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Ich stand auf, kippte das Fenster ein wenig und redete dann eher mit dem Fensterglas als mit meinen Freunden. Schon ziemlich erbärmlich.
"Das ist also die Thea-Geschichte. Aber das ist es nicht. Habe ich mal von Maddy erzählt?" Die Frage war überflüssig, denn ich hatte es nie getan. Ich hatte versucht, meinen Fehler bestmöglich zu verdrängen und mich in Freundschaften und mein neues Leben in Boston gestürzt. Auch wenn es mir schwergefallen war.
Doch jetzt fühlte es sich wie der richtige Moment an, um dieses ganze Chaos ausbrechen zu lassen.
"Also... Bevor wir nach Boston gezogen sind, hatte ich in Houston eine Freundin - Maddy. Den Spitznamen hatte sie von mir, weil June ihr erster Name ist und sie immer der Meinung war, der passt nicht zu ihr. Naja, ich komme vom Thema ab. Auf jeden Fall waren wir fast zwei Jahren lang zusammen bis eben das Abschlussjahr kam und wir umgezogen sind. Damals hatte ich Angst vor der Zukunft, glaube ich. Auf jeden Fall war ich blöd genug, Schluss zu machen. Ich habe ihr vom einen auf den anderen Tag erklärt,  dass wir keine Zukunft hätten, wenn ich in Boston und sie in Houston wäre, zumal niemand wusste, was nach dem Abschluss wäre. Erinnerst du dich an die Diskussion mit Emma an meinem ersten Schultag hier, Sean? Sie hat behauptet, Taylor Swift sei niemals zu toppen und ich meinte nur, dass es bessere Musik gibt, aber unsere Diskussion hat selbst Mr. Marten erstaunt. Naja, Taylor Swift war damals Maddys Lieblingssängerin. Ich habe versucht, alles was mit ihr zu tun hat, krampfhaft auszublenden und hatte deshalb wohl den so ziemlich beschissensten ersten Schultag aller Zeiten. Aber es hat funktioniert. Ich habe Maddy verdrängt und irgendwann Thea kennengelernt. Dazwischen war nie etwas. Es ist fast ironisch, dass beide meiner Beziehungen ungefähr zwei Jahren gingen, oder? Und naja, wie auch immer - jetzt taucht Maddy wieder auf und ich weiß nicht mehr, was ich davon halten soll. Sie ist... nicht Maddy. Sie ist June Maddison Brown. Ein... komplett anderer Mensch mit einem kontrollierten Leben und sie hasst mich. Verdient habe ich es ja, aber dann verstehe ich nicht, warum mir das nicht aus dem Kopf geht. Ich bin echt hoffnungsloser als ein Teenager."

Erst jetzt atmete ich durch und wandte den Blick frustriert von den dunklen Wolken ab. Jakes dunkle Augen blickten mich von der Seite an. "Willst du uns gerade erzählen, dass du Thea wegen Maddy verlassen hast?" Ich blinzelte ein paar Mal. "Was? Nein. So nicht! Ich schaffe es nur irgendwie nicht, Maddy seit unserer ersten Begegnung hier aus dem Weg zu gehen. Und ich glaube, es hat sie gebraucht, um zu erkennen, dass aus mir und Thea auf Dauer nichts wird." Ich zuckte deprimiert mit den Schultern und Jake sah mich schief an. "Weißt du, Luca, manchmal du bist echt doof." "Vielen Dank für das Kolmpliment, du Idiot.", erwiderte ich sarkastisch. "Und was hilft mir das jetzt weiter?" Ich tappte gespielt ungeduldig mit dem Fuß auf den Holzboden, während Sean Jake fragend ansah. Der schüttelte den Kopf, als könnte er unser beider Dummheit kaum fassen. "Luca, du bist doch sonst der gefühlvollste hier. Irgendwann werde ich dich noch dafür auslachen, dass du jetzt so auf dem Schlauch stehst." Er grinste, dann sprach er weiter. "Aber erstmal das Offensichtliche. Rede mit Maddy. Oder June. Oder wie auch immer sie heißt! Denn ob du die Trennung nun verdrängt hast oder nicht, erzähl mir nichts vom Pferd, du bist nicht über sie hinweg. Also rede mit ihr. Wenn ich richtig gezählt habe, ist das jetzt wie lange her? Sieben, acht Jahre? Das ist eine lange Zeit und klar ist sie sauer auf dich, du Arsch. Du hast sie ganz schön verletzt. Aber ich kann mir vorstellen, dass sie bei der Reaktion auch noch nicht ganz vergessen hat, wer du eigentlich bist. Du hast sie geliebt, das sieht doch selbst Sean, oder?" Sean beschwerte sich halbherzig, aber Jake überging die Beleidigungen an seine Person schlichtweg. "Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sogar sagen, du liebst sie immer noch. Aber selbst wenn nicht, solltet ihr reden. Zivilisiert! Ohne euch die Köpfe einzuschlagen. Und dann kann das Leben ja vielleicht endlich weitergehen. Mit ihr oder ohne June."
Sean drehte den Kopf zu mir und meinte gespielt getroffen: "Wow. So viel Sensibilität hätte ich ihm nie zugetraut. Ich bin immer wieder erstaunt, was in unserem Jake alles steckt!"
Seans Kommentar hatte die Stimmung etwas aufmischen sollen, das war mir klar, aber ich gab dennoch eine einfache Antwort. "Jake ist Vater einer Tochter! Sensibilität wird er früher oder später wohl brauchen."
Jake ließ dies zwar unkommentiert, jedoch ebenfalls nicht locker.
"Hast du ihre Nummer? Adresse? Irgendeinen Ort, wo du sie abpassen könntest?"
Ich überlegte tatsächlich eine Weile. Ich kannte ihre Adresse nicht und sie irgendwann im Mandy's abzupassen, erschien mir falsch. Aber ich hatte die Nummer ihrer Freundin! Sue musste mir doch wohl helfen! Also zuckte ich mit den Schultern ehe ich antwortete. "Womöglich könnte ich an ihre Nummer kommen. Mache ich aber morgen, ja? Jetzt wäre es durchaus nett, diesen Geburtstag auch wirklich zu feiern. Ich habe echt keinen Bock mehr auf Trübsal und miese Laune."

Als auch Mary wieder hineinschneite und sich zu ihrem Freund gesellte, wurde meine Ausrede akzeptiert.
"Seid nicht zu laut, Jungs. Hailey schläft nebenan und wenn sie nochmal aufwacht, werdet ihr sie höchst persönlich wieder zum Schlafen bringen." Marys Worte wirkten sofort. Sean drehte die Musik etwas leiser und Mary lächelte zufrieden. "Dankeschön", meinte sie zuckersüß, doch alle anderdn lachtem nur. Mary war mindestens genauso wenig ein Engel wie Anna und Daisy und die beiden waren Jahre jünger und glichen kleinen Teufeln, wenn sie etwas bestimmtes wollten.

Once again in DecemberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt