Die nächsten Tage begleiteten mich meine zwei Zimmernachbarn von Kurs zu Kurs. Obwohl ich ihnen immer wieder versicherte, dass das wirklich nicht nötig war. Doch sie bestanden darauf. Selbst Carters kühle Art mir gegenüber hatte sich vollkommen geändert. Er sprach mehr als zwei Sätze mit mir und musterte mich nicht mehr, als wäre ich eine Plage. Wenn das nicht mal was war.
Am Donnerstag begann Tis Kurs eine halbe Stunde früher als meiner, weshalb ich davon ausgehen konnte, dass ich diesen Morgen ohne Begleitung bewältigen müsste. Zwar hatte ich mich bereits daran gewöhnt, Ti und Car an meiner Seite zu haben, wenn wir durch das Schulgebäude schlenderten, doch würde ich einen Morgen ohne die Zwei auch überleben. Außerdem ging mir Niran wirklich aus dem Weg. Er schrieb mir nicht mehr und auch, als ich am vergangenen Tag wieder zum Musikclub gegangen war, den ich am Anfang der Woche ausfallen gelassen hatte, bewahrte er Abstand zwischen uns. Natürlich entging Apple das nicht, weshalb mir am Nachmittag nichts anderes übrigblieb, als ihr grob von den Vorkommnissen zu berichten. Zugegeben, war dass das erste Mal, dass ich sie fluchen gehört hatte.
Ti schrieb mir bereits eine zweite Nachricht, in der er sich entschuldigte, dass er mich diesen Morgen nicht begleiten konnte. Mit einem amüsierten Grinsen versicherte ich ihm erneut, dass ich kein kleines Kind mehr war und ich den Weg zur Klasse auch alleine schaffen würde. Ich wusste seine Fürsorge zu schätzen, doch musste er sich deswegen nicht so einen Kopf machen. Wirklich nicht. In der Beziehung schien er noch nervöser als ich zu sein. Ohne eine weitere Nachricht abzuwarten, schob ich mein Handy in meine Hosentasche zurück und nahm meinen Rucksack vom Bett. Ich hatte beschlossen mich frühzeitig auf den Weg zum Klassenraum zu machen. Im Zimmer hatte ich ohnehin nichts mehr zu tun. Mit geschulterter Tasche verließ ich den Raum, wobei ich beinahe gegen meinen Zimmernachbarn stieß. Überrascht sah ich zu Carter auf.
„Guten Morgen, P'Carter.", begrüßte ich den Älteren und hob fragend eine Braue, „Ich dachte, dass dein Kurs erst heute Nachmittag stattfindet."
„Tut er auch. Aber Ti meinte, dass ich dich begleiten sollte", antwortete er. Im Gegensatz zu sonst trug er heute eine kurze Sporthose und ein ärmelloses Shirt. Offensichtlich wollte er trainieren gehen.
„Das musst du nicht, wirklich. Ich habe Ti schon gesagt, dass ich das alleine hinbekomme. Ich bin schließlich kein Kind mehr."
„Ihm ist es aber lieber, wenn ich dich begleite", gab er zurück und steckte eine Hand in die linke Vordertasche seiner Hose. Wie es aussah, würde er also keine Ablehnung des Angebotes hinnehmen.
„Gut. Dann lass uns gehen", murmelte ich und schenkte ihm ein kurzes Lächeln. Mit einem Nicken setzte sich der Braunhaarige in Bewegung.
Als ich die Klasse erreicht hatte, verabschiedete ich mich von Car, der sich mit einem kurzen Nicken wieder auf den Rückweg begab. Mit einem schmalen Lächeln im Gesicht ging ich zu meinem Platz und ließ mich auf den Stuhl fallen. Carter hatte irgendetwas an sich, was mir das Gefühl gab, dass ich mir keine Sorgen um irgendetwas machen musste, wenn er bei mir war. Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und tippte Ti eine Nachricht.
Ich: P', ich habe dir doch gesagt, dass ich alleine zur Klasse gehen kann. Du hättest nicht extra Carter zu mir schicken müssen.
Es dauerte einen Moment, bevor eine Antwort folgte.
Ti: Carter hat dich abgeholt?
Irritiert hob ich die Augenbraue.
Ich: Ja. Du hast ihn ja darum gebeten. Oder nicht?
Ti: Ich habe ihn um gar nichts gebeten.
Also war Carter von sich aus zu mir gekommen, damit ich nicht alleine zur Klasse musste? Zwar schien sich unser Verhältnis gebessert zu haben, doch dass er sich so sehr um mich sorgte, überraschte mich.
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Sound of lies
RomanceZurück in Thailand zieht Earth in das Wohnheim seiner Uni. Er und sein Zimmernachbar Ti verstehen sich auf Anhieb gut. Dessen Mitbewohner, Carter, scheint Tis Sympathie zum Neuling nicht teilen zu können. Eigentlich sollte Earth das nicht stören - t...