ғüɴғᴛᴇs ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ

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"Fuck the closets, let the boys out" - I Like Boys, Todrick Hall

Viel bringe ich nicht hinunter, aber ich versuche, nicht allzu undankbar zu wirken, denn Louis hat mir ein besseres Frühstück aufgetischt als so manches Hotel.

Wann immer sich unsere Blicke kreuzen, lächelt er mich unsicher an, und irgendwann läche ich halbherzig zurück, weil das bestimmt nicht schaden kann.

Seine Haare sind über Nacht getrocknet und wippen jetzt bei jeder Bewegung wie ein fluffiges Kaninchen hin und her, was ihn irgendwie völlig harmlos aussehen lässt.

Den Bart hat er sich heute Morgen etwas gestutzt, was mich daran erinnert, dass ich mich gestern nach dem Besuch bei meiner Großmutter eigentlich rasieren wollte, aber daraus ist natürlich nichts geworden.

"Louis?", spreche ich ihn also nach einer Weile an und er hebt augenblicklich den Kopf.

"Stimmt etwas nicht?", will er wissen, was in Anbetracht der aktuellen Situation eine etwas gewagte Frage ist.

"Ich habe mich nur gefragt, ob du einen Rasierer für mich hast."

"Haben tue ich schon einen", fängt er an und nimmt einen Schluck von seinem Orangensaft, um etwas Bedenkzeit zu gewinnen. "Aber ich habe nicht vor, dir einen zu geben, damit du mir dann das Fleisch von den Knochen schaben kannst."

"Denkst du, so etwas würde ich machen?", entgegene ich etwas angewidert und er zuckt mit den Schultern.

"Weiß ich nicht. Du hast mir eins übergebraten und mir einen Kinnhaken gegeben. Ich kann dir leider nicht mehr so sehr vertrauen."

"Ich möchte mir nur die lästigen Bartstoppel wegmachen. Bitte."

"Wieso? Ich finde dich hübsch, so wie du bist." Nachdem er das gesagt hat, greift er so schnell nach seinem Glas, dass er es umstößt und sich der gesamte Inhalt über einen Teller mit Toast ergießt. "Mist", flucht er mit roten Wangen und holt einen Lappen, um das Missgeschick ungeschehen zu machen.

Etwas überrumpelt von seinem Kompliment runzle ich die Stirn und komme mir fast schon selbstverliebt vor, doch wenn ich ihm dabei zusehe, wie er hektisch zwischen Tisch und Abwasch hin und her eilt und immer wieder mit knallrotem Kopf zu mir hinüberlinst, nur um dann schnell wieder wegzusehen, wenn er bemerkt, dass ich zurückschaue, fällt es mir schwer, in seine Worte nichts hineinzuinterpretieren.

"Ich habe das nicht gesagt, weil ich... schwul bin oder sowas", erklärt er dann auch noch überdeutlich, sobald sich kein klebriger Orangensaft mehr am Tisch befindet und die Toastscheiben im Biomüll liegen. Er setzt sich gar nicht mehr auf seinen Stuhl, sondern steht dahinter und klopft mit den Fingern ein nervöses Staccato auf die Lehne.

"Ich denke, man kann als Mann einem anderen Mann auch sagen, dass er einem gefällt, ohne sich gleich zu einer Sexualität zu bekennen."

Erleichtert nickt er und hört einen Augenblick lang gar nicht mehr damit auf. "Stimmt", wiederholt er mindestens drei Mal und auch wenn ich die Meinung vertrete, die ich gerade kund getan habe, ist für mich ab da die Sache besiegelt. Louis ist ungeoutet, homo- oder zumindest bisexuell und der mit Abstand schlechteste Schauspieler auf diesem Planeten.

Das Frühstück ist durch den Vorfall, falls man das Geschehene denn so nennen kann, beendet und ich biete an, Louis beim Abräumen zu helfen, doch er winkt ab und so sitze ich wenig später auf dem Sofa und beobachte ihn nachdenklich.

Im Gegensatz zu gestern habe ich heute kaum noch die Befürchtung, dass er mir erneut etwas antun könnte. Er wollte mir nicht weh tun, das hat er selbst gesagt, und so nett, wie er die letzten Stunden gewesen ist, bin ich mir sicher, dass er eigentlich niemand ist, der regelmäßig Leute anschießt und ihnen Gewalt antut. Dadurch habe ich meine Freiheit zwar nicht zurück, aber zumindest werde ich keine all zu schwere Zeit haben, bis sich eine geeignete Gelegenheit ergibt, um ihn außer Gefecht zu setzen und ihm zu entwischen.

Er ist jetzt schon aufgeschlossener und scheint nicht mehr das Bedürfnis zu verspüren, mich die ganze Zeit mit einer Waffe zu bedrohen, damit ich auch ja keine falsche Bewegung mache. Und wenn er sich an Tag zwei so verhält, wie verhält er sich dann an Tag drei? Bringt ihn ein weiteres Frühstück vielleicht dazu, mir die Handschellen abzunehmen oder mich in der Nacht zumindest nicht mehr an sich zu ketten?

Außerdem hat er mir mit der Offenbarung seiner sexuellen Orientierung ungewollt in die Karten gespielt. Es dürfte keine große Kunst sein, einen alleine im Wald wohnenden Mann um den Finger zu wickeln, der mir nach ein paar Stunden schon gestanden hat, mich ansprechend zu finden. Wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege und er sich bisher noch nicht dazu bekannt hat, aufs gleiche Geschlecht zu stehen, hat er vielleicht noch nie den Mut gehabt, einen Mann anzusprechen, und ist sexuell frustriert.

Ich muss an mich halten, um nicht in schadenfrohes Gelächter auszubrechen, als sich in meinem Kopf ein perfekter Plan formt, um ihn in die Irre zu führen und mir meine Freiheit zu erschleichen.

"Du siehst überraschend zufrieden aus", bemerkt Louis und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Mit einem unsicheren Blick auf meine Handschellen setzt er sich zu mir und ich werde auf die Dose Rasierschaum, das feuchte Handtuch und den Einwegrasierer aufmerksam, die er bei sich hat.

"Bin ich doch nicht so gefährlich?"

"Ich gebe dir keine potentielle Waffe in die Hand... Harry", erwidert er und spricht zum ersten Mal meinen Namen aus. Ich mag, wie unglaublich stark sein Akzent ist, und muss tatsächlich grinsen. "Aber ich kann dich rasieren, wenn dir das recht ist."

Wollen tue ich eigentlich nicht, dass er mir mit einer Klinge im Gesicht herumfuchtelt, aber es ist eine nette Idee, um mein Vorhaben in die Wege zu leiten, also willige ich ein.

Vorsichtig verteilt er mit den Händen Schaum auf meiner Haut und setzt dann konzentriert den Rasierer auf, der mit einem leisen Raspeln die Barthaare abschneidet.

Kein anderes Geräusch erfüllt den Raum und so sitze ich eine ganze Weile einfach vor Louis und lasse ihn Barbier spielen. Als er fertig ist, betrachtet er sein Werk und wischt mir mit dem Handtuch die Überreste der Rasur ab.

"Und? Gefalle ich dir so auch?", traue ich mich zu fragen und er schluckt und weicht meinem Blick absichtlich aus.

"Machst du dich gerade über mich lustig?", bringt er dann stockend hervor.

"Nein, das tue ich nicht. Weißt du, es ist nichts verkehrt daran, homosexuell zu sein."

"Ich bin nicht-", setzt er erschrocken an und reißt den Kopf hoch.

"Ja, ich weiß, das sagtest du bereits. Aber wenn es so wäre, würde es mich nicht stören."

Auf seiner Lippe kauend starrt er mich an und ich kann förmlich sehen, was für ein Chaos ich gerade in ihm angerichtet habe.

Innerlich klopfe ich mir auf die Schulter, aber äußerlich mime ich den Verständnisvollen. Nicht, dass es eine große Leistung wäre, schließlich habe ich ihm bloß meine tatsächliche Einstellung dieser Sache gegenüber präsentiert, aber trotzdem bin ich mir sicher, ihn jetzt an der Angel zu haben.

Was für ein Vollidiot.

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Ich wünsche euch allen einen schönen Montag.
Hat jemand von euch vielleicht eine Serienempfehlung für mich? :)

Bis dann
Maybe x

[1174 Wörter]

Perfect || larry stylinson fanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt