3. Kapitel

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Now I'm digging up a grave, from my past. I'm a whole different person.

~Juice WRLD - Robbery

Der Gong hallt auf der Toilette und reißt mich aus meinen Gedanken. Mist! Der Unterricht beginnt gleich und ich habe keinen Plan, wohin ich muss. Außerdem bin ich immer noch wegen gerade eben ganz durch den Wind. Wieso kann mein Körper nicht normal auf Berührungen reagieren? Aber naja, so bin ich nunmal.

 Hastig krame ich meinen Stundenplan aus meiner Tasche. 3. Stunde Biologie in Raum 134. Tja, nur wo ist Raum 134? Gehetzt stürme ich aus dem Klo. Die Gänge sind leer, da alle bereits in ihren Klassenzimmern sitzen. 

Ich schaue mich nach einem Hinweisschild um, kann aber keines entdecken. Also begebe ich mich wieder zum Haupteingang. Dieses Vorhaben kostet mich ein paar Minuten aber immerhin weiß ich jetzt wohin ich muss. 

Ich steige eine Treppe hinauf und gehe im Laufschritt zu meinem Unterrichtsraum. Die Tür ist bereits geschlossen. Wie ich sowas hasse! Mir bleibt nichts anders übrig und ich klopfe zaghaft gegen die Tür. Nach ein paar Sekunden öffnet mir eine große Frau die Türe. Ich gehe einen Schritt hinein werde aber dann direkt von meiner Biolehrerin aufgehalten.

"Sie sind zu spät, Avery.", sagt sie so laut, dass es alle hören. Ein leises Lachen geht durch die Reihen und ich senke automatisch meinen Kopf und schaue auf meine Füße. "Entschuldigung.", murmle ich und ich will mich an ihr vorbeidrücken, doch sie hält mich auf. "Schauen Sie mir in die Augen, wenn Sie sich entschuldigen. Das gehört sich so.", herrscht mich die Lehrerin an. Sie ist aber mal wirklich streng. 

Ich hebe meinen Blick und schaue ihr in die grauen Augen. "Es tut mir leid.", sage ich mit etwas Nachdruck. Hoffentlich lässt sie mich jetzt in Ruhe. Tatsächlich nickt sie mir knapp zu.

"Ich hoffe das kommt nicht mehr vor und nur weil du neu an dieser Schule bist, musst du dieses Mal nicht nachsitzen. Glück gehabt. Und übrigens mein Name ist Mrs Archer. Und jetzt nimm bitte Platz, damit ich mit meinem Unterricht starten kann."

Ich bin angespannt, da ich es hasse im Mittelpunkt zu stehen und ich immer noch die gesamte Aufmerksamkeit der Klasse auf mir spüre. Ich schaue mich nach einem Sitzplatz um, kann aber keinen entdecken. Da räuspert sich Mrs Archer. "In der letzten Reihe rechts, Avery." Meine Augen wandern in die letzte Reihe und tatsächlich sehe ich dort einen freien Sitz. Wie konnte ich den nur übersehen? 

Ich will gerade los gehen, da sehe ich wer rechts von dem freien Stuhl sitzt. Meine Augen weiten sich ungläubig und ich bleibe wie angewurzelt stehen. Das kann doch nicht wahr sein! Ausgerechnet er! Er schaut mich ebenfalls säuerlich an und ich will gar nicht wissen wie mein Gesichtsausdruck gerade ist. Vermutlich wie ein aufgeschrecktes Reh.  "Avery, jetzt setz dich bitte endlich hin.", Mrs Archer klingt langsam echt sauer und ich tue besser, was sie mir sagt. Auch wenn ich am liebsten Kehrt gemacht hätte und aus dem Raum gerannt wäre. Überall würde ich sitzen wollen, nur nicht neben ihm. 

Ich gehe in die letzte Reihe und lasse meine Tasche neben den Stuhl fallen. Wortlos setze ich mich hin und starre geradeaus. Vielleicht wird er mich einfach ignorieren. Doch in diesem Moment höre ich sein Seufzen. "Was macht denn diese Nonne hier?", fragt er genervt einen Freund neben sich. Natürlich in einer Lautstärke, die ich mühelos verstehen kann. Meine Mundwinkel wandern ohne zu wollen noch weiter runter. Wie beschissen kann ein Tag denn sein?

Mir ist scheiß heiß, ich hatte fast eine Panikattacke in der Mensa vor aller Augen, und zu allem Überfluss sitze ich nun genau neben der Person, die meine Angst ausgelöst hat. Ich fühle mich alles andere als wohl. Als Mrs Archer anfängt seltsame Wörter über Neurobiologie an die Tafel zu schreiben, versuche ich sie auf ein Blatt Papier zu übertragen aber ich bin so nervös, dass ich nur die Hälfte mitbekomme. Ich versuche mich nicht von dem Typ neben mir ablenken zu lassen aber das ist gar nicht so leicht. Seine schwarzen Haare fallen ihm seitlich in die Stirn und vermutlich ist er einer der heißesten und begehrtesten Typen der Schule, doch alles was ich fühle sind Angst und Hass. Hass, weil er mich fast in der Pause bloßgestellt hat und Angst, da er ein Junge ist. Ziemlich erbärmlich ich weiß.

(Not) Better aloneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt