Kapitel V: Gesellschaft

15 3 0
                                    

Mitlerweile war es Nacht geworden. Der kühle Nachtwind brauste ihnen um die Ohren und überall hörte man merkwürdige Geräusche. Das Krachen der Äste, Tiere die sich durch das Dickicht bewegten oder einfach der Wind, der durch die Bäume pfiff ließen Juvia ein ums andere Mal zusammen zucken.
Sai war vorangegangen. Er bahnte sich einen Weg durch die Büsche und Äste und versuchte aufgrund von Geräuschen seine Orientierung wiederzuerlangen, was aufgrund der vielseitigen Geräuschatmosphäre beinahe unmöglich war. Seine Hand drückte er immer noch verkrampft in seine Hüfte um die Blutung zu stoppen. Mehrere Male hatten sie bereits eine Verschnaufpause einlegen müssen, da Sai nach Einbruch der Nacht immer häufiger unter Schwächeanfällen litt. Sie waren bereits lange unterwegs, doch noch immer war kein Ausweg aus diesem Wald in Sicht.
Das Mondlicht schien wie zum Spott auf sie hinab. Der Große Leviathan, der ja so mächtig sein sollte würde durch einen Wolfsbiss verbluten. Sai stellte sich vor wie die anderen Leviathane ihn wohl gerade auslachen würden. Die Lichter begannen vor ihm zu verschwimmen und er stützte sich an einen Baum.
"Pa-Pause. Bitte."
Juvia nickte und lehnte sich ebenfalls an einen Baum.
"Wir müssen nicht weitergehen, wenn du nicht mehr kannst. Juvia kann das verstehen, sie sieht das du starke Schmerzen hast."
Sai schüttelte energisch den Kopf.
"Nein. Geht schon, geht schon. Ich komm klar. Ich brauch nur eine kurze Pause. Ich hab versprochen dich zu deinen Freunden zu bringen." Sai versuchte seine blutige Hand an seiner Hose zu reinigen, doch das Blut war bereits eingetrocknet.
Juvia seufzte. Dann zog sie den noch übrigen Rest ihres Oberteils aus und ging zu Sai.
Als dieser die halbnackte Juvia sah grinste er und Juvia hätte schwören können eine leichte röte auf der blassen Haut erkannt zu haben.
"Was wirdn das?", fragte er sie. "Sei leise und halt still.", sagte Juvia und kniete sich neben ihn. Dann band sie ihr Oberteil um Sais Wunde und fixierte sie mit einem Knoten.
"Juvia hat das mal bei Mira beobachtet. Das hilft zwar nicht auf Dauer, aber es stabilisiert und stoppt die Blutung. Damit wird der Weg leichter."
Er lächelte gequält.
"Danke, Juvia."
Sie zitterte am ganzen Körper, was aufgrund ihrer geringen Kleidung und der Temperaturen auch nicht verwunderlich war.
"Du frierst. Wir sollten uns einen Unterschlupf suchen. Oder soll ich dich wärmen?"
Juvia lief rot an und schüttelte sofort den Kopf.
"Nein nein! Juvia friert nicht! Die Kälte ma-ma-macht ihr ga-gar nichts a-aus!"
Sai stemmte sich hoch und reichte ihr die Hand.
"Na komm. Wir finden schon was."
Juvia ignorierte seine Hand und stapfte energisch voran, wobei sie sich fest in Sais Mantel kuschelte. Dieser schüttelte nur entgeistert den Kopf und folgte ihr dann.

Eine Zeit lang waren sie gegangen, da blieb Sai plötzlich stehen. "Hey, Juvia, warte mal. Ich höre was."
Sie blieb stehen und drehte sich ihm um.
Angestrengt lauschte Sai den Geräuschen die er gerade noch vernommen hatte. Es war windstill, weshalb es kaum störende Nebengeräusche gab und so konnte Sai die Töne nach einigen Sekunden orten.
"Stimmen.", sagte er, "Das sind Stimmen. Und sie sind ganz in der Nähe."
Sai ergriff ihre Hand und zog die erschöpfte und verwirrte Juvia hinter sich her. Nach einigen Minuten Fußmarsch kamen sie auf eine kleine Lichtung. Dort erwartete sie ein kleineres, heruntergekommenes aber beleuchtetes Haus. Von drinnen hörte man laut lachende Männerstimmen und der Duft von gebratenem Fleisch stieg ihnen in die Nase.
"Hannibals Bar.", las Sai das Schild am Eingang laut vor. Ein paar Pferde waren vor der Bar an einen Pfahl gebunden und tranken aus einem Trog mit verdrecktem Wasser.
Die beiden traten durch den spärlich beleuchteten Eingang und wurden sogleich von einer wohlwollenden Wärme erfasst. Im inneren der Bar sah es wesentlich komfortabler aus. Neben der Bar mit Tresen gab es noch mehrere Tische und Sessel sowie Sofas. Eine kleine Treppe führte in eine höhere Etage. An der Wand hingen lauter Bilder oder ausgestopfte Tierköpfe. Das gesamte Ambiente wurde vom Schein vieler Kerzen in ein warmes und angenehmes Licht getaucht.
Am Tresen stand ein Mann spätmittleren Alters und polierte Gläser auf hochglanz. Er trug eine dunkle Schürze über einem weißen Hemd und begrüßte die Neuankömmlinge freundlich.
"Ahh, Kundschaft. Immer herein mit euch. Willkommen. Ich bin Hannibal. Der freundliche Wirt dieses kleinen Gasthauses. Ihr zwei seht aber auch aus als hättet ihr ordentlich was durchgemacht."
"Kann man so sagen.", sagte Sai und lächelte leicht.
Als Hannibal sie genauer beäugte fiel ihm fast das Glas aus der Hand.
"Ach du meine Güte. Junge, was ist denn mit dir passiert? Und warum hat die junge Dame fast nichts an?"
Sai versuchte ihn zu beruhigen. "Bitte mein Herr, wir brauchen nur eine Pause. Wir sind sehr lange unterwegs und Juvia ist erschöpft. Vielleicht kann sie sich ja auf einem der Sofas etwas ausruhen?"
Hannibal blickte zu Juvia, die vor Müdigkeit und Erschöpfung kaum noch stehen konnte. Er nickte.
"In Ordnung. Sie kann sich dort hinten ausruhen. Möchtest du etwas trinken oder essen?"
"Tut mir leid, ich hab kaum noch Jew-"
"Ob du was trinken oder essen möchtest hab ich gefragt. So wie ihr beide ausseht könnte man ja denken ihr seid sonst wem begegnet."
Sai nickte dankend und half Juvia dann auf das Sofa. Sie sah ihm tief in die Augen. "Sai...Danke."
Er strich ihr vorsichtig die Haare aus dem Gesicht, dann war Juvia auch schon eingeschlafen. Sai deckte sie mit seinem Mantel zu und begab sich dann an den Tresen.

