»I can't stop thinking about you 'cause I don't even know your name«
[𝖧𝖺𝗇𝖽𝗐𝗋𝗂𝗍𝗍𝖾𝗇 | 𝖳𝗋𝖺𝖼𝗄 𝖾𝗂𝗇𝗌]Licht.
Das Erste, das ich sah, war ein grelles Scheinwerferlicht, von dem ich angestrahlt wurde. Doch sobald meine Augen sich daran gewöhnt hatten, sah ich die ganzen Menschen, die sich im Rogers Center eingefunden hatten. Natürlich war niemand von ihnen wegen mir hier, aber trotzdem war die Eibildung dessen auf gewisse Weise schön. Dass Menschen sich für mich und meine Musik interessierten.Unkontrolliert zitterten meine Hände, die sich um meine Gitarre geschlossen hatten. Diese ganzen Menschen machten mir wahnsinnige Angst. Alle sahen mich an, alle erwarteten etwas von mir. Ich holte tief Luft und fokussierte mich auf meine Gitarre. Wie mein Vater jetzt sagen würde: »Du packst das!«
Langsam trat ich an das Mikrofon heran und versuchte nicht in die Menge zu schauen, was schwerer war als ursprünglich angenommen. Meine Fingerspitzen waren rau, weil ich in letzter Zeit so viel Gitarre gespielt hatte. Diese ganze Nordamerikatour machte mir Angst, aber gleichzeitig wusste ich auch, dass ich vermutlich niemals wieder so eine Chance bekommen würde, wenn ich diese jetzt ausschlug. Denn ich war der Voract für Jade Hale.
Die Kanadierin hatte es vor ein paar Jahren geschafft, an einen Plattenvertrag zu kommen und war nun nach zwei kleinen Touren durch Kanada auf großer Nordamerikatour. Andrew, mein Manager, hatte mich dafür beworben, ihre Tour zu eröffnen, da erst vor ein paar Wochen mein erstes Album Handwritten veröffentlicht worden war. Und jetzt stand ich tatsächlich hier auf der Bühne im Rogers Center. Vor ungefähr 50 000 Menschen.
Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich anfing die ersten Takte meines Songs Something Big zu spielen. Umso weiter ich das Lied sang desto mehr viel diese immense Last und Angst von mir ab. Ich hatte Spaß daran, das Lied zu performen und recht viele konnten sogar mitsingen, was mich sehr verwunderte. Obwohl ich eigentlich nur positives Feedback für das Album bekommen hatte, war es doch nochmal etwas anderes, wenn eine riesige Menschenmasse mit dir zusammen sang, als wenn du die Worte nur geschrieben bekommst. Es war eine noch viel realere Bestätigung, etwas zu tun, das Menschen erfreute.
Mit der Band hinter mir spielte ich weitere Lieder, als ich ein Mädchen vor der Absperrung entdeckte, das sofort meine komplette Aufmerksamkeit auf sich zog. Es war wie ein Fingerschnipsen, das dich in eine Trance versetzte und auf einmal war alles andere nebensächlich. Alle anderen Zuschauer waren hinter dem Geländer und waren mehr oder weniger begeistert darüber, mich zu sehen, aber sie stand da und spielte mit einem kleinen Mädchen, das nicht älter als fünf oder sechs Jahre sein konnte.
Die beiden alberten herum und das kleine Mädchen schien die ältere zu vergöttern als würde sie ihr die Welt geschenkt haben. Irgendwie kam das Mädchen in meinem Alter mir bekannt vor, aber ich konnte sie einfach nicht einordnen. Ihre braunen Locken umkringelten ihr Gesicht und das Lächeln in ihrem Gesicht strahlte echte, wahrhaftige Freude aus.
Meine Mutter sagte immer, dass die Augen eines Menschen dir viel mehr verrieten als alles andere. Wenn du bloß genau hinschaust, kannst du die Gefühle eines Menschen in seinen Augen lesen. Doch aus der Entfernung konnte ich ihr nicht direkt in diese sehen, aber sie hatte etwas faszinierendes an sich. Irgendetwas, mir zu diesem Zeitpunkt unbekanntes, hatte sie an sich, das mich in ihren Bann zog, und es fühlte sich so erschreckend leicht an.
Ich beendete das Konzert nach meinem letzten Song Stitches, bei dem ich das Gefühl hatte, dass alle mitsingen konnten. Andrew erwartete mich hinter der Bühne und umarmte mich. »Das war wahnsinnig gut, Shawn!« Ich lächelte ihn dankbar an, bevor ich meine Gitarre zur Seite stellte und mir dann mit meinen Händen durchs Gesicht fuhr.
Ich war immer noch voller Adrenalin. Mein Herz schlug schneller und ich hatte das Gefühl, ich könnte alles tun. Das war, was ich wollte. Dieses berauschende Gefühl von einem Höhenflug, während ich auf der Bühne eins mit der Musik war. Ich wollte wieder auf die Bühne und nochmal mit dem Publikum singen. Ich wollte mehr.
Die Tür zum Vorraum der Bühne öffnete sich und riss mich aus meiner Trance. Diese dunkelbraunen Augen würde ich überall wieder erkennen. Jade Hale stand vor mir und lächelte mich an. »Du warst wirklich toll da draußen, Shawn. Ich bezweifle sehr, dass ich das bei meinem ersten größeren Auftritt auch so gut hinbekommen habe.« Sie lachte, aber irgendwie kam mir ihr Lachen unecht vor, beinahe schon gezwungen.
Peinlich berührt fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare und bedankte mich leise. Komplimente waren mir so unangenehm. Sie waren es schon immer gewesen und werden es vermutlich auch immer sein. Ich konnte damit einfach schlecht umgehen.
Jade lief an mir vorbei und schenkte mir noch ein Lächeln, bevor ich mit Andrew zu meiner Garderobe lief. Meine Familie kam uns entgegen und meine kleine Schwester Aaliyah rannte auf mich zu. »Mein Bruder ist ein Superstar!«, rief sie völlig aus dem Häuschen. »Ich bin so, so stolz auf dich!« Meine Schwester umarmte mich fest, was mir ein Schmunzeln entlockte.
Aaliyah war gerade mal zehn Jahre alt und eigentlich der anstrengendste Mensch in meinem Leben, aber ich liebte meine kleine Schwester wie niemand anderen. Denn obwohl sie mir auf die Nerven ging, mich bei jeder Gelegenheit dazu zwang mit ihr zu spielen und den Großteil ihrer Freizeit in meinem Zimmer verbrachte, war sie trotzdem mein ein und alles. Ich würde alles dafür tun, dass es meiner kleinen Schwester gut ging und es ihr an nichts fehlte.
Nachdem meine Eltern mich, obwohl ich verschwitzt war, auch umarmt hatten, durfte ich endlich in meine Garderobe und mich duschen und umziehen. Auch im Backstage Bereich konnte man die Schreie aus der Arena selbst hören. Ich war mir ziemlich sicher, dass man auch außerhalb des Rogers Centers am Konzert teilnehmen konnte.
Als ich die Tür öffnete und hinaus trat, stieß ich mit jemandem zusammen. Es war eine helle Stimme, die kurz aufschrie, bevor sie sich auf den Boden hockte und besorgt fragte: »Oh Gott, Meara, ist alles okay, mein Schatz?« Ich wollte mich sofort entschuldigen, als ich auf das kleine Mädchen sah, die mich aus ihren blauen Augen ansah.
»Tut mir echt leid« Ich hockte mich neben die Brünette. »Ist alles okay?«, fragte auch das Mädchen. Erst da machte es bei mir Klick. Verstohlen blickte ich zur Seite. Das waren die beiden Mädchen, die vor der Absperrung standen. Die ältere nahm ihren kleinen Engel auf den Arm und stand auf. »Tut dir irgendwas weh? Dein Bein oder dein Arm? Oder irgendwas anderes?«
Meara, so hieß das kleine Mädchen ja vermutlich, schüttelte den Kopf. »Alles gut, Ree« Langsam erhob ich mich auch, da ich irgendwie in einer Art Starre gefangen war. Ich blickte die beiden etwas verwirrt an und blinzelte ein paar Mal, bevor ich anfing zu sprechen. »Tut mir wirklich, wirklich leid. Ich habe euch nicht gesehen. Ist wirklich alles okay bei ihr? Und bei dir natürlich auch« Nervös lachte ich auf.
»Ja, passt schon« Erst jetzt schaute sie mich an. Ihre Augen trafen mich wie ein Schlag. Sie waren braun, fast schon gold, aber sie waren so klar und es fühlte sich an als könnte sie mir in die Seele blicken und jedes meiner Geheimnisse, alle meine Ängste und Emotionen sehen. So etwas hatte ich noch nie und irgendwie war es Angst einflößend. Meine vorherige Verwirrung war nicht unbedingt hilfreich in diesem Fall und ich starrte sie nur an.
Eine Kinderstimme brachte mich zurück in die Gegenwart. »Ich will was essen, Ree«, nörgelte die Kleine. »Einen Moment noch, mein Engel. Er muss erstmal zu Ende starren.« Damit lächelte sie mich auffordernd und in gewisser Weise auch provokant an. »Ich— ähm, sorry« Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. »Verübeln kann ich es dir ja nicht« Sie grinste.
»Vielleicht sieht man sich ja nochmal, bis dann.« Mit dem kleinen Mädchen auf dem Arm drehte sie sich um und wollte Richtung Buffet laufen. »Warte mal!«, rief ich ihr hinterher. »Wie heißt du denn überhaupt? Nur für den Fall, dass wir uns wiedersehen, versteht sich«
Kurz drehte sie sich einmal um. »Du hast es doch so schön gesungen: 'Cause I don't even know your name, all I remember is that smile on your face. Was zur Erinnerung hast du ja.« Sie zwinkerte und lief weiter.Damit hatte sie sich verraten. Sie wusste, wer ich war und sie kannte meine Texte. Hätte meine Mum mich nicht gerufen, wäre ich ihr hinterher gelaufen.
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underneath the surface | shawn mendes
Fanfic»Denn Musik ist meine Art zu bluten. Jede Emotion, die durch meinen Körper fließt, findet sich in meiner Musik wieder. So verarbeite ich den Schmerz, den Frust, die Trauer, aber auch - und ich denke, das ist die bedeutsamste von allen - die Liebe.« ...