5. Türchen

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"Und du bist dir ganz sicher, dass man uns nicht erwischt?"

Von der gegenüberliegenden Seite aus starrten Marco und ich beide aus dem Autofenster. Dichte Flocken erschwerten uns die Sicht, doch man konnte gerade noch die Schemen des Gebäudes erkennen. Meine Nerven lagen blank, während Marco aussah wie die Entspannung pur. 

Die Kälte kroch langsam in das Auto hinein, sodass mein Zittern nicht nur von der Angst herstammt. "Marco, wir könnten doch auch einfach wie jeder andere ganz normal zu einem...." "Jetzt sei kein Schisser, Schatz. Keine Sorge, das wird witzig! Das ist unsere Tradition!" Ich runzelte zweifelnd meine Stirn. "Ihr habt echt komische Traditionen, nur mal so nebenbei erwähnt." 

Marco grinste machohaft und legte mir einen Arm um die Schultern. "Ach Süße. Du weißt auf was du dich eingelassen hast, als du mich gedatet hast." Ich schnaubte abfällig. "Da war aber auch noch nicht die Rede von Einbrüchen und Diebstahl!", murrte ich leise. Mein Freund lachte nur und drückte mir einen Kuss auf die Nasenspitze. "Ich glaube, wir können langsam loslegen. Er scheint nicht Zuhause zu sein." Ohne zu Zögern öffnete er die Türe des geliehenen Jeeps und stieg in die kalte Nachtluft hinaus. Mein Herz wummerte gegen mein Brustkorb, während ich nochmals tief einatmete, mir Mut zusprach und dann ebenfalls ausstieg. Eisige Kälte schlug mir entgegen und stach mir wie kleine Eiszapfen in die Haut. Ich schlug meinen Mantel enger um mich, während ich meinem Freund über die Straße folgte. 

Bis ich vor der Haustür stand, war ich durchgefroren. Marco hatte mich so gesehen überfallen, als er nach Hause kam, während ich in der Küche Plätzchen gebacken hatte. Er wollte, dass ich mich sofort mitziehen mit der Begründung, dass wir etwas sehr, sehr wichtiges vorhatten. Ich konnte gerade noch meine Stiefel anziehen und mir meinen Mantel schnappen, bevor ich auch schon mit ihm im Auto saß. Weder hatte ich eine warme Hose an, sondern nur eine Jogginghose, noch irgendwie einen warmen Pullover. Zuerst dachte ich, dass er mich mit etwas überraschen wollte. Naja, irgendwie hatte er mich auch überrascht... Damit, dass er mich zur Beihilfe eines Einbruchs zwang. 

Ohne zu Zögern holte Marco einen Schlüssel aus seiner Hosentasche. "Woher hast du den Schlüssel?", fragte ich überrascht. Marco bedachte mich mit einem Blick, der sowas besagte, wie 'Was denkst du von mir? Ich bin ein Profi!' "Ich habe ihn mir geholt, während Marcel noch etwas mit Lucien beredet hat. Schlau stimmts?" Ich hatte da so meine Bedenken. "Marcel muss das doch bestimmt merken oder? Schließlich muss er doch irgendwie reinkommen. Kann er sich dann nicht gleich denken, dass jemand von euch ihn gestohlen hat?" Der Fußballer zeigte auf die Garage. 

"Marcel kommt immer über die Garage ins Haus. Die Haustüre benutzt sozusagen nur seine Frau. Er wird es wenn dann erst dann bemerken, wenn es zu spät ist. Und jetzt entspann dich doch mal. Es wird schon alles gut gehen!" Überzeugt war ich immer noch nicht.

Mittlerweile hatte Marco die Türe geöffnet. Alles in mir sträubte sich in das Haus zu gehen, doch so auffällig vor der Türe stehen zu bleiben, wollte ich auch nicht. Deshalb ging ich mit rein. Marco marschierte schon zielsicher ins Wohnzimmer  hinein, war sich seiner Sache zu hundert Prozent überzeugt. Ich sah mich erst einmal um. Marcels Haus war wunderschön. Es sah richtig gemütlich aus. Über den Flur gelangt man durch die mittleren Tür in ein großes Wohnzimmer, in dem vor allem helle Blautöne herrschten. Weihnachtsschmuck hing und stand überall herum. Man sah, dass Jenny die Weihnachtszeit liebte. 

"Mareike? Kommst du bitte, ich brauche deine Hilfe!", rief Marco, der vor seinem Objekt der Begierde stand. Ich versuchte mir Entschlossenheit einzureden. Die Fußballer machten das jedes Jahr, also wird schon nichts passieren! Etwas beruhigt von dem Gedanken, ging ich ins Wohnzimmer. Dort stand ein riesiger Weihnachtsbaum, der zwar noch nicht geschmückt war, aber trotzdem schon ein beeindruckendes Bild abgab. Marco stand vor ihm und sah ihn nachdenklich an. "Das wird eine Leistung, den auf das Auto zu bekommen", meinte ich und obwohl ich mich immer noch nicht richtig wohlfühlte, fing ich an zu grinsen. Der Gedanke, dass Marco, der ohne Übertreibung der unbegabteste Handwerker war, den ich kannte, zusammen mit mir diesen Baum hinaustrug und auf das Auto spannte, war einfach zu komisch. 

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