Dort hatte Hannibal ihm bereits etwas Tomatensuppe mit einem halben Leib Brot serviert.
"Was wünscht der Herr-"
"Nennen Sie mich bitte Sai."
"Was wünscht Sai zu trinken?"
"Irgendwas starkes. Whiskey oder so."
"Natürlich kommt so-"
"Eey Hanni! Mach ma noch ne Runde für mich und meine Kumpels hier!"
Hannibal sah mismutig zu den Männern hinüber die an einem großen Tisch saßen und Karten spielten. "Verzeihung der Herr, aber ich bediene gerade einen anderen Kunden."
Der Mann war bereits angetrunken und sah benommen zu ihnen hinüber.
"Einen anderen? Eyy- wer bisn du komischer Vogel?!"
Er stand auf und setzte sich neben Sai an den Tresen. Dieser tat so als würde er den Fremden nicht beachten.
Der Mann beäugte ihn und grinste dann hämisch.
"Junge junge. Wie du aussiehst könntest du ja glatt der Leviathan sein. Bist wohl nich so gesprächig, wa? Dabei bissu ziemlich gut gebaut für dein Alter!", er klopfte Sai auf die Schulter, der sich sofort vor Schmerz verkrampfte und das Glas Whiskey in einem Zug leerte. Sein Nachbar lachte amüsiert.
"Hähähä einen wie dich könnten wir ziemlich gut gebrauchn." Er kam jetzt näher und flüsterte geheimnisvoll. Sai konnte die ekelhafte Alkoholfahne des Mannes riechen als dieser sprach. "Weissu, wir sin nämlich Jäger. Wir jagen dieses Monster da. Den Leviathan. Und da könnten wir deine Hilfe ziemlich gut ge-"
Sein Blick fiel auf die Wunde von Sai. "Donnerlittchen noch eins- sag bloß du biss ihm schomma begegnet?" Sai lachte. Doch er wusste wie gefährlich die Situation für ihn und Juvia war.
"Dem Leviathan? Wohl kaum. Sonst wär ich nicht hier. Nein die Wunde stammt von einem Wolf. Schäbige Viecher. Ihr habt nicht zufällig einen Heiler in eurer Gruppe oder?"
Als der Mann das hörte brach er in schallendes Gelächter aus.
"AHAHAHAHA! Wenn selbst ein Wolf dir so eine Wunde zufügen kann bist du wohl keine Große Hilfe für uns. Aber vielleicht kann uns deine Freundin ja weiterhelfen." Der Mann leckte sich ekelhaft über die Lippen.
"Sie...sie ist nicht meine Freundin. Ich hab sie gefunden."
"Na umso besser", er ging auf das Sofa zu auf dem Juvia nichtsahnend schlief, "dann sollte es dich ja nicht stören wenn wir uns etwas mit ihr vergnügen. Jungs! Da wartet Großwild auf uns."
Sai stand ebenfalls auf und legte seine Hand auf die Schulter des Mannes um ihn zurück zu halten.
"Hey, lass sie ihn Ruhe. Ich meins ernst, das ist nicht cool man."
Alle Männer lachten nur spöttisch über diese Worte.
"Kleiner, tu dir selbst einen Gefallen und lass mal die Männer machen. Du kannst dich dann mit den Resten vergnügen."
Sais Hand verkrampfte sich in der Schulter des Mannes.
"Ich hab gesagt ihr sollt sie in Ruhe lassen!"
Der Mann riss seine Schulter weg und trat nah an Sai heran. "Und ich sagte, du sollst uns nicht stören."
Mit diesen Worten versenkte er seine Faust in Sais Hüfte.
Nie zuvor gefühlter Schmerz durchströmte seine Nerven und seine Wunde fühlte sich an als würde sie explodieren. Sai taumelte ein paar Schritte rückwärts und krachte dann gegen die nächste Wand. Er übergab sich und das Blut floss noch heftiger als zuvor aus der Wunde.
"Ey. Ich dulde ein solches Verhalten nicht in meiner Bar!", rief Hannibal, "Diese Dame wird hier nicht unsittlich behandelt."
"Schnauze man. Oder du bist der nächste. Wenn wir den Leviathan erledigt haben entschädigen wir dich."
Hannibal eilte zu Sai dessen Augen immer schwerer wurden. Hilflos musste er mit ansehen wie sich die Männer der immer noch schlafenden Juvia annahmen. "Ju...via.", röchelte er. Sein Kopf sackte immer weiter ab.
"Ju-", er ballte die Faust als er sich erneut auf den Boden übergab.
Sollte dies das Ende des letzten Leviathanen sein?

Fairy Tail: LeviathanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt