Dreiundvierzig

557 40 0
                                    

"Hast du noch was vor?", fragte Hanna schließlich und war erstaunt über ihre spontane, selbstbewusste und direkte Äußerung. Auch Juna hatte sichtlich mit vielem, aber nicht mit sowas gerechnet, als sie zwischen den Aufzugtüren stehen blieb. Eigentlich wollte Juna gerade aus dem Raum der hitzigen Stille ins Foyer treten, doch nun stand sie - Hanna zugewandt - ein, vielleicht zwei Meter von ihr entfernt. "Nichts, was nicht bis heute Abend Zeit hat. Wieso denn, wenn ich fragen darf?" Sie zog ihre rechte Augenbraue hoch, was Hannas Knie nicht fester werden ließ. "Ich hätte da ein wenig Redebedarf.", antwortete Hanna knapp, um ihre bisherige Selbstüberzeugung weiter wachsen zu lassen. Irgendwie bekam sie das Gefühl, dass die bis eben noch genervte Unterhaltung - wenn man davon überhaupt sprechen konnte - in ein lockeres Gespräch überging. "Ich würde dir ja einen Ort vorschlagen, aber da ich mit der Straßenbahn gekommen bin und mich in diesem Stadtbezirk auch nach all den Jahren immer noch nicht wirklich auskenne, überlasse ich dir mal lieber die Wahl." Als hätte Hanna sich heute noch nicht selbst im Thema Spontanität übertroffen, schlug sie etwas vor, dessen Bedeutung sie sich wohl erst richtig bewusst wurde, als die Worte bereits ihren Mund verlassen hatten.

"Ich bin mit dem Auto da, wir können zu mir fahren. Ist nicht weit." Ein Teil von Hanna wollte den Vorschlag sofort wieder zurücknehmen, während der andere sich dem Schicksal hingeben und den Moment der Macht genießen wollte, so dämlich das auch klang. "Okay." Junas Zustimmung klang eher wie ein halbherziges Lachen, doch mehr konnte Hanna nicht wirklich vermuten, da Juna ihr gerade folgte und sie ihr Gesicht somit nicht sehen konnte. 

An Fleurs Auto angekommen öffnete Hanna die Fahrertür und wie selbstverständlich nahm Juna auf dem Beifahrersitz Platz. Als sie den Motor startete, ertönte sofort die Musik, die sie auf der Hinfahrt heute morgen gehört hatte. "Growing Pains" von Maria Lena untermalte die Stimmung im Wagen, während beide der Melodie lauschten. Eigentlich konnte sich Hanna an diese Atmosphäre gewöhnen, auch wenn sie ihre Unsicherheit in diesem Moment kaum leugnen konnte. Was würde sie denn schließlich sagen, sobald sie in ihrer Wohnung ankamen? Was würden Junas Antworten auf ihre Fragen sein? Und vor allem: wäre Hanna damit letztendlich zufrieden, oder müsste sie die Dinge einfach so akzeptieren, wie sie waren?

GroßstadtfeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt