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Müde stieg ich aus meinem Bett und kniff sogleich meine Augen zusammen, da die helle Sonne in meine mit großen Fenstern versehene Kammer schien. Gerade als ich mein Bett aufschlug klopfte es auch schon an der Tür. Ich öffnete und ein braunhaariger Elb steckte seinen Kopf herein. Als er jedoch sah, dass ich noch in mein Nachthemd gekleidet war zuckte er zurück und schloss die Tür wieder.

 „Ihr seid zu spät zum Wachwechsel,Elaria", sagte er noch barsch und verschwand wieder. Erschrocken sprang ich zu der kleinen Kiste am Fußende meines Bettes und holte meine Uniform herraus, die aus einer enganliegenden, beigefarbenden Hose, einer weißen Bluse mit dunkelgrünem, relativ kurzem Umhang und einem Paar hellbrauner Lederstiefel bestand. Schnell hatte ich alles angezogen und war mir mit dem Kamm noch ein paar mal durch die schwarzen Haare gegangen, bis ich halbwegs ordentlich aussah. Das hoffte ich zumindest, denn in der gerade einmal 10m² großen Kammer hatte ich bis auf Bett und Kleidertruhe kein Mobiliar und somit leider auch keinen Spiegel in dem ich mein Erscheinungsbild hätte überprüfen können. Doch dafür war eh keine Zeit.

 Ich hastete durch die luftigen Gänge und nach draußen, wo ich am Eingang ,der zum Wald zeigte, meine Position einnahm. Eigentlich war hier eh nie etwas los, aber mein König Thranduil konnte Verspätungen und Regelverstöße nicht ausstehen und gerade ich durfte mit keine Ungenauigkeiten leisten, denn ich war keine richtige Elbin. Mein Vater war ein Mensch und meine Mutter eine Elbin, die hier gelebt hatte. Ich konnte nicht verhindern, wie meine Gedanken in die Vergangenheit abdrifteten:


Ich war damals gerade einmal12 Jahre alt gewesen und habe in einer Stadt namens Tahl mit meinem Vater gelebt, meine Mutter hatte uns schon kurze Zeit nach meiner Geburt auf Befehl ihres Königs Thranduil verlassen, da sie in ihrer Heimat gebraucht wurde und so wuchs ich auf, ohne sie richtig zu kennen. Doch oft erzählte mein Vater von ihr und das wir sie eines Tages besuchen würden, wenn ich alt genug für eine solche Reise war. 

Unsere Heimat lag vor den Toren des Zwergenreiches Erebor, und so kam irgendwann der Tag, der wohl jedem bekannt ist: Der Drache Smaug kam aus dem Norden, gierig nach all den Schätzen, die der Erebor zu bieten hatte. Er zerstörte unsere Stadt und viele Bewohner starben im Feuer, darunter auch mein Vater. Mit seinem letzten Atemzug sagte er noch: „Flieh zu deiner Mutter! Nimm das Pferd und die Karte!", dann vielen seine Augen zu und alle Spannung aus seinem Körper entwich.

 Ich konnte durch die Tränen in meinen Augen, die durch Trauer und den beißenden Rauch nur so von meinen Wangentropften, kaum etwas sehen und so stolperte ich, mehr schlecht als recht, in unser zum Glück noch stehendes Haus und kramte in Windeseile die Karte, die mein Vater selbst angefertigt hatte und die die Region vom Erebor bis zum Meer zeigte, aus dem Schreibtisch im Arbeitszimmer und lief in den Stall, wo unser Pferd vor Aufregung und Angst schon fast die Tür einrannte. Nur mit Mühe konnte ich ihn beruhigen und schließlich auch Sattel und Zaumzeug anlegen.

 So schnell es ging ritt ich aus der Stadt und aus der Schlucht, in der sie sich befand, hinaus und kam auf der Hochebene an. Und da traute ich meinen Augen nicht: Da stand doch keine Hundert Meter von mir entfernt ein Heer von Elben, König Thranduil an der Spitze! Ich trieb mein Pferd in ihre Richtung, bedacht, langsam zu reiten um nicht als Angreifer gesehen zu werden, was zwar als 12-jährigeunwahrscheinlich, aber nicht unmöglich war. 

Doch was war das: Das Heer machte Anstalten, sich umzudrehen. Wollten sie die Menschen und Zwerge einfach ihrem Schicksal überlassen? Ich sah, dass eine Elbin auf den König einredete, was wohl nichts nützte, denn der Königtrieb einfach seinen Hirsch, auf dem er ritt, an und ritt an die jetztige Spitze seiner Armee. Die Elbin sah im noch fassungsloshinterher und ritt dann im vollem Galopp den Hang hinunter, auf die Stadt zu. Ich blickte ihr hinterher und sah gerade noch wie die Überreste eines Hauses über ihr zusammenbrachen. 

Nach kurzem Überlegen ritt ich nun in Richtung Thranduil, noch immer nicht sicher, ob ich nach dieser Aktion ausgerechnet ihn um Hilfe bitten sollte, doch was sollte ich sonst tun? Als ich auf gleicher Höhe mitihm war, nahm ich all meinen Mut zusammen und sprach ihn an: „Bitte, Herr, hört mich an. Meine Mutter ist eine Elbin eures Volkes. Ich bin auf dem Weg zu ihr, da mein Vater im Feuer starb" Tränenstiegen mir in die Augen bei dem Gedanken an seinen Tod.

 „Wie ist der Name deiner Mutter?", fragte der weißhaarige Elb emotionslos. „Eleanor", sprach ich mit zitteriger Stimme. „Nun gut, reite mit uns. Wenn wir heute Abend rasten klären wir die Einzelheiten", sagte er, doch irgendwie klang seine Stimme betrübt. Zu dieser Zeit konnte ich mir das nicht erklären, doch als wir das Nachtlager aufschlugen, erfuhr ich, dass meine Mutter die Elbin war, die überstürzt nach Tahl hinunter ritt und von den Trümmern eines Hauses erschlagen wurde.

 Erneut kamen mir die Tränen und ich war von so tiefer Trauererfüllt, dass sogar der gefühlskalte Thranduil Mitleid gehabt haben muss, denn er bot mir an, da ich ja eine Halbelbin war, in seinem Palast zu leben und später dort zu arbeiten, unter der Bedingung ihm Treue zu schwören, was ich dann auch tat und mich zu lebenslanger Arbeit in seinem Palast verpflichtete, da ich sonst keine Überlebenschance hatte.

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