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Castle.

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Vor über siebzig Jahren war Nurvia um ein uraltes Gemäuer errichtet worden. Wie es seine Erbauer damals genannt hatten, wusste heute niemand mehr. Wir hatten dem Bauwerk den Namen Castle gegeben – das größte Gebäude der Stadt. Der am besten gesichertste Ort. Der Hauptsitz der Hunter.

Conec und ich konnten ihn schon von weitem erkennen. Durch Nurvias Straßen kämpften wir uns mit einem merkwürdigen Gefühl im Magen. Nach dem morgendlichen Angriff war die Stadt in Aufruhr geraten. Inzwischen hatte sich die Aufregung gelegt. Ein Angriff dieser Größenordnung war keine Seltenheit, Nurvias Bewohner waren daran gewöhnt. Als wir an dem Hochhaus vorbeikamen, in das der Habichtsschnapper gekracht war, sahen wir eine Handvoll Hunter die letzten Trümmer beseitigen. Hoch über unseren Köpfen klaffte das Loch im Gemäuer wie eine Wunde.

„Wir kommen zu spät", murmelte ich.

Der Zwischenfall mit dem Habichtsschnapper hatte uns Zeit gekostet. Wir hätten längst am Castle sein können, aber meine Großmutter hatte uns dazu überredet, noch zu einem frühen Frühstück zu bleiben, und uns hinterher mindestens zehnmal angewiesen, vorsichtig zu sein. Ich wusste, dass sie sich auch darum sorgte, dass sie uns nun kaum noch zu Gesicht bekommen würde. Hunter zu sein bedeutete, Verantwortung zu übernehmen. Schließlich befanden wir uns im Krieg – im Krieg gab es keinen Urlaub oder so etwas wie Freizeit. Viele Hunter besuchten ihre Familie nur ein oder zwei Mal im Jahr – wenn überhaupt.

Klamm war ärgerlich gewesen. Mein jüngerer Bruder war mit fünfzehn Jahren zu jung, um sich im Castle einzuschreiben. „In der Schule lernen wir einfach nichts Nützliches!", hatte er sich mit grimmiger Miene beschwert. Wie ich trainierte er beinahe jeden Tag, um seinen Körper zu stählen. Er war einen guten Kopf größer als ich, aber wir besaßen dieselben kohleschwarzen Haare, helle Haut und himmelblauen Augen.

Kara hatte nichts gesagt. In der letzten Zeit wirkte sie häufig so: Trügerisch still wie die Wildnis bei Nacht ...

„Mach dir keine Gedanken", versuchte Conec, mich zu beruhigen, und schenkte mir ein Lächeln.

„Zu spät am ersten Tag!" Ich warf ihm einen finsteren Blick zu. „Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber sind die Hunter nicht dafür bekannt, dass sie Unpünktlichkeit kompromisslos mit Degradierung bestrafen? Was werden sie in dem Fall mit Neulingen tun ...?"

Zwischen meterhohen Betonwänden traten Conec und ich auf die breite Transportstraße, die zum Marktplatz führte. Karren und Wagen wurden dicht an dicht gezogen. Wir mussten Acht geben, unter niemandes Räder zu geraten. Juzz, der ältere Bruder einer Schulfreundin, winkte uns zu, während er kräftig in die Pedale trat. Der Wagen, den er hinter sich herzog, pendelte abenteuerlich, als er bremste.

„Hey ihr beiden, wollt ihr zum Castle? Soll ich euch mitnehmen?", rief er uns zu.

Conec stieß mir augenzwinkernd einen Ellenbogen in die Rippen und ich verdrehte die Augen. In Wirklichkeit war ich erleichtert. Der Warentransport rettete uns gerade den Hintern.

Juzz war Logistiker. Er trug eine Weste mit einem Button, der ihn als solchen auszeichnete. Die Logistiker sorgten für Ordnung in der Stadt, brachten Lebensmittel und andere Waren dorthin, wo sie gebraucht wurden und behielten alles im Blick. Sie sprachen mit den Menschen und waren grundsätzlich auf dem neuesten Stand.

Im Slalom bahnten wir uns unseren Weg zu Juzz' Wagen und schwangen uns über die angelaufenen Metallplatten, die er zu einem zweckmäßigen Gefährt zusammengeschweißt hatte. Es war gerade genug Platz für uns beide. Gegenüber türmten sich drei Kisten übereinander, bis oben hin gefüllt mit Waffen unterschiedlichster Art. Über glänzende Schwerter, Armbrüste bis hin zu einfachen Messern gab es alles. Alles – bis auf mechanische Waffen wie Pistolen oder Maschinengewehre. Vor wenigen Jahren war uns der Vorrat an Schießpulver ausgegangen. Um neues herzustellen, fehlten uns die nötigen Ressourcen. Das Castle bunkerte die mageren Reserven für Notfälle.

Hunters - und die Jagd beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt