36/ Bier, Tequila, Pfeffi und Co.

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Dean hatte mich schon mal mit in einen Stripclub genommen. Es war ruhiger und diskreter. Ich mochte das düstere, mysteriöse. Das verruchte. Und obwohl ich mich beim ersten mal auch fehl am Platz gefühlt hatte, war es Dean unangenehmer gewesen. Ich war gerade 21 geworden und wir waren mit dem Team unterwegs gewesen. Ich wusste nicht mal wie wir genau dort gelandet waren, aber ich war fasziniert von den Frauen. Sie waren umwerfend. Elegant, sexy und einfach unfassbar. Wie sie sich auf den Bühnen bewegten. Viele Menschen hielten das für etwas schlechtes. Aber das war es nicht. Diese Frauen wussten ihren Körper einzusetzen und solange sie es aus freien Stücken taten, war daran nichts verwerfliches. 
Wir hatten bei unseren Mädels im Cheer-Teams die weitaus weniger Klasse besaßen. Dafür hielten sie sich aber alle für die größten. Das war gemein, denn einige von ihnen waren wirklich toll. Nathalie, der Kapitän, sozusagen, war nett und ziemlich lustig. Manchmal tat sie mir echt leid, womit sie sich da herumschlagen musste. Ich schüttelte den Kopf. 
Wir waren heute in zwei Pubs gewesen, aus einem sind rausgeflogen, weil die Jungs zu laut gewesen waren. Sie hatten gegrölt und die ganze Bude ausgenommen. Beim zweiten waren wir gegangen, weil es zu voll war. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, das man einen von ihnen erkannte, also sind wir weitergezogen. 
Ich hatte zwei Biere, drei Tequila und einem Pfeffi meiner Liste hinzugefügt. Doch es ging mir gut. Denn als einer der Jungs, von einem der anderen Jungs die Nachricht bekamen, dass sie im Holy Ghost waren, ein Stripclub nur ein paar Straßen weiter, der für ausufernde Nächte bekannt war, fand ich mich wenig später dort wieder. Wir hatten eh nicht gewusst wohin wir wollten. Ich hatte kein Problem damit. Auch wenn ich mir bei Libby nicht so sicher war. 
Es war nicht viel los und das an einem Freitagabend. Vielleicht war der Schuppen nur äußerst wählerisch? Die Frauen nicht schön genug? Die Getränke zu teuer? 
Die Männer zu den wir gehörten erkannten wir sofort. Es gab mehrere Bühnen, doch nur die große in der Mitte des Raumes wurde gerade von einer gelenkigen Blondine belegt. Fasziniert beobachtete ich sie dabei, wie sie sich lasziv um die Stange bewegte. Sie war eine Künstlerin. Ich wünschte ich könnte das auch. Sie wurde von einigen Männern beobachtet, die vereinzelt an einigen Tischen saßen und sich leise unterhielten. Wir steuerten die Gruppe links an, die an der anderen Bühne eine Runde gebildet hatten. Sie schienen sich für die sexy Blondine nicht zu interessieren.
Im Vergleich zu den Bars in denen wir gerade noch gewesen waren, war der Geräuschpegel um einiges leiser und erst jetzt fiel mir auf, wie unbehaglich ich das gefunden hatte. Dabei wünschte ich mir einfach nur laute, schreiende Musik. Damit ich mich dazu bewegen konnte, mich schütteln und rütteln, bis ich vor Erschöpfung zusammenbrach. 
Dean der mich keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte schob mich auf die Gruppe zu und ließ sich dann in einen Sessel fallen. Libby, die an ihm hing, wie eine Klette setzte sich direkt auf seinen Schoß. Das Verhältnis zwischen ihr und mir hatte in den letzten Stunden an Wärme verloren. Es schien sie zu stören, dass Dean mit Argusaugen auf mich acht gab und obwohl ich das irgendwie süß fand. Nervte auch mich das ständige Gehabe. Er war mit einer schönen Frau unterwegs. Er hatte doch sicherlich besseres zu tun. 
Gut gelaunt und tänzelnd schob ich mich auf einen freien Platz auf der Bank zwischen Deek und einen Lakers-Spieler. Ich glaubte er hieß Cody oder Brody... Aber er hätte auch Kevin heißen können, denn ich konnte mir seinen Namen nicht merken. Im Moment war ich froh, dass ich meinen eigenen Namen noch wusste. 
Ich wusste schon im Hotel, dass ich aufhören sollte zu trinken, doch ich hatte es nicht getan. Nach den zwei Pubs aber fühlte ich mich langsam soweit. Eine kurze Pause würde mir guttun. Und etwas zu essen vielleicht auch. 
Aber ich schlüpfte nur aus meinen Schuhen und machte es mir gemütlich. Sagte nichts. Meine Tasche hatte ich schon vor einer Ewigkeit an Dean abgegeben, der sie nun, wie der große Bruder, der er irgendwie war, mit sich herumschleppte. Dafür war ich ihm dankbar, denn ich hätte sie sicherlich schon längst verloren. 
Wäre ich nicht so betrunken gewesen, hätte ich mich selbst genervt. Ich würde die langweilige Maggie vermissen, doch es fühlte sich gut an. Zwar holten mich meine Gedanken ein, kreisten immer wieder umher. Doch sie ließen sich weitaus leichter zerstreuen und ich mich leichter ablenken. 
Als keine fünf Minuten später alle in Gespräche verfielen, lauschte ich der Musik. Summte leise mit und fragte mich, wann ich das letzte mal einfach so Musik gehört hatte. Ich konnte mich nicht erinnern. Wann hatte ich einfach so getanzt? Wann hatte ich mich so gefühlt?
"Was kann ich euch bringen?" Schnell riss ich die Augen auf und sah die hübsche Dunkelhaarige Frau an, die mit einem Block neben der Gruppe stand. Die Piercings in ihrem Gesicht blitzen im Diskolicht und ihre bunten Strähnen leuchteten in der Schwarzlichtlampe. 
Reihum bestellten alle etwas, doch ich beschloss eine kurze Pause zu machen. Es war gerade Mal zwei Uhr. Ich wollte in einer halben Stunde nicht völlig betrunken in der Ecke liegen. Apropos Ecke...
Langsam stand ich auf, schlüpfte in meine Schuhe und drückte mich an Deek, Dean und Libby und einem Kerl, den ich schwor noch nie gesehen zu haben, vorbei. Bevor die Kleine davonrennen konnte, um die Getränke zu holen, fragte ich sie nach den Toiletten. Mit einem breiten Grinsen zeigte sie mir den Weg. Ich beschloss sie zu mögen. 
Ich hatte erwartet die Klos wären versifft und verdreckt, doch sie waren ziemlich ordentlich. Sie rochen nach Lavendel und einem Zitronenreiniger.
Schnell erledigte ich was ich zu erledigen hatte, blieb allerdings vor dem Spiegel stehen. Der Alkohol gab mir ein inneres Leuchten. Meine Augen glänzten, meine Wangen waren rosig. Und das matte Lächeln wirkte nicht erschöpft, nicht müde, nicht wie sonst. Ich wirkte jung und glücklich und das gefiel mir irgendwie. Ein trügerisches Bild, das wusste ich. Nach dem Schlafen würde es mir nicht besser gehen. Das wusste ich selbst in diesem Zustand noch. Bebend holte ich Luft und zwang mir ein Lächeln auf die Lippen.

Ein Cavalier zum FrühstückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt