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Renjun||

ℍitze. Hitze war alles was er spürte. Die heiße Juli Sonne brannte auf seiner unbedeckten Haut. Seine ausgedörrte Kehle sehnte sich nach einem Tropfen Wasser. Sein Körper war müde und kraftlos in dieser Hitze im Hochsommer. Kraftlos schleppte er sich auf den großen Marktplatz wo sich Menschen aneinander drängten um frische Lebensmittel, Stoffe, Vieh, Schmuck oder sonstiges zu ergattern. Bardiah war schon immer eine sehr volle und hektische Stadt gewesen. Seit Renjun denken kann, lebte er in dem Waisenhaus des Biestes, so wie er und die anderen Kinder die Waisenhaus Leiterin insgeheim nannten. Sie war durchaus böse und schlug sie, wenn sie auch nur eine Minute zu spät zum Essen kamen.

𝕍orsichtig schlängelte er sich zwischen den Bewohnern Bardiahs hindurch und suchte nach Sachen die er gebrauchen konnte.
Da! Ein goldenes Armband glänzte an dem dünnen, weißen Handgelenk einer Frau. Mit einer einzelnen Bewegung zog er ihr den Armreif so geschickt aus, das sie nicht viel mehr als einen leichten Windhauch spürte. Vorsichtig stahl er dem nächsten ein Säckchen voller Gold, dem darauffolgenden einen Wasserschlauch, der blonden Frau ein Brot, der anderen eine Menge Ringe aus Silber, Diamanten und Gold, der anderen ein paar rubinroter Ohrringe, dem anderen eine Kette und so weiter. Atemlos kam er am anderen Ende des Marktplatzes an. Die Hosentaschen und den kleinen Rucksack vollgestopft. Er blickte sich schnell um und floh, da es früher oder später bemerkt werden würde. Schon hörte er die Frau empört nach ihren Ringen schreien. Er schmunzelte. Er brachte seinen neusten Besitz so schnell wie möglich in das verlassene Haus, welches etwas abseits des Restes der Stadt lag. Keiner würde je auf die Idee kommen, das Renjun alle seine Diebesgüter hier versteckte. Atemlos lies er sich neben seinen Diebesgütern fallen und schnappte sich den Wasserschlauch, den er dem Mann gestohlen hatte. Hastig trank er ihn in einem Zug leer. Wohlig seufzte er aus und wischte sich mit der Handfläche die überflüssigen Wassertropfen vom Kinn.
Er langte nach dem Brot und biss zaghaft in das noch lauwarme Gebäck. Sein Magen knurrte zufrieden. Das Brot hatte einen leicht pikanten Geschmack, weshalb Renjun erstaunt das Brot musterte. Es war ziemlich schmackhaft. Es dauerte nicht lange, bis er das Brot vollständig aufgegessen hatte. Er verstaute seine Habseligkeiten vorsichtig unter dem alten Bett bevor er das alte Haus verließ und eigentlich zurück zum Waisenhaus gehen wollte, hätte er nicht den Lärm in Richtung Haupttor gehört. Verwundert brach er seine eigentliche Route ab und ging auf die Ansammlung von Menschen zu. Die irgendetwas anstarrten. Renjun zwängte sich zwischen den Reihen der Erwachsenen durch, um einen besseren Ausblick auf die Geschehnisse zu haben. Der siebzehnjährige bekam einige Beleidigungen zugeworfen, da er nicht selten auf den Fuß eines der Leute trat. Der Lärm schwillte plötzlich zu einigen überraschten Ausrufen an. Endlich konnte Renjun erkennen was am Tor vorging...
Der Soldaten Trupp kehrte zurück. Das Schnauben und Hufgeklapper der Pferde Drang an seine Ohren und fasziniert starrte er die schneeweißen Pferden an, welche mit hoch erhobenen Häuptern edel an ihm vorbei trabten. Auf ihrem Rücken thronten die Soldaten, die den Blick starr nach vorne gerichtet hielten, ohne die Miene zu verziehen.
Vorne trabte der Leutnant auf einem rabenschwarzen Pferd. Ein bösartiges Lächeln lag auf seinen Lippen und er hielt den Blick stets auf Galgen in der Mitte des Platzes gerichtet. Eingebildet starrte er ab und zu in die Menge, nur um Begriffe wie: „Leutnant wir lieben dich!" oder „Was würde nur ich für so einen Mann wie Sunghoon tuen!!!"
Lee Sunghoon. Das war der Name des Mannes. Plötzlich fuhr ein Wagen durch das Tor, welcher von zwei prachtvollen goldbraunen Rössern gezogen wurde. Renjun wand den Blick vom Leutnant ab und sah zu dem Wagen. Ein paar Soldaten hielten Seile in den Händen, welche wohl zum dem Hauptgrund der Wiederkehr des Trupps führten. Ein Abnormaler...

𝔻er Engel kniete auf dem Wagen, viel zu enge Seile hielten seine Arme und Flügel nah an seinen Körper gebunden und einer der Soldaten hielt eine im Sonnenlicht glänzende Klinge an die Kehle der Kreatur. Renjun musterte den Abnormalen genauer.
Es war ein Junge. Blass violette, wellige Harre fielen dem Jungen ins Gesicht und eine Augenbinde verdeckten seine Augen. Seine Haut war schneeweiß und riesige, weiße Flügel prangten auf seinem Rücken. Die Statur des Junges war schlank, jedoch zitterte er am ganzen Körper. Zu seinem Entsetzen erkannte Renjun, dass der Jungen sogar um einiges jünger als er war. Die schlanken Finger des Jungens waren in seinem lilafarbenen Gewand verkrampft und es sah so aus, als sei er erst vor kurzem in einem Menschendorf gewesen und hatte seine wahre Gestalt verborgen gehabt.
Und da verstand Renjun. Sie wollten den Engel hängen. Er würde sterben.

𝔸us irgendeinem Grund gefiel Renjun der Gedanke an den Tod des Jungens garnicht. Irgendetwas in ihm wollte das bereits versiegelte Schicksal des Jungens umändern. Es neu umschreiben.

𝔻er Trupp setzte seine Route fort und hielt in der Mitte des Marktplatzes. Der Leutnant stieg elegant vom Pferd und stellte sich auf das Podest vor dem Galgen.
„Achtung!" laut schallte die Stimme des Leutnants über den Platz.
„Ihr habt das Glück Zeugen eines ganz besonderen Spektakels zu werden, liebe Bürger und Bürgerinnen. Die Hinrichtung dieses Abnormalen! An den Galgen mit ihm!!!!!"
Einer der unteren Soldaten schubste den Engel von dem Wagen.
Hart ergriffen zwei andere Soldaten seine Handgelenke und rissen ihn brutal zu dem Galgen. Unsanft legte der Henker das Seil um den dünnen Hals des Jungens. Mit einem gezielten Schlag wurde er an die richtige Stelle geschubst. Trotz der hoffnungslosen Situation lag ein holdes Lächeln auf den Lippen des Engels. Wie zuvor im Wagen verkreuzte er seine Finger.

ℝenjun auf der anderen Seite wurde immer verzweifelter. Seine Gefühle spielten verrückt.
Als der Henker dann auch noch mit langsamen Schritten auf den Schalter zuging, schien es, als sei die Zeit stehengeblieben.
Die Hände des Henkers legten sich um den Schalter und er übte leicht Druck auf diesem auf.
Ein hämisches Grinsen schmückte die dreckigen Gesichtszüge des Henkers.

𝔻ie Wut knäulte sich zu einem riesigen Etwas und erlaubte es Renjun nicht, einen einzelnen Atemzug zu nehmen.
Ohne das Renjun es steuern konnte, spürte er, wie seine Augen anfingen sich zu erhitzen, jeder einzelne Muskel seines Körper von einer Unbekannten Macht durchströmt wurde und seine Finger sich plötzlich ganz seltsam anfühlten.

𝔼ine ungeheure Kraft durchströmte ihn und kurz hatte er das Gefühl, dass er alles in sich aufsog, bevor alles explodierte. Seine Augen nahmen einen violetten Ton an und eine Druckwelle löste sich von ihm und war noch meilenweit zu spüren. Alles um seinen Körper herum wurde von dem Füßen gerissen, der Galgen wurde vollständig zerstört, die Stände des Marktes fielen um und der Engel wurde von den Fesseln befreit. Renjuns zarter Körper wurde in die Luft gerissen und endlich kam das hervor, was sein Körper 17 Jahre lang versteckt hielt. Die Geheimnistuerei hat nun ein Ende.
Renjun kniff die Augen zusammen und versuchte mit der Kraft klarzukommen.

𝔼s fühlte sich an als würde sein Körper in tausende Stücke gerissen werden. Renjun schrie vor Schmerz. Seine Adern pulsierten,
als die pure Macht durch sie floss. Zitternd sah Renjun auf seine Finger, bevor er seinen Blick hob. Seine Augen loderten in violetten Flammen und der Zorn stand in diesen geschrieben. Jedoch verblasster dieser Zorn als er sah was er angerichtet hatte.
Die Menschen starrten ihn voller Angst an und versuchten soviel wie möglich Abstand zu halten. Dann realisierte er, was gerade geschehen war. Er war abnormal. Er war ein... ein... Nein er wusste selbst noch nicht mal was er war. Es widerte ihn an. Er war Abschaum.
Er schlug die Hände vor seinen Mund und versuchte zu begreifen was mit seinem Körper geschehen war. Wie ein in die Enge getriebenes Tier sah er sich panisch um, bevor er so schnell wie es seine Beine erlaubten weglief. Er musste hier weg. Er war eine Gefahr für jeden hier.

𝔼r lief die Treppe des Waisenhauses hoch in sein Zimmer und schnappte sich seine wichtigsten Habseligkeiten. Unter anderem das Päckchen, das seine Mutter mit ihm bei dem Waisenhaus abgegeben hatte. Er solle es erst öffnen, wenn er das Gefühl hatte, es sei der richtige Zeitpunkt. Er drückte das Packet an sich, sah sich den Raum zum letzten Mal an bevor er weiter zu dem verlassenen Haus hastete, um den Rest seiner Dinge zu holen.

𝔼r packte soviel Proviant und Goldmünzen in den Rucksack, wie nur ging. Er fürchtete sich vor der Wahrheit, aber das konnte ihm jetzt egal sein. Er nahm den direkten Weg zu einem der Seitentore und wich dem Marktplatz gekonnt aus. Der große Torbogen war so nah, dass er sich schon in seinen Pupillen wiederspiegelte . Zu seinem Glück war keiner der Wachen dort. Er zog das Tor mithilfe des Hebels hoch und rannte geradewegs in die Freiheit. Mittlerweile liefen ihm Tränen über die Wangen. Er würde sein Zuhause nun für immer verlassen. Zum letzten Mal warf er einen Blick auf sein Zuhause, bevor er wortlos immer weiter Richtung Osten lief...


~1495 W.

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