5 _ Einhorn
Schweigen.
>>Vincent, mein Name ist Vincent.<< verbessert er mich. Ich fühle mich irgendwie dämlich, die Situation überfordert mich, ich kann hier jetzt aber nicht schweigend mit dem Handtuch rumstehen. Verzweifelt blicke ich zu Sizz, sie bemerkt es und versteht mein Befinden. >>Annabelle ich leih dir mal was, du bist ja fast nackt.<< Verstädlich, ich habe bloss das Tuch. Wärend Sizz was zum anziehen für mich in ihrer Kommode raussucht, steht Vincent unbeteiligt im Raum und mustert mich. Ich hingegen sehe mich im Zimmer um, als ob ich gar nichts von dem mitschneiden würde. Die Zeit vergeht viel zu langsam, entweder das oder Sizz braucht zu lang. >>Vincent, kannst du kurz vor der Tür oder in einem anderen Zimmer warten, damit Annabelle sich in Ruhe umziehen kann?<< nebenbei drückt sie mir die Klamotten in die Hand. >>Muss das sein?<< fragt er gelangweilt. Wie bitte..? Ich weiss nicht was ich davon halten soll, gerade hol ich Luft um etwas zu sagen, aber Sizz kam mir zuvor. Sie brüllte los. >>Halloho? Wie bist du denn drauf?! Mach doch einmal das, was man dir sagt oder bist du wirklich so scharf darauf sie nackt zu sehen?! Oh Gott, verschwinde aus meinem Sichtfeld!<< Wow... Mit einem dumpfen Ton der zufallenden Tür verschwindet er.
>>Gut, jetzt kannst du dich beruhigt anziehen.<< entgegnet sie mir mit einem Grinsen. >>Warte mal, Sizz, wartet dieser Vincent jetzt draussen oder ist er gegangen?<<Kurz darauf blickt sie mich fragend an. >>Ach, der wartet bestimmt.<< antwortet sie anschliessend. Na super. Mir wäre es lieber wenn er gehen würde, warum hat sie ihn überhaupt herbestellt? Na okey, was hat Sizz mir eigentlich zusammengestellt... Ein flüchtiger Blick über die Klamotten und mir wird klar, dass sie sich in ihrem Tempo beeilt hatte etwas zu finden. Was bekam ich, natürlich erstmal Unterwäsche, dazu eine schwarze Leggins, einen grünen kurzen Faltenrock und ein rosafarbenes T-Shirt mit einem Einhorn drauf. Vielleicht sollte ich mich lieber nackt präsentieren? Dieser Gedanke schwebt die ganze Zeit in meinem Kopf, ich meine, ist doch eine Überlegung wert. Fertig angezogen stelle ich mich vor den Spiegel, der neben ihrem Bett steht. Heftig atme ich aus, es ist nicht das Schlimmste vom ganzen Tag, also denk nicht weiter darüber nach. >>Sizz, wie findest du's?<< Ich drehe mich vom Spiegel weg, danach in ihre Richtung. >> Schaut doch süss aus. Gefällt es dir, immerhin trägst du mein Lieblingshirt?<< Wieder lächelt sie zufrieden. >> Naja, ist nicht ganz mein Style, aber der Rock ist bequem.<< Zufrieden schaut sie mich an. >>Dann ist ja gut, ich hole Vincent wieder rein.<< Ich hab immer noch meine Zweifel, dass er noch draussen steht, ich hoffe er ist gegangen.
Leider nein. Als Vincent den Raum betritt bleibt sein Blick an mir hängen, er schaut auf das Shirt und was war anders zu erwarten, er lacht. Toll. Wütend rammt Sizz ihren Ellenbogen an seinen Oberarm. Doch leider half das nix. Es nervt, es nerv, der Tag ist ein einziger Albtraum, ein Haufen Scheisse.
>>Hör auf!<< mahne ich ihn >>Du hast keine Ahnung wie beschissen es mir geht, du hast keine Ahnung, was mir schlimmes passiert ist und das Letzte was ich jetzt noch brauche ist jemand der mich auslacht, nur weil ich ein Einhorn auf der Brust habe!<< wieder fang ich unkontrolliert an zu weinen >>Du bist gemein.<< Wie oft liefen mir heute schon die Tränen übers Gesicht? Wie oft hatte ich heute schon einen Nervenzusammenbruch? Das ist doch ein einziges Trauerspiel.
>>Verdammt, Vincent! Hab ich dir nicht bereits gesagt, dass sie mit den Nerven am Ende ist?<< Da hörte er auf zu lachen, doch zu spät, meiner Ansicht nach. Ich wische mir meine Tränen weg, immer wieder und wieder, es will einfach nicht aufhören.
>>Hey... Sorry, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet.<< sagt Vincent, doch das war nicht alles, er umschloss mich fest mit seinen Armen. Was geht jetzt ab, warum auf einmal? Ich kenn dich nicht und du umarmst mich einfach? Das ist mehr als komisch. >>Was soll das!? Lass mich los!<< Ich kann machen was ich will, von allein komm ich nicht aus der Umarmung und was ich sage scheint ihm auch egal zu sein. >>Sizz? Warum hilfst du mir nicht?<< entgegne ich ihr verzweifelt, sie wiederum lächelt und kichert ein wenig. Findet sie das witzig? Anscheinend. Warum ich? Es ist echt unangenehm, ich werde zum Glück nicht erquetscht, aber jemanden Unbekannten so nah zu sein, zudem habe ich Angst vor ihm. Lass mich doch einfach los. >>Vincent, bitte...<< flüstere ich erbärmlich. Langsam spüre ich wieder einen Abstand zwischen uns, er befreit mich von sich. >>Entschuldige.<< sagt er leise.
Jetzt meldet sich Sizz auch zu Wort >>Vincent, du weisst, warum ich dich hergebeten habe, ich schaffe es nicht und wir beide wissen, dass du in dieser Hinsicht mir überlegen bist.<< Worum geht es denn jetzt, erst war es dieses uns und jetzt kommt noch was, ich werde wohl nie die Zusammenhänge erkennen. >>Ich hatte gehofft es wäre etwas anderes, was ich für dich machen soll.<< Wovon redet ihr? >>Tust du mir den Gefallen, es ist auch für dich wichtig. Und, was sagst du?<< Hallo, behandelt mich doch nicht wie Luft, wenn es hier um etwas geht, dass mit mir zu tun hat, dann möchte ich das erfahren. >>Ja, ich mach's.<< Was denn bitte? Die beiden schaffen mich noch mit ihrer Heimlichtuerei. >>Danke. Lasst euch Zeit, ich muss noch was erledigen.<< Wie? Was? Sizz? Sie hängt sich eine ihrer Taschen über die Schulter und geht zur Haustür. Sie will gehen. Das geht nicht. Moment.
>>Bis dann!<< Und da war sie auch schon weg. Shit!
5 _ Einhorn
Ende
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Gefangen. In meinen eigenen Ketten.
Mystery / ThrillerGefangen. In meinen eigenen Ketten. Annabelle (21) durchlebte schon mehrere Nächte, in denen sie an einem ihr unbekannten Ort aufwacht, ohne jegliche Erinnerung an das geschehen davor und wie sie überhaupt dorhin gelang. Diese "Zufälle" häufen sich...