Vierzehn

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"Hallo, hier Hanna Lorenz, ich brauche sofort einen RTW mit Notfallsani in der Kanzlei Vinzlorak und Partner. Wir haben hier einen anaphylaktischen Schock, der wohl bereits etwa 30 Sekunden andauert. Betroffene in Schocklage und Atmung stabilisiert sich etwas, aber Lippen immer noch gefärbt." Die Frau am anderen Ende des Notrufs antwortete auf eine Weise, die Hanna seit ihrem letzten Einsatz nicht mehr gehört und irgendwie vermisst hatte. Sie verstand sofort, schickte die angeforderten Sanitäter und den Arzt raus, bevor sie noch eine Frage stellte. "Können Sie die betroffene Person in Schockposition beibehalten und sie trotzdem runter ins Erdgeschoss bringen? Dann ist der Weg kürzer und sie sparen die Zeit, in der die Rettungskräfte sowieso noch auf ihrem Weg sind." Sofort leuchtete Hanna die Idee sofort ein und sie musste zugeben, dass sie eher selten so gut kalkulierte Tipps von einer Rettungszentrale erhalten hatte. "Machen uns auf den Weg. Dankeschön." Hanna wollte gerade auflegen, als sie jedoch noch ihre Verabschiedung wahrnahm. "Ich helfe gerne meinen Kolleginnen." 

"Wir müssen Luise runter ins Foyer bringen, dabei aber ihre Beine oben halten." Sie sah ihre Chefin an, die Gottseidank jedoch schon lange aus ihrer Schockstarre in eine konzentrierte Haltung übergegangen war - fast so, als sei sie es bereits gewohnt. "Okay, das heißt wir tragen sie, richtig?" Hanna nickte nur, bevor sie den Oberkörper ihrer Kollegin trug und ihrer Chefin paradoxerweise nun Anweisungen stellen konnte. "Die Füße müssen höher sein als ihr Kopf, damit bringen wir sie nicht aus der Schocklage. Somit zögern wir etwas Zeit heraus." Hanna wunderte sich gerade etwas, dass Luise nicht einmal ein Notfall-Set für Allergiker bei sich hatte, doch beim hastigen Durchwühlen ihrer Handtasche, die der Anwalt des Klienten auf ihre Anweisung hin gebracht hatte, hatte sie nichts derartiges gefunden. 

Unten angekommen sah Hanna bereits, dass insgesamt drei Männer und eine Frau das Foyer betreten hatten. Zwei der Sanitäter hatten bereits eine Trage mitgebracht und die Notärztin, die in Hannas Augen vermutlich ein ausgezeichnetes Model bei der Werbung für ihre Dienstkleidung hätte machen können, suchte bereits ein Medikament heraus. Hanna klärte die vier über die Lage auf, was nach außen hin wohl eher wie ein Briefing unter Kollegen wirken musste, da sie sich im Fach-Jargon unterhielten. Nach etwa 2 Minuten kam Luise dann wieder zu Bewusstsein, auch wenn das wohl eher begrenzt war. Hanna beschloss, dass sie ihre Kollegin noch im RTW begleiten würde, als sie die drei Herren von eben aus dem Aufzug steigen sah. "Vielen Dank für Ihre schnelle Reaktion, Herr Tischer.", bedankte sie sich beim Anwalt der Gegenseite, der sogar die Handtasche noch mitgenommen hatte und abgeben wollte. Das freundliche Nicken des Mannes ihr gegenüber war Hanna genug Antwort und sie stieg kurzerhand in den Rettungswagen ein, bevor sie neben der Trage Platz nahm.



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