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Verlangen.

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„Und deshalb ist es äußerst wichtig ...", der Regierungsvertreter räusperte sich und nahm einen Schluck aus seinem Wasserglas. Das Papier knisterte, als er es glattstrich und erneut ansetzte. „Es ist äußerst wichtig, dass Sie sich darüber im Klaren sind, wie überaus wichtig es ist ..."

„Merkst du, wie wichtig es ist?" Conec stupste mir augenzwinkernd in die Seite.

Am liebsten hätte ich meinen Kopf in meiner Armbeuge vergraben und eine Runde geschlafen. Seit einigen Nächten waren meine Träume unruhig. Immer wieder wurde ich von Geräuschen geweckt. Es konnte alles Mögliche sein, aber ich bildete mir jedes Mal ein, es sei das Kratzen an einer Tür – an unserer Zimmertür. Das animalische Kratzen eines Tigerbären, der sich irgendwie durch die Sicherheitsmaßnahmen des Castles und bis zu meinem Zimmer geschlichen hatte ...

Ein Gähnen unterdrückend fuhr ich mir mit dem Handballen über die Augen.

„Es kommt mir gleich zu den Ohren raus, so wichtig ist es ...", jammerte ich.

Conec kicherte und kassierte dadurch die feindseligen Blicke einiger Sitznachbarn.

Wir saßen in einem großen Hörsaal, der aus allen Nähten platzte. Uns war gesagt worden, die Veranstaltung sei allein für Hunter ersten Ranges ausgelegt – für Neulinge wie Conec und mich – aber das Publikum bestand bei Weitem nicht nur aus Rang 1-Novizen. Ich erblickte Gesichter, von denen ich wusste, dass sie aus höheren Rängen stammten – mal ganz abgesehen von Neele, meiner Mitbewohnerin, die auf meiner anderen Seite saß. Ich hatte keine Ahnung, weshalb sie überhaupt hier war, aber seit Beginn der Veranstaltung wirkte sie wahnsinnig aufgeregt. Ein Gefühl, das ich absolut nicht nachvollziehen konnte.

„... dass es überaus wichtig ist", fuhr der Regierungsvertreter fort, „dass Sie immer auf den für Sie zuständigen Offizier hören und genau tun, was er sagt."

Ich musste mich zurückhalten, um nicht frustriert aufzustöhnen. Zum wiederholten Mal fragte ich mich, weshalb ich überhaupt hier war. Die Veranstaltung war keine Pflicht und diente lediglich dazu, dass die Regierung die Gelegenheit erhielt, ein Wort an den neuen Jahrgang zu richten. Zuerst hatte ich darüber nachgedacht, gar nicht hinzugehen, aber Neele hatte mich gezwungen. „Du wirst es nicht bereuen", hatte sie versprochen.

Im vorderen Teil der Zuschauerreihen gab es eine Handmeldung. Ein Raunen ging durch die Menge und Neele begann neben mir unruhig zu zappeln.

Ohne dass jemand ihm eine hörbare Redeerlaubnis gestattet hatte, erhob der Novize das Wort. „Aber was soll ich tun, wenn das, was mein Offizier befiehlt, absoluter Schwachsinn ist!?"

Diese forsche Frage riss mich aus meiner Lethargie. Als der Sprecher aufstand und sich Beifall heischend im Hörsaal umsah, erkannte ich, dass es sich um einen jungen Mann handelte, ein paar Jahre älter als ich – vielleicht in Neeles Alter. Er war breitschultrig, braun gebrannt und trug die langen, schwarzen Haare straff im Nacken zusammengebunden. In seinen Augen konnte ich eine stumme Herausforderung funkeln sehen.

„Offizier Goatyr! Ich muss Sie bitten, still zu sein oder diese Veranstaltung zu verlassen."

Der bullige Mann zur Linken des Regierungssprechers war ebenfalls aufgestanden. Er hatte sich als Vorsitzender des Castles vorgestellt. Innerhalb der politischen Hierarchie stand über ihm nur noch der Verteidigungsminister Nurvias – der mit einem kurzen Militärhaarschnitt und verschränkten Armen zur Rechten der beiden saß – und über dem stand natürlich noch der Präsident Nurvias, der jedoch heute nicht anwesend war.

„Das war eine ernst gemeinte Frage", fuhr der rebellische Mann ungerührt fort. „Können oder wollen Sie sie nicht beantworten?"

Aufgeregtes Raunen im Hörsaal folgte seinen Worten. Ich beugte mich zu Neele hinüber. „Wer ist das?", fragte ich leise.

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