Kapitel 1

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Mit meinem Koffer in der einen und einem Zettel mit jeglichen Informationen zu meiner neuen Unterkunft in der anderen Hand, stieg ich die Stufen in den zweiten Stock des Wohnheims hinauf. Es war später Nachmittag und die meisten Schüler schienen ihren Tätigkeiten außerhalb des Wohnheims nachzugehen. Sobald ich im zweiten Stock angekommen war, warf ich einen erneuten Blick auf meinen Zettel, auf dem ich meine Zimmernummer notiert hatte. Ich setzte mich wieder in Bewegung, noch immer den Blick auf das Stück Papier gerichtet, als ich gegen jemanden stieß. Erschrocken sah ich auf und entschuldigte mich eilig. Einem Streit an meinem ersten Tag im Wohnheim wollte ich definitiv aus dem Weg gehen. Mein Gegenüber, ein schwarzhaariger Junge, der nicht älter als ich zu sein schien, schenkte mir ein schmales Lächeln und erwiderte meinen Wai.

„Keine Sorge, ist nichts passiert, Khun.", meinte er mit überraschend tiefer Stimme, „Dich habe ich hier noch nicht gesehen. Bist du neu hier?"

Ich nickte langsam und hob den Blick, um ihm wieder in die Augen zu sehen.

„Ich bin Ti", stellte sich mein Gegenüber dann vor und verschränkte langsam die Arme.

„Mein Name ist Earth, Khun", antwortete ich und lächelte nun ebenfalls.

„Freut mich dich kennenzulernen. Du wirkst ein wenig... verloren. Brauchst du Hilfe dein Zimmer zu finden?"

Ti schien ziemlich selbstbewusst zu sein. Sein ganzes Auftreten wirkte nicht so, als hätte er jemals etwas von Schüchternheit gehört.

„Hilfe wäre nett", gab ich zurück und hielt ihm meinen Zettel entgegen. Nachdem er einen kurzen Blick auf diesen geworfen hatte, klopfte er mir auf die Schulter.

„Das ist direkt neben meinem Zimmer.", erklärte er freudig, „Komm, ich bringe dich hin!"

Der Schwarzhaarige gehörte definitiv zu der extrovertierten Sorte Mensch. Im Gegensatz zu mir, hatte er offensichtlich kein Problem auf neue Leute zuzugehen. Ich folgte dem Älteren über den Flur und blieb dann mit ihm vor einem der hinteren Zimmer stehen.

„Hier ist es."

Mit diesen Worten deutete er zur Tür.

„Mein Zimmer ist gleich nebenan", ergänzte er und klopfte dann gegen die Nebentür mit der Nummer 52.

„Danke, Khun", sagte ich, deutete erneut eine Verbeugung an und wandte mich dann meinem Zimmer zu. Ich kramte den Schlüssel aus meiner Hosentasche und öffnete die Zimmertür. Mein Apartment war deutlich größer, als ich erwartet hatte.

„Dann werde ich mal gehen. Wenn du Lust hast, kannst du nachher gerne in meinem Zimmer vorbeischauen", schlug mein Zimmernachbar vor, bevor er mir erneut auf die Schulter klopfte und sich dann zum Gehen wandte.

„Dankeschön, Khun Ti", rief ich ihm nach und schenkte dann wieder dem Zimmer meine volle Aufmerksamkeit. Mit einem zufriedenen Lächeln begutachtete ich die Möblierung. Alles was ich brauchte war zu finden. Bett, Kleiderschrank, Nachtschrank, zwei Regale, eine kleine Couch und eine kleine Küchenzeile. Neben meinem King-Size-Bett konnte ich eine Tür ausmachen, die wahrscheinlich in das angrenzende Badezimmer führte. Mit einem zufriedenen Seufzen schloss ich die Tür hinter mir und legte Koffer und Zettel auf das kleine Sofa. Das Zimmer wirkte nicht so, wie ich mir ein Studentenwohnheimzimmer vorgestellt hatte. Es war deutlich gemütlicher. Diese Atmosphäre würde es sicher einfacher machen, mich daran zu gewöhnen alleine zu wohnen. Mal abgesehen von den anderen Schülern die mit mir im Wohnheim lebten.


Nachdem ich meinen gepackten Koffer ausgeräumt und alles verstaut hatte, ließ ich mich auf die, äußerst weiche, Matratze meines Bettes fallen. Ich nahm mein Handy vom Nachtschrank, überflog die Nachrichten die ich von Freunden bekommen hatte, bevor ich meine Aufmerksamkeit auf die Uhrzeit lenkte. Kurz nach sieben. Eine gute Zeit um mich mal im Zimmer nebenan blicken zu lassen. Ich zögerte, doch erhob mich wieder vom Bett. Ich wollte meine Chance neue Freunde im Wohnheim zu finden allemal nutzen. Es wäre schön bereits am ersten Tag in der Uni jemanden in meinem Alter zu kennen. Nun voller Euphorie verließ ich meinen Raum und klopfte an der Tür des Nebenzimmers. Nach einem kurzen Poltern und einem leisen Fluchen wurde die Tür geöffnet und ein lächelnder Ti stand mir gegenüber.

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