𝖲𝗈𝗆𝖾𝗍𝗁𝗂𝗇𝗀 𝖡𝗂𝗀

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»Something big, I feel it happening, out of my control«
[𝖧𝖺𝗇𝖽𝗐𝗋𝗂𝗍𝗍𝖾𝗇 | 𝖳𝗋𝖺𝖼𝗄 𝗏𝗂𝖾𝗋]

»Bitte, pass auf dich auf, Shawn! Wir vermissen dich alle! Ich hab dich lieb, mein Kleiner«, hörte ich meine Mutter sagen. »Jaja, Mum, ich dich auch« Ich beendete das Telefonat und verließ mein Hotelzimmer wieder.

Es war Mitternacht, aber die Zeitverschiebung machte es mir möglich mit meiner Familie zu telefonieren. Ich vermisste sie alle schrecklich, denn wir hatten uns jetzt seit ungefähr zweieinhalb Monaten nicht mehr gesehen, da meine Eltern viel am Arbeiten waren und meine Schwester im Gegensatz zu mir in der Schule war und bei weitem noch nicht alt genug war, um alleine zu reisen.

Obwohl es schon spät war und morgen wieder ein Konzert stattfinden würde, konnte ich nicht schlafen und ging deshalb nochmal nach draußen. Hätte ich meiner Mutter das gesagt, wäre ich vermutlich tot gewesen. Doch neben dem Hotel war ein Fastfoodrestaurant und ich hatte riesigen Hunger, da ich nach dem Konzert nichts mehr gegessen hatte.

Ich verließ das Haus und holte mir zwei Straßen weiter einen Burger und etwas zu trinken. Die Nacht sog mich praktisch in sich auf. Überraschenderweise waren sogar die Sterne sichtbar und als ich genüsslich in meinen Burger biss, starrte ich an den Nachthimmel. Es sah einfach wunderschön aus wie die Sterne am Nachthimmel funkelten.

Schmatzend ging ich ins Hotel und wurde etwas böse von dem Mann hinter der Rezeption angefunkelt, aber es war mir schlussendlich egal. Als ich vor dem Fahrstuhl stand und noch mein Wasser trank, nachdem ich den letzten Rest meines Burgers gegessen hatte, hörte ich hinter mir eine laute Stimme.

Vorsichtig spähte ich über meine Schulter und erblickte Jade und Reagan. Jades Gesicht war rot vor Wut und sie gestikulierte heftig mit ihren Armen, während ihre Schwester sie nur unbeeindruckt anblickte. »Jade, hör doch einfach mal auf, mein Gott. Ich bin auch nur ein Mensch und wenn ich aktuell nichts geschrieben habe, dann musst du das schlicht und ergreifend einfach akzeptieren oder du schreibst einfach einmal selbst. Ich bin nicht deine persönliche Quelle für Texte. Bemüh dich selbst« Damit drehte sich Reagan Richtung Fahrstuhl, also in meine Richtung.

Der Fahrstuhl öffnete sich genau in diesem Moment und hektisch wandte ich meinen Kopf wieder von den beiden Schwestern ab und betrat den Fahrstuhl. Bevor sich die Türen wieder schließen konnte, stellte Reagan sich neben mich und warf ihrer Schwester noch einen provokanten Blick zu.

Schweigend fuhren wir mit dem Fahrstuhl nach oben und stiegen auf der selben Etage aus. Flüchtig sah ich sie an, wagte es aber nicht sie länger anzublicken. Abrupt blieb sie stehen und starrte in die Leere. »Shawn?« Sie sprach so leise, ich dachte erst, ich hätte mich verhört.

Langsam drehte ich mich um und sah sie an. Reagan blickte auf und sah mir in die Augen, doch diesmal war es nicht so, dass sie in meine Seele blickte. Ich blickte in ihre und was ich sah, gefiel mir nicht. Die Tränen standen ihr in den Augen und mir war bewusst, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis sie anfing zu weinen. Vorsichtig trat ich einen Schritt auf sie zu und nahm ihre Hand, bevor ich sie in den Arm nahm.

Jegliches Zeitgefühl verließ mich, während sie weinte. Es könnte sich um Sekunden oder Minute handeln, aber auch um Stunden. Reagan weinte stumm. Kein Ton verließ ihre Lippen, doch ich merkte, dass sie weinte. Ihr ganzer Körper bebte und nach einer Weile sackte sie in sich zusammen.

Ich konnte sie gerade noch so auffangen und setzte mich mit ihr an die Wand und wartete darauf, dass sie sich beruhigte. Unwissend, was ich sagen könnte, damit es ihr besser ging, saß ich neben ihr und hielt sie einfach nur im Arm, was sich aber irgendwie gar nicht komisch oder falsch anfühlte. Es fühlte sich sogar richtig an hier zu sein.

Nach einer Weile hörte ihr Körper auf zu beben und sie legte ihren Kopf auf meine Schulter. »Ich bin müde«, flüsterte sie fast ohne jeglichen Ton. Langsam und vorsichtig stand ich auf und wollte ihr meine Hand reichen, doch ich entschied mich um. Ich hob sie hoch und sah ihr ins Gesicht. Es war gerötet und das bisschen Maskara, das sie getragen hatte, war über ihre Wangen verteilt.

»Dein Schlüssel?« Fragend sah ich Reagan an, während sie in ihre Jackentasche griff und die Magnetkarte herauszog. »Zimmernummer?«
»921« Ich nickte und lief mit ihr auf dem Arm zu ihrem Zimmer. Währenddessen legte Reagan ihren Kopf an meine Brust.

Als wir vor ihrem Zimmer ankamen, nahm ich ihr irgendwie die Karte aus der Hand und öffnete die Tür. Bedacht setzte ich sie auf ihr Bett und sah sie erneut an. »Kommst du klar?«, fragte ich etwas beunruhigt. »Ja, natürlich, mach dir keinen Kopf« Sie brachte ein schwaches Lächeln zu Stande, doch ich kaufte es ihr nicht ab. »Ich schreib dir meine Handynummer auf, ja? Wenn doch noch irgendwas sein sollte, schreib mir oder ruf an, okay?« Erneut nickte sie. »Danke, Shawn«

Ich sah sie noch einmal an, bevor ich ihr Hotelzimmer verließ und die Tür hinter mir schloss. Schnell lief ich zu meinem Hotelzimmer und schloss die Tür auf. Ein Blick auf mein Handy zeigte mir, dass es mittlerweile ein Uhr nachts war. Ich fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht und atmete einmal tief durch. Was zur Hölle war das?

Ich zog meine Jacke aus und schmiss sie über den Stuhl, der im Zimmer stand, bevor ich ins Bad ging und mich unter die Dusche stellte. Das heiße Wasser prasselte auf meine Haut und ließ meine Sicht ein wenig verschwimmen, da es eine Dampfwolke gebildet hatte. Ich beeilte mich fertig zu werden und zog mir danach eine Jogginghose und ein altes Shirt an.

Erschöpft schmiss ich mich auf das Hotelbett und starrte an die Decke. Doch obwohl ich die Müdigkeit in meinem Körper spürte, konnte ich nicht einschlafen. Jades Wut und Regans Tränen danach hatten sich in meinem Kopf festgebrannt. Ich wollte irgendetwas tun, um zu helfen, doch ich hatte absolut keine Ahnung, was ich tun konnte.

Ich legte mich auf die Seite und starrte zu dem Fenster, dessen Rollladen ich nicht geschlossen hatte, sodass ich jetzt erneut den Nachthimmel sehen konnte. Es waren bei Weitem nicht mehr so viele Sterne zu sehen, wie vorher, doch der Mond war jetzt sichtbar und strahlte vollkommen.

Während ich so fokussiert den Mond ansah, bemerkte ich erst nach einer Weile, dass mein Handy vibrierte. Eine unbekannte Nummer rief mich an. Ich griff nach meinem Handy, um den Anruf anzunehmen, doch bevor ich überhaupt den Mund öffnen konnte, fragte Reagan schon: »Kannst du heute Nacht hier schlafen? Ich will nicht alleine sein.«
»Gib mir eine Minute«

Ich stand wieder von meinem Bett auf und griff nach meiner Zimmerkarte, bevor ich mit meinem Handy in der Hand erneut das Zimmer verließ. An Reagans Tür klopfte ich, die daraufhin direkt geöffnet wurde. »Ich lege mich auf's Sofa, ja?«, fragte ich, nachdem ich den Raum betreten hatte, doch sie schüttelte den Kopf.

»Ich- äh, kannst du vielleicht mit in meinem Bett schlafen?«, stotterte sie. »Sicher?«, hakte ich nach. Sie nickte nur, woraufhin ich mich auf die andere Seite ihres Bettes legte. Doch auch diesmal fühlte es sich nicht komisch an, sondern auch wieder richtig. Nach ein paar Minuten spürte ich ihren Kopf an meiner Schulter und hörte kurz darauf auch ihren gleichmäßigen Atem in meinem Ohr, bevor ich auch einschlief.

underneath the surface | shawn mendes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt