Kapitel 5

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Feuerjunges' Sicht

„Ich muss mal auf den Schmutzplatz", erklärte ich meiner Schwester und schlich leise aus dem Bau. Auf dem Schmutzplatz blickte ich mich nochmal prüfend um, um mich zu versichern, dass ich auch wirklich alleine bin, bevor ich schnell durch das kleine Loch im Schutzwall schlüpfte, das ich am vergangenen Tag entdeckt hatte.

Ich drehte mich noch einmal kurz zum Lager um, denn meine Pfoten kribbelten leicht und ein unbehagliches Gefühl breitete sich in mir aus. Ob es wirklich schlau ist, nachts alleine draußen herumzuschleichen?

Schnell verdrängte ich dieses Gefühl aber wieder und setzte meinen Weg in die Dunkelheit und somit in ein mir unbekanntes Gebiet fort. Ich bin doch sowieso zurück, bevor auch nur irgendeine Katze etwas merken wird 

Eigentlich müsste ich dafür noch gut eineinhalb Monde warten, also bis ich zur Schülerin ernannt werde, aber ich hatte es nun mal satt, den ganzen nur im Lager zu hocken. Ich wollte ein richtiges Abenteuer erleben, so eines wie auch die Katzen in den Geschichten, die die Ältesten immer erzählten. 

Vorsichtig tappte ich immer tiefer in den Wald, mein Fell leicht gesträubt und mein Körper angespannt. Nicht aber aus Angst oder der gleichen, nein ich war einfach nur aufgeregt. Zu faszinierend sind Schatten der Bäume im Mondlicht und das leise Rascheln der Blätter im sanften Wind. Es ist nichts, was man nicht auch vom Lager aus erleben kann und dennoch fühlte es sich so anders an, so viel spannender, die Welt außerhalb zu sehen.   

Mein Weg führte zwischen den Wurzeln von hohen Bäumen umher, die bei Nacht eine noch viel atemberaubender wirken als ohnehin schon bei Tag, bis ich schließlich zu einer Anhöhe kam. Von hier aus hatte ich nochmal einen viel besseren Blick über meine Umgebung und der leichte Wind zerzauste mein Fell. Still stand ich da und genoss einfach nur den Moment. Ich hätte niemals gedacht, dass die Welt so groß ist... 

Ich merkte gar nicht, wie die Zeit verging, wie die Wolken über mir immer dunkler wurden und der Wald zunehmen in tiefere Schatten getaucht wird, bis ich plötzlich von etwas Kaltem auf der Nase getroffen wurde. Ein Wassertropfen riss mich aus meinem tranceartigen Zustand und erst jetzt sah ich, dass ein Unwetter bevorstand.

Ich wusste, dass es klug wäre, umzukehren, doch irgendetwas hielt mich zurück. Als ich es endlich schaffte, mich von dem wunderschönen Anblick abzuwenden, war es bereits zu spät. Ein starker Regen hatte eingesetzt und nach kürzester Zeit war ich platschnass. Mein Fell klebte mir am Körper und ich fröstelte. Die vorhin so angenehme, kühle Briese hatte sich nun binnen kurzer Zeit in einen schweren Sturm verwandelt, gegen den selbst der mächtigste Baum hier im Wald zu kämpfen hatte.   

Der Regen prasselte nur so auf mich nieder, sodass ich das Gefühl hatte, förmlich erdrückt zu werden. Ich flüchtete mich zurück unter die Bäume, um zumindest ein bisschen vor dem Unwetter geschützt zu sein und wollte zurück in Lager rennen, bis mir auffiel, dass ich nicht mehr genau wusste, wo das Lager genau lag. Meiner eigenen Spur folgen konnte ich nun nicht mehr, da sie einfach vom Regen weggewaschen worden war. Mir blieb also nicht anderes übrig, als zu hoffen, dass ich den richtigen Weg nahm. 

Ich entschied mich, in Richtung der großen Eiche zu gehen, welche ich von hier aus einigermaßen gut erkennen konnte. Langsam und vorsichtig tappte ich also den Abhang hinunter, der vom Regen mittlerweile schon ganz aufgeweicht und rutschig geworden war. Bedacht darauf, nicht auszurutschen, tapste ich den Abhang hinunter, denn mein nasses Fell könnte ich zwar noch meiner Mutter erklären, doch wenn dieses auch noch schlammverklebt wäre, wäre das wohl eine Aufgabe der Unmöglichkeit.

Wenn man im nachhinein so darüber nachdenkt, ist es schon komisch, dass ich mir zu diesem Zeitpunkt nur Sorgen machte, wie ich unbemerkt zurück ins Lager kommen würde, das ich dazu aber erstmal finden müsste. 

Umso weiter ich dem Weg folgte, umso unsicherer wurde ich, bis es mir schließlich mit Schrecken einfiel. Was sollte ich nur tun, wenn ich plötzlich einem gefährlichen Tier wie zum Beispiel einem Fuchs begegnen sollte. Oder einer Eule... über die hatte ich schon Geschichten gehört, wie sie Junge stehlen, um sie dann ihre Küken zu verfüttern.  

Geduckt schlich ich weiter und zuckte bei jedem noch so leisen Geräusch zusammen. Langsam aber sicher wurde mir immer klarer, dass mein Ausflug vielleicht noch nicht so die beste Idee gewesen war. Meine Beine wurden immer schwerer und ich merkte plötzlich, wie großen Hunger ich mittlerweile hatte. Wie weit es wohl noch bis zum Lager ist?

Unsicher versuche ich etwas zu erkennen, etwas das mir bekannt vor kam, um mir zu versichern, dass ich auf dem richtigen Weg war. Ohne es zu bemerken lief ich immer weiter auf die Grenze zum Zweibeinerort zu, bis mich plötzlich der Geruch einer fremden Katze erstarren ließ. 

Bin ich zu einem anderen Clan gelaufen... oder zu dieser Streunergruppe, von der die älteren Krieger erzählt haben? Was ist, wenn sie mich bemerken? Ob sie mich dann töten, weil ich das Gesetz der Krieger missachtet und die Grenze übertreten habe?  

Doch schon im nächsten Moment wurde ich von einem hohen Maunzen aus meinen Gedanken gerissen. Es ist auch ein Junges!?

Nur zu gut konnte ich mich noch an das Geschrei der neugeboren Jungen von Minzfell erinnern. Ich wusste nicht, was ich nun machen sollte. Sollte ich es vielleicht suchen oder doch besser weiter versuchen, zum Lager zurück zu finden?  

Als das Junge erneut schrie, gewann schließlich mein Mitleid und auch meine Neugierde die Oberhand und ich beschloss, dass kleine zu suchen. Während ich dem Miauen folgte, wurde auch der Geruch von ihm stärker und es dauerte nicht lange, bis ich einem Busch in einer kleinen Kuhle das winzige Geschöpf entdeckte.

Es hatte weißes Fell, welches aber komplett verdreckt war, die Pfoten und die Schweifspitze waren allerdings schwarz. 

Aber wo ist seine Mutter? Ist sie vielleicht gestorben? Niemand kann so grausam sein, ein Neugeborenes einfach alleine im Wald zurück zu lassen

Ich hatte ohnehin kaum noch Hoffnung, dass Lager wieder zu finden und entschied mich dann kurzerhand dazu, bei dem Jungen zu bleiben. Erschöpft rollte ich mich neben dem Jungen zusammen und schloss die Augen. Meine Clangefährten werden uns schon finden, da bin ich mir ganz sicher und dann ist auch das Kleine in Sicherheit... 


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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 24, 2021 ⏰

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