Kapitel 4

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Lisa POV

Wenn mir heute morgen jemand gesagt hätte, dass ich heute nachmittag Basketball spiele hätte ich ihn vermutlich ausgelacht. Drei verdammte Jahre habe ich es nicht geschafft, einen Korb zu werfen oder auch nur vernünftig zu fangen und zu passen. Und dann stehe ich hier auf dem Platz, mit Philipp, und es ist wieder da. Das Gefühl für den Ball und das Spiel. Ich fühle mich noch etwas eingerostet, aber das Gefühl ist wieder da.

„Ryder, hast du gesehen, wie ich Alec den Ball abgeluchst habe?" will ich euphorisch von ihm wissen.

Ryder lacht nur und sagt: „Ja, und deine Körbe habe ich auch gesehen. Wie soll ich dir jetzt noch glauben können, dass du das nicht mehr kannst?"

„Es war wirklich weg" sage ich ernst.

„Aber es ist wieder da und das ist alles, was zählt" antwortet mein bester Freund mir und umarmt mich. „Aber jetzt ab unter die Dusche, gleich geht's zur Party".

Ach ja, die Party, da war ja noch was. Der Nachmittag mit Philipp war emotional sehr anstrengend für mich. Es war zwar sehr entspannt und wirklich schön, aber seine Präsenz hat mir einiges abgefordert und am liebsten würde ich mich ins Bett verkriechen. Aber die Rechnung wird nicht aufgehen.

Ich konnte Ryder und Hunter aber davon überzeugen, dass ich nicht lange bleiben werde. Die ganzen Partys und die vielen Menschen überfordern mich oft noch, dazu hat das Semester gerade angefangen und ich habe meinen Rhythmus noch nicht gefunden. Die Arbeit im Café tut ihr übriges, so dass ich abends todmüde ins Bett falle. Die Wochenenden muss ich zur Regeneration nutzen, ich darf mich nicht in allem verlieren. Meine mentale Festigkeit ist gerade jetzt ganz wichtig und die darf ich nicht aus den Augen verlieren.

Pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt stehe ich in Hotpants und ärmelloser Bluse vor den Jungs und bin bereit für die erste Challenge und für Philipp.

Philipp, immer wieder Philipp, ich bekomme ihn kaum noch aus meinen Gedanken und freue mich darauf, ihn gleich zu treffen. Ob es ihm genauso geht?

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Das Verbindungshaus platzt aus allen Nähten, selbst im Vorgarten und Garten tummeln sich die feierwütigen Studenten. Musik dröhnt aus diversen Boxen und Alkohol fließt in Strömen. Nicht nur auf den ersten Blick werden hier alle Klischees erfüllt.

Hunter hat uns schon unsere Startnummer besorgt und zum Glück sind wir nur zum Bierpong angemeldet. Ich hatte etwas Sorge, dass er es übertreibt. Allerdings musste ich ihm versprechen, dass wir das nächste Mal auch beim Billard antreten und beim Karaoke. Philipp scheint ihm einiges von früher erzählt zu haben.

Mit einem Becher Cola in der Hand mache ich mich auf die Suche nach genau diesem. Ich muss ihm noch danken, weil er mich heute zu dem Spiel überredet hat. Ohne ihn hätte ich wirklich unter dem Baum gesessen, zugesehen und mich selbst bemitleidet.

„Ach, Sweetie, komm mal mit. Dahinten ist jemand, den ich dir vorstellen möchte" hält Hunter mich auf, legt seinen Arm um meine Schultern und zieht mich wieder nach draußen.

„Hat das nicht Zeit? Ich wollte Philipp suchen" quengel ich.

„Ähm, nein. Und ich glaub nicht, dass der schon da ist" bekomme ich als Antwort.

„Wo sollte er denn sonst sein? Er wohnt doch hier" gebe ich zurück und versuche mich aus dem Klammergriff zu lösen.

„Ähm, ja, er wohnt hier, aber er ist bestimmt noch unterwegs" stottert Hunter und sieht über seine Schulter.

„Hunter, was redest du denn da? Er wollte nach dem Spiel nach Haus und duschen. So lange ist das jetzt noch nicht her. Vielleicht ist er in eurer Wohnung, ich geh einfach gucken" sage ich und winde mich unter seinem Arm durch. Schnell schlängel ich mich durch die Masse an Studenten und gehe in Richtung der Wohnung von Hunter, Philipp und Taylor.

Die Tür ist nur angelehnt und ich kann rein ohne klopfen zu müssen. Philipps Zimmer liegt am Ende des Flures, dass weiß ich mittlerweile. Ich war erst einmal hier in der Wohnung und da hat Hunter mir die Zimmerverteilung erklärt.

„Lisa, bleib stehen" ruft Hunter hinter mir. Ich drehe mich zu ihm um und sehe, dass auch Ryder dabei ist.

„Warum? Wenn er nicht in seinem Zimmer ist, komme ich wieder zu euch" gebe ich zurück.

„Nein, du kannst da nicht rein" protestiert jetzt auch Ryder.

„Was ist los mit euch? Warum soll ich nicht da rein können? Wenn die Tür nicht verschlossen ist, kann ich auch rein. So habt ihr es mir ja erklärt" rechtfertige ich mein Vorhaben. Die Zimmertüren sind tatsächlich nur verschlossen, wenn die Zimmer nicht betreten werden dürfen. In der Regel sind aber 95% offen. Für mein deutsches Verständnis vollkommen unerklärlich, aber gut. Andere Länder, andere Sitten. Mein Zimmer ist immer abgeschlossen, wenn in unserem Haus eine Party steigt. Ich möchte ja niemanden in meinem Bett erwischen, der sich da vergnügt.

Moment, im Bett vergnügen? Während einer Party? Ich kneife meine Augen zusammen und sehe meine Freunde an.

„Er ist in seinem Zimmer, mit einer Frau, richtig?" frage ich leise. Ohne das ich eine Antwort bekomme, kann ich in ihren Gesichtern die Bestätigung sehen. Mir kommt die Galle hoch und es rauscht in meinen Ohren.

„Lisa" kommt es langsam von Hunter.

„Geh da bitte nicht rein" fordert Ryder.

„Das ist nicht euer Ernst, oder? Ihr schleift mich auf diese verfluchte Party, obwohl ich zu Hause bleiben wollte. Warum sollte ich mitkommen? Ihr wusstet, das Philipp es in seinem Zimmer mit irgendeiner Tussi treibt und trotzdem musste ich mitkommen? Ist das euer verfickter Ernst? Warum quält ihr mich so? Habt ihr alle geglaubt, dass ich zu dumm bin um das mitzubekommen? Ich fass es nicht" flüstere ich, weil meine Stimme für mehr nicht reicht.

„Nein, es war ganz anders" versucht Hunter mich zu beruhigen.

„Ja, es ist immer ganz anders, nicht wahr?" kommt es von mir und ich bin mir bewusst, dass ich gerade Philipps Worte unserer ersten Begegnung hier in Australien nutze, welch eine Ironie.

Fluchtartig verlasse ich nicht nur die Wohnung, ich stürme auch geradezu aus dem Haus und laufe in Richtung unserer Wohnung. Blind vor Tränen nehme ich nur wenig um mich herum wahr und bin froh, als ich nach schier endlosen Minuten die Tür meines Zimmer hinter mir zuschlage und abschließe. Ja, abschließe, denn hier ist heute Betreten verboten.

Wie konnte ich so dumm sein und glauben, es hätte sich nichts geändert? Das Philipp eine gewisse Anziehungskraft auf Frauen hat, war schon in Deutschland so. Und in den letzten Jahren hat sich das mit Sicherheit nicht geändert, ich hab ja Augen im Kopf. Er sieht einfach fantastisch aus, ist sympathisch und im Basketball Team. Da fahren die meisten Frauen einfach drauf ab.

Edelstein-SchlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt