, sich fertig machen, zur Arbeit gehen, arbeiten, zum Laden gehen, sich dort etwas zu essen kaufen, das dann essen und schlafen, bis der nächste Tag anbricht.
Das Einzige, was ihm ein bisschen Abwechslung gab, ist seine Gitarre, auf welcher er immer ein paar Lieder spielt. Das Einzige, was ihm Freude bereitete. Das Gitarrenspiel ist das Einzige, was ihn fühlen ließ, wie ein lebendiger Mensch. Jegliche Lebensfreude wurde ihm genommen.
„Du gehörst nicht zu dieser Familie! Wir haben keine Schwuchteln hier! Verpiss dich von hier und komm nie wieder!" Immer und immer wieder hallten diese Worte in seinem Kopf. Das waren die letzten Worte, die er von seinem Vater hörte. Der Schmerz in seiner Wange, dem er seinem Vater zu verdanken hatte, schien niemals zu verschwinden. Er hielt sich seine Wange und seufzte tief. „Wieso gerade ich? Ich habe doch nichts verbrochen...", seufzte er und nahm sich seinen grauen Mantel vom Kleiderständer. Seine Schuhe hatte er bereits an und so ging er zur Arbeit.
Immer wieder ging er an derselben Gruppe vorbei. Sie beachteten ihn gar nicht, aber er sah immer, was sie machten. Die drei Männer gingen immer zu einem kleineren Mann und grinsten ihn einschüchternd an. Mehr konnte er nie sehen, weil er immer direkt zur Arbeit musste. Aber der kleinere Mann sah immer sehr ängstlich aus, weshalb es nichts Gutes war, was sie dem anderen antaten. Jedoch sah er weder die Gruppe an Männern, noch den anderen Mann, wenn er von der Arbeit nach Hause ging. Wie gerne er einfach mit dem einsamen Mann reden würde, wäre er nicht zu ängstlich. Angst vor Ablehnung bestimmte sein ganzes Leben, leider auch in diesem Zusammenhang.
Auch an diesem Tag ging er an dem einsamen Mann vorbei. Er schaute ihn kurz an, und dieser warf ihm ein kleines Lächeln zu. Sein Herz erwärmte sich für eine kleine Sekunde. Er lächelte zurück. Dann kamen die anderen Männer wieder und er ging weiter. Es war für ihn kaum bis gar nicht zu denken, dass ihn jemand anlächelt. Noch weniger hatte er erwartet, dass er selber lächeln würde. Das tat er seit Jahren nicht mehr. Er war der Einzige, der ihm nach Jahren ein Lächeln entlocken konnte.
Bei der Arbeit war alles wie immer. Ein Zettel mit Aufgaben lag auf seinem Tisch und den ganzen Tag verbrachte er damit, diese zu erledigen, bis er nach Hause konnte. Er holte sich essen und ging nach Hause. Er machte sich sein Essen fertig, aß es und ging duschen. Danach nahm er seine Gitarre und klimperte etwas vor sich hin. Er spielte das Lied „Home" von der Gruppe Seventeen. Seine Augen schlossen sich und er spielte ganz langsam die Musik dieses Songs. Er löste zwar keine guten Gefühle in ihm aus, jedoch mochte er diesen Song. Er machte ihn traurig, aber so gut wie alles machte ihn traurig. Ein paar einzelne Tränen glitten seine Wangen herunter und er wischte sie schnell weg. Er stellte seine Gitarre weg und stand nochmal auf. Seine Beine führten ihn in sein Badezimmer und er sah sich im Spiegel an. Seine Augen waren beinahe schwarz und seine Augenringe waren ebenfalls sehr dunkel. Seine Wangen gerötet von den vorher vergossenen Tränen und seine Hände zittrig. „Reiß dich zusammen", sagte er seinem Spiegelbild mit rauer Stimme. Er wusch sein Gesicht und begab sich danach wieder in sein Bett, dieses Mal aber auch tatsächlich um zu schlafen.
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K-Pop Adventskalender 2020
ФанфикDies ist ein Projekt von 24 Wattpadautoren. Ab dem 1. Dezember wird hier jeden Tag ein neues Türchen geöffnet, hinter dem sich ein kleiner oder vielleicht auch ein etwas längerer Oneshot versteckt